Kreis Olpe. Immer wieder werden im Kreis Olpe Fälle von Stalking angezeigt. Polizei geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Worauf Betroffene achten müssen.

Vielleicht fängt es mit einem Brief an, der morgens auf dem Boden vor der Haustür liegt. Heimlich durch den Briefschlitz geschoben. Irgendwann in der Nacht. Ist es ein Verehrer? Ein ehemaliger Partner? Oder vielleicht doch der seltsame Mann, der mich neulich auf der Straße so angestarrt hat? Was zunächst harmlos beginnt, kann ein jahrelanges Martyrium aus Fragen, Unsicherheit und Angst werden. Denn Stalking ist den Tätern nicht nur schwer nachzuweisen, sondern belastet Betroffene enorm. Simone Dallwig ist Sachbearbeiterin für Sexualdelikte bei der Kreispolizeibehörde Olpe. Zusammen mit Polizeihauptkommissar Michael Klein liefert sie Fallzahlen der vergangenen Jahre.

Stalking bezeichnet ein obsessives Verfolgen, Belästigen oder Bedrohen einer Person gegen ihren Willen. Dazu zählt Telefonterror oder auch das Auflauern vor der Wohnung sowie am Arbeitsplatz. Manchmal sind es Liebesbekundungen. Manchmal sind es aber auch Beleidigungen. Viele Anzeigen im Kreis Olpe landen bei Simone Dallwig auf dem Schreibtisch. Häufig geht den Fällen eine zerbrochene Beziehung voraus, erzählt sie. „Es ist die Wut, die Zurückweisung, die Kränkung in Stolz und Ehre, was die Menschen dazu bringt“, sagt Dallwig. „Den typischen Täter gibt es aber nicht. Meistens sind es ganz normale Menschen, die mitten im Leben stehen. Es gibt auch weibliche Täter.“

Das Dunkelfeld ist groß

Im Jahr 2018 wurden 33 Fälle der Nachstellung, wie es juristisch korrekt heißt, bei der Kreispolizeibehörde zur Anzeige gebracht. 2015 waren es 34, 2010 sogar 50. Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor. „Jeder Fall ist einer zu viel“, sagt Polizeihauptkommissar Michael Klein. „Man kann davon ausgehen, dass das Dunkelfeld groß ist.“ Wie häufig tatsächlich eine Verurteilung erfolgte, ist schwierig festzustellen. Eine entsprechende Statistik wird standardmäßig nicht geführt.

In der anwaltlichen Praxis kommt die Thematik regelmäßig vor – häufig vor dem Hintergrund familienrechtlicher Auseinandersetzungen, erklärt der Olper Rechtsanwalt Stefan Rückle. „Teilweise kann hier schon außergerichtlich geholfen werden“, sagt er. „Der Täter wird außergerichtlich zur Unterlassung aufgefordert. Außerdem wird vom Täter verlangt, eine so genannte strafbewehrte Unterlassungs- und Entschuldigungserklärung abzugeben.“ Strafbewehrt wird die Unterlassungserklärung dadurch, dass der Täter sich neben der Unterlassung verpflichtet, eine Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall an den Betroffenen zu zahlen.

Für den Betroffenen ist neben der Erstattung einer Strafanzeige auch der Weg zum Zivilgericht eröffnet. Bei wiederholter Belästigung besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung beim Amtsgericht zu beantragen. „Die Anordnung verbietet dem Stalker z.B. sich einem bestimmten Radius der Wohnung, dem Arbeitsplatz oder anderen Orten, an denen sich das Opfer aufhält, zu nähern oder sich in einem bestimmten Umkreis aufzuhalten“, erklärt er. „Auch Kontaktaufnahmen per Telefon, SMS usw. können untersagt werden.“ Verstöße gegen eine solche Anordnung können mit Zwangsgeldern oder Zwangshaft sanktioniert werden. Wenn sich die Beteiligten nicht einvernehmlich einigen können, geht der Fall vor das Gericht.

Doch wann spricht man wirklich von Stalking? „Der entscheidende Aspekt ist die Beharrlichkeit“, erklärt Simone Dallwig. „Es reicht also nicht aus, wenn die oder der Geschädigte zwei Mal hintereinander Anrufe bekommt. Ein Zeitraum von mehreren Wochen wird grob als Maßstab genommen.“

Die Kriminaloberkommissarin hat es aktuell mit einem Fall zu tun, der im März 2019 zum ersten Mal zur Anzeige gebracht wurde. Eine Frau aus dem Kreis Olpe wird mit handschriftlichen Briefen und Notizen belästigt. Bedrohungen, die per Post geschickt oder auf ihrer Terrasse deponiert werden. Einen Verdacht gibt es bereits.

Mitarbeit ist wichtig

Für Betroffene ist das eine große Belastung. Vor allem, wenn unklar ist, wer dahinter steckt. „Die Geschädigten haben Angst“, sagt Simone Dallwig. „Das kann zu gesundheitlichen Problemen wie Schlaflosigkeit führen. Manche wollen ihre Wohnung nicht mehr verlassen.“ Sie betont, dass Geschädigte die Polizeiarbeit aktiv unterstützen müssen. Ein Tagebuch ist hilfreich, um die Beharrlichkeit nachweisen zu können. Briefe, WhatsApp-Verläufe, Gegenstände – alles muss verwahrt werden. Auch der Wechsel der Telefonnummer oder das Löschen des Facebook- sowie Instagram-Profils kann notwendig sein. „Wichtig ist, dass sie sich zusätzlich Unterstützung von Beratungsstellen holen“, sagt Michael Klein. „Alleine ist das kaum zu bewältigen.“