Attendorn. Peter „Pittjes“ Höffer ist Nachtwächter in Attendorn. Seit Jahren führt er zwischen Weihnachten und Silvester Menschen durch die Stadt.
Die Stadtführungen mit Nachtwächter Peter „Pittjes“ Höffer durch die rauen Nächte zwischen Weihnachten und Silvester lockten am Wochenende wieder Hunderte von Teilnehmern in die Attendorner Innenstadt. Und wie in den letzten Jahren hatte der Nachfolger von Dieter Auert viele Dönekes und Vertellekes zu erzählen, lustige aber auch schaurige Erzählungen aus der jahrhundertealten Geschichte der Hansestadt.
Das Amt des Nachtwächters mitsamt Hellebarde, Horn und Lüchte hat Dieter Auert schon vor ein paar Jahren an Peter „Pittjes“ Höffer abgegeben. Aber die Begrüßung der vielen Attendorner und Gäste auf dem Alten Markt ließ sich der 85-Jährige nicht nehmen. In der Rolle als „de Karl“ erklärte Auert die Bedeutung der geheimnisvollen zwölf rauen Nächte, die „ein bisschen in der Luft hängen“. Dann übernahm sein Nachfolger Peter Höffer das Kommando, von Auert zuvor als „Pittjes vom Rappelsberg“ geadelt. „Nachtwächter waren früher ganz arme Kerle, sie lebten am Rande der Gesellschaft“, beschönigte Höffer nichts. Nach lauten Salutschüssen der Valberter Jäger und einer musikalischen Begrüßung des Sauerländer Halbmond-Bläserkorps Horrido ging es los auf dem Abendspaziergang durch die Gassen von Attendorn. Zuvor erinnerte Zugführer Rasmus Berghaus daran, dass seine Jäger aus Valbert ihre Rechte früher auch gegen die Herren aus Waldenburg und von der Burg Schnellenberg verteidigen mussten. „Wir haben niemals angefangen und niemals verloren“, stellte Berghaus mit einem Augenzwinkern fest.
Größte Kostbarkeit der Stadt
Erste Station war am Freitagabend die Pfarrkirche St. Johannes Baptist mit der weihnachtlichen Krippe. Auch wenn es kein Bischofssitz ist, nennen die Attendorner das sakrale Gebäude stolz Sauerländer Dom. „Die Kirche ist die größte Kostbarkeit für unsere Stadt“, betonte der Nachtwächter und verwies u.a. auf den tausend Jahre alten Taufstein. Am Samstag öffnete die Evangelische Erlöserkirche mit der ältesten Glocke im Stadtgebiet ihre Türen.
Stolz sind die Attendorner auch auf den für viel Geld sanierten und von Efeu befreiten Bieketurm, neben dem Pulverturm von der einst stattlichen mittelalterlichen Stadtbefestigung übrig geblieben. Dazu gehörten insgesamt zwölf Türme, eine acht Meter hohe Mauer und ein Wassergraben. Mit einem Lichtstrahl zeigte Peter „Pittjes“ Höffer auf eine von drei Feuerscharten für Kanonen in luftiger Höhe im Bieketurm.
Spuren von Jung-Stilling
Wer hätte gedacht, dass der aus dem Siegerland stammende berühmte Augenarzt, Staatsrechtler, Wirtschaftswissenschaftler und pietistischer Schriftsteller Johann Heinrich Jung (genannt Jung-Stilling) Spuren in Attendorn hinterlassen hat. Auch dieses Geheimnis lüftete Nachtwächter Peter „Pittjes“ Höffer beim Rundgang durch die rauen Nächte. So gab der 1768 in der Hansestadt gestorbene Priester Johannes Baptist Molitor, der nebenbei in seinem Pfarrhaus Augenleiden der Armen kurierte, sein Wissen und seine Forschungsarbeiten an Jung-Stilling weiter, dessen Familie der Geistliche gut kannte. Ob Seewerngraben, Schüldernhof oder Torenkasten: All diese Bezeichnungen haben eine historische Bedeutung. In einem käfigähnlichen Torenkasten wurden im Mittelalter Menschen bei kleineren Vergehen oder Menschen, die einfach anders waren, weggesperrt und zur Schau gestellt.
Einer der Höhepunkte der Nachtwächter-Stadtführungen ist der Gang durch die Vergessene Straße, die ihren Namen eigentlich zu Unrecht trägt. Denn Eigentümer und Bauherren wie Franz-Josef Maiworm oder Malermeister Georg Ortmann haben die pittoreske Gasse nicht vergessen und ihre Häuser liebevoll restauriert. Ortmann konnte sich bei einer Inschrift nicht verkneifen, vor der Stadtsanierung und der Steuer zu warnen.