Kreis Olpe. Seit Januar gilt die Bonpflicht. Selbst für ein Brötchen muss ein Kassenzettel gedruckt werden. Wie reagieren Kunden im Kreis Olpe?

In der Bäckerei Paul Hesse in Olpe steht hinter der Ladentheke ein Karton. Dort werden die Bons der vergangenen Tage gesammelt, die die Kunden nicht mitnehmen wollen. Schließlich gilt seit Januar die Bonpflicht. Auch für ein einzelnes Brötchen. „Wenn der voll ist, nehmen wir einen größeren, mal sehen, wie viele da noch kommen“, sagt eine der Verkäuferinnen. Doch wie reagieren die Kunden? Und was sagt die Bäcker-Innung dazu?

Die Reaktionen der Kunden sind unterschiedlich. Eine Frau mittleren Alters erzählt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass sie Kassenbons immer mit nach Hause nimmt. Als Überblick für die Ausgaben des Tages sei das hilfreich. Andere sind dagegen kritischer. „Ich habe da zwar kein Problem mit, aber das Papier kann man sich echt sparen“, findet David Sperling aus Olpe. Wieder andere sind richtig sauer. „Man sollte alle vom Platz jagen, die Geld in den Sand setzen und uns kleine Bürger mit der Bonpflicht auf den Geist gehen“, regt sich Hans-Peter Feldmann aus Olpe auf.

Auch Paul Clemens ist genervt. „Das ist einfach lächerlich“, sagt er. „Es gibt in der Politik wesentlich wichtigere Dinge, die mal geregelt werden müssten, als so einen Scheiß.“ Ulrich Klann aus Olpe richtet ebenfalls den Blick nach Berlin. „Kosten und Nutzen stehen nicht wirklich im Verhältnis“, sagt er. „Das ist einfach eine zusätzliche Bürokratie. Die Leute können sich nicht wirklich wehren, weil sie keine Lobby haben. Und das der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein paar Wochen vor Gültigkeit einen Brief an seinen Kollegen schreibt, um in letzter Minute auf Änderungen zu drängen, ist mehr als traurig.“

Direkt in den Mülleimer

Das Ergebnis von zwei Tagen Bon sammeln.
Das Ergebnis von zwei Tagen Bon sammeln. © Verena Hallermann

Georg Sangermann, Obermeister der Bäcker-Innung im Kreis Olpe. „Ich spreche für uns Bäcker, nicht für Dönerbuden oder Marktstände und sonst was. Zu 95 Prozent haben alle Bäckereien, auch die Kleinbetriebe, moderne Computerkassen. Das heißt, bei uns wird alles erfasst. Das Finanzamt kann nachgucken, wer vor zwei Jahren, zum Beispiel am 17. 11. um 7.36 Uhr bei uns was gekauft hat.

Deswegen sind wir gegen den Bon. 97 Prozent unserer Kunden wollen auch keinen Bon haben und werfen den vor der Theke direkt in den Mülleimer. Aus unserer Sicht ist der Bon nur für den Müll. Es ist klar, was die Behörden wollen. Die wollen die Typen ermitteln, die den ganzen Tag die Kasse offen stehen haben und nichts tippen. Aber bei allen ernstzunehmenden Bäckereien haben die Mitarbeiter eine schriftliche Kassieranweisung, es wird alles gebongt. Viele Bäckereien haben Anträge auf Befreiung von der Bonausgabe gestellt, ich auch, aber da kommt in fünf Tagen nur die Ablehnung zurück. Ich habe noch von keinem Kollegen gehört, wo das mit der Befreiung geklappt hat.

Wir reden heute von Müllreduktion und Umweltschutz. Da werden unsere Kaffeebecher angeprangert, wie schlimm die sind, aber dass in NRW eine Milliarde Bon entstehen müssen, auf Thermopapier, das versteht keiner. Wir hatten gestern die Mülleimer in allen Filialen voll. Die Leute sind verärgert über den Müllhaufen, der da entsteht. Wer bisher einen Beleg brauchte, der bekam auch einen.

30.000 Kundenkontakte täglich

Mein Vater hat schon gesagt, das Finanzamt will beim Bäcker den letzten 10-Mark-Schein holen, aber die Großkonzerne verschieben Milliarden ins Ausland und zahlen überhaupt keine Steuern. In anderen Branchen mag das Sinn machen und ist möglicherweise berechtigt, aber bei uns Bäckereien ist das totaler Quatsch.“

Völliges Unverständnis auch bei Reinhard Hesse, Seniorchef der Bäckereikette mit Zentrale in Welschen Ennest, zu der 55 Filialen in der Region gehören: „Ich kann darin keinerlei Sinn erkennen. Mir ist völlig unverständlich, wie man sich einen solchen Schwachsinn ausdenken kann. An den Theken löst das vor allem jetzt in der Anfangsphase enorme Diskussionen aus, unsere Verkäuferinnen sind genervt.“

Über alle seine 55 Filialen hochgerechnet, geht Bäckermeister Hesse von rund 25.000 bis 30.000 Kundenkontakten pro Tag aus - im Durchschnitt: „Jedes Mal muss jetzt ein solcher Bon ausgedruckt werden, auch für ein oder zwei Brötchen. Dabei hat doch jeder Interesse an Entbürokratisierung, das hier ist das genaue Gegenteil.“

Die modernen Kassensysteme und die damit verbundene Dokumentation des gesamten Betriebes seien heutzutage nahezu überall lückenlos. Wenn es irgendwo in Deutschland im Bäckerhandwerk tatsächlich zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten komme, rede man von Fehlverhalten „in kleinstem Stil.“ Hesses Fazit: „Der Gesetzgeber ist völlig übers Ziel hinausgeschossen.“