Kirchhundem/Lennestadt. Im Frühjahr wird die freilebende Wisentherde wieder in den Kreis Olpe übersiedeln, weil der geplante Wildzaun immer noch nicht steht.
Die Waldbauern im Raum Milchenbach, Oberhundem und Rüspe sind überzeugt: Wenn es im April draußen grün wird, kommt wieder unerwünschter Besuch aus der Nachbarschaft - verbunden mit den üblichen Nebenwirkungen. Die fraßgesteuerte, freilaufende Wisentherde, die sich im Winter vorwiegend an den Futtertrögen im Wittgensteiner Land aufhält, wird sich wieder auf der Südseite des Rothaarkamms breit machen, weil es hier weniger Nahrungskonkurrenz und mehr Freiflächen gibt – so wie jedes Jahr.
Nichts passiert
Denn trotz vollmundiger Ankündigungen, den Wisenttourismus und damit die durch die Tiere verursachten Schäden eindämmen zu wollen, u. a. durch den Bau eines Wildzauns, ist bis heute nichts passiert. Und das ärgert die Waldbauern jeden Tag, an dem der Frühling näher kommt, mehr. „Die Situation ist total unbefriedigend und es ist frustrierend, wenn gar nichts passiert“, sagt Lucas von Fürstenberg, Sprecher der Interessengemeinschaft „Pro Wald“, die rund 40 geschädigte Waldbesitzer im Kreis Olpe und im HSK vertritt. „Es ist immer noch nicht klar, wer für den Zaun zuständig ist. Ist es ein Bauwerk, ist es der Kreis, ist es eine Naturschutzsache, ist es das Land oder vielleicht die Kommunen. Es ist bisher noch gar nicht geklärt, wer eine Ausschreibung machen oder die Genehmigung erteilen müsste“, so von Fürstenberg. „Wir sind da noch keinen Zentimeter weitergekommen.“
Der Kompromiss
Bei einem Treffen der betroffenen Streitparteien unter Vermittlung der NRW-Umweltministerin im März 2019 wurde vereinbart, als Übergangslösung einen durchlässigen Wildzaun zu bauen, der verhindern soll, dass die Wildrinder Schälschäden in den Privatwäldern verursachen. Laut Waldbesitzer beträgt der jährliche Schaden rund 100.000 Euro.
Zudem soll das Projektgebiet von 4.300 Hektar auf 1.500 Hektar verkleinert werden.
Er glaube zwar, dass NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser eine Lösung anstrebe, aber es seien viele rechtliche Dinge zu beachten. Hinzu komme, dass in der Ministerialbürokratie noch die gleichen Beamten sitzen, die das Projekt unter der rot-grünen Landesregierung vorangetrieben haben.
Inzuchtproblematik bleibt
„Es hilft ja nichts, wenn man sich immer wieder zusammen setzt und Lösungen bespricht und dann passiert wieder ein ganzes Jahr nichts.“ Wenn da nichts bei rumkommt, könne man sich das sparen. Dass Egnar, der Leitbulle und Stammvater vieler Tiere in der freilebenden Herde tot ist, haben die Waldbesitzer zur Kenntnis genommen. An der Inzuchtproblematik, die die Waldbesitzer kritisieren, ändere dies nichts. Im Gegenteil, der neue Bulle, der an Egnars Stelle tritt, sei noch näher mit den anderen Wisentkühen verwandt. Und dass ein neuer Bulle von außen in die Herde gesetzt wird, der frisches Blut einbringt, sei wahrscheinlich gar nicht geplant.
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Herde wird immer größer
Alles beim Alten also, auch die „Westwanderung“ der Wisente gen Frühjahr über die Kreisgrenze. Von Fürstenberg: „In den letzten Jahren war es immer so, warum sollten die Tiere ihre Gewohnheiten ändern.“ Außerdem werde die Herde immer größer und benötige mehr Platz.
Der Trägerverein habe ja schon zugegeben, dass er von 26 Tieren ausgehe, obwohl nur maximal 25 vorgesehen seien. „Da fehlt jedes Konzept“. Dass der Zaun bald kommen wird, glaubt von Fürstenberg, selbst Waldbesitzer in der Rüspe nicht, weil viele Beteiligte gar kein Interesse daran haben. „Es gibt nur wenige außer den Waldbauern, die Druck machen, dass dieser Zaun endlich kommt.“