Kreis Olpe. Eine Studie zur Familienfreundlichkeit stellt dem Kreis Olpe ein schlechtes Zeugnis aus. Die Kreis-Gleichstellungsbeauftragte wehrt sich dagegen.

Ein grenzenloser Optimist mag angesichts dieses Ergebnisses sagen: wenigstens nicht letzter Platz. Aber realistisch betrachtet ist der vorletzte Rang in der Kategorie „Gleichstellung von Mann und Frau“ der ZDF-Deutschland-Studie 2019 ein miserables Ergebnis für den Kreis Olpe. Insgesamt 401 Landkreise und Städte wurden vom Wirtschaftsforschungsinstituts Prognose in Sachen Familienfreundlichkeit unter die Lupe genommen. Im Gesamtranking landet der Kreis Olpe auf Platz 294, in puncto Gleichstellung auf Rang 400.

Die Studie

In der Unterkategorie „Gleichstellung von Mann und Frau“ erreichte der Kreis Olpe von zehn möglichen Punkten lediglich 1,4. Für die Bewertung zogen die Macher der ZDF-Studie fünf Kriterien heran:

Differenz der Einkommen von Männern und Frauen;

Differenz der Beschäftigungsquoten;

Frauenanteil in Kreistagen und Gemeinderäten;

Väteranteil an den erwerbstätigen Beziehern von Elterngeld;

Voraussichtliche Bezugsdauer von Elterngeld von vor der Geburt erwerbstätigen Vätern;

Hier geht es zur Studie.

Das sagt der Kreis

Dass das Ergebnis den Kreis Olpe nicht gut aussehen lässt, will Elvira Schmengler nicht anzweifeln. Doch zwischen der Studie und der Realität gebe es eine große Diskrepanz, sagt die Kreis-Gleichstellungsbeauftragte: „Für uns hat das Ranking keine Bedeutung. Punkte wie Lohnunterschied muss man differenziert betrachten. Im Kreis Olpe haben wir zum Beispiel viele gut bezahlte Produktionsarbeitsplätze, die eher von Männern besetzt werden“, sagt Schmengler. Frauentypische Berufe wie Erzieherin hingegen würden schlechter bezahlt. „Die Einkommensdifferenz sagt nicht, dass Mann und Frau für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. Solche Dinge muss man erklären und deswegen distanzieren wir uns von diesem Ranking.“

Mehr Frauenpower in den Räten!

Die Studie rückt den Kreis Olpe in kein besonders gutes Licht. Alarmierend ist vor allem der geringe Anteil von Frauen im Kreistag bzw. in den hiesigen Räten der sieben Kommunen. Aus den Rathäusern ist zu vernehmen: Frauen sind willkommen, auch in Führungspositionen, aber es gibt nicht genügend Interessentinnen. Das kann nur bedeuten, dass die Rahmenbedingungen für Frauen noch nicht gut genug sind.

Die Parteien sind hier gefragt, sie müssen Parität fördern. Dass immer noch so wenig Frauen in Räten vertreten sind, liegt jedenfalls nicht daran, dass Männer Kommunalpolitik besser könnten.

Das Argument, Frauen seien selbst schuld und würden sich vor politischen Ehrenämtern drücken, darf man nicht gelten lassen. Denn nach wie vor sind Frauen immer noch belastet bei dem Versuch, Familie und Beruf sowie ehrenamtliche Tätigkeiten in Vereinen unter einen Hut zu bringen.

Im Kreis Olpe gebe es zahlreiche Projekte, die die Gleichstellung vorantreiben würden. „Wir zertifizieren Unternehmen für Familienfreundlichkeit. Themen wie Teilzeitarbeit oder Frauen in Führungspositionen spielen da eine Rolle“, sagt Schmengler. In Zusammenarbeit mit wohltätigen Organisationen und Unternehmen fördere man Wiedereinsteigerinnen, die ein gutes Jobangebot suchen oder gehe gegen Gewalt an Frauen vor, betont Schmengler. Ihr Fazit: Im Kreis wird eine Menge für Frauen getan. „Von daher kann ich nicht sagen, dass wir am Ende aller Kreise in Deutschland stehen. Das kann nicht sein. Man kann uns allerdings auch nicht mit Großstädten vergleichen. Die haben besseren ÖPNV, bessere Infrastruktur“, sagt Elvira Schmengler.

In die gleiche Kerbe schlägt auch Hans-Werner Voß, Pressesprecher des Kreises Olpe. „In der Studie heißt es ja, dass die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig sind. Die Kreise am Ende des Rankings sind nicht abgehängt, sondern haben zum Teil nur wenige Punkte Rückstand auf die vorderen Plätze“, verweist Voß auf ein enges Feld.

Das sagt das ZDF

Beim Zweiten Deutschen Fernsehen verweist man zwar darauf, dass das Thema Gleichstellung sehr komplex sei und die reinen Zahlen kein komplettes Bild abgeben können. Doch aussagekräftig sei das Gleichstellungsranking allemal. Im Kreis Olpe lebe man eher traditionelle Rollenbilder, sagte ZDF-Sprecher Thomas Stange auf Anfrage unserer Redaktion:

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biggesang aus dem kreis olpe ist der beste chor im westen„Männer arbeiten im Durchschnitt deutlich häufiger als Frauen, verdienen mehr Geld und haben mehr Stimmen in der Kreispolitik. Väter aus dem Kreis Olpe nehmen seltener und kürzer als Väter aus vielen anderen Regionen das Elterngeld in Anspruch. Das könnte darauf hinweisen, dass auch bei den Familien zu Hause die Aufgabenteilung eher traditionell ist.“

Die Herausforderungen

Völlig unabhängig vom Ranking in der ZDF-Studie gebe es in puncto Gleichberechtigung noch viel Luft nach oben, betont Elvira Schmengler. Das fange bei der Verwaltung an: Von 48 Kreistagsmitgliedern sind nur 14 weiblich. Noch schlechter sieht es in den Städten und Kommunen aus: „Die Stadt Olpe liegt mit neun Prozent Frauenanteil in der Verwaltung an letzter Stelle im Kreis. Das liegt aber vor allem daran, dass sich nicht genug Frauen bewerben.“

Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs spiele eine enorm wichtige Rolle für die Gleichberechtigung. Schmengler: „In Haushalten mit nur einem Auto kann es für die Frau schwierig sein, von A nach B zu kommen. Das ist auf dem Land eben problematisch.“

INFO: Wie der Kreis bei der Studie abgeschnitten hat

Auf Gesamtplatz 294 ist der Kreis Olpe in der ZDF-Deutschland-Studie Familie 2019 gelandet. Das Ranking setzt sich aus vier Kategorien zusammen. So hat der Kreis Olpe im Einzelnen abgeschnitten:

371. in der Kategorie Bildung und Soziales. Einflussfaktoren sind neben der Gleichstellung u.a. die Betreuungssituation und Kinderarmut.

248. in der Kategorie Freizeit und Kultur. Einflussfaktoren u.a. Gastronomie, Freizeitangebot und Zugang zu Breitbandinternet

278. in Gesundheit und Sicherheit. Einflussfaktoren u.a. : Haus- und Kinderarztdichte, Lebenserwartung.

30. in Geld und Wohnen. Einflussfaktoren: Wohnkosten, Fahrtzeiten, verfügbares Einkommen.