Kreis Olpe. Der Enkeltrick ist zurückgegangen, dafür rufen immer mehr falsche Polizisten bei Senioren im Kreis Olpe an. Sie gehen sehr professionell vor.

Betrügereien an älteren Menschen sind besonders perfide. „Die geschädigten Senioren sind sehr belastet. Die Leute sind mit Scham behaftet. Sie sitzen hier wie ein Häufchen Elend. Das ist wirklich schlimm“, sagt Michael Kopsan im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Kriminalhauptkommissar ist Opferschutzbeauftragter bei der Olper Polizei und erlebt hautnah mit, was Senioren erleiden, wenn sie zu Opfern werden. Eine ältere Dame sei bei ihm gewesen, die über Stunden von einem falschen Polizisten und später auch noch von einem falschen Staatsanwalt angerufen wurde. Die Betrüger ergaunerten ihr Erspartes. „Sie konnte mit niemandem darüber reden. Ihr wurde dann gesagt: Wie konntest du nur so blöd sein?“, so der Opferschutzbeauftragte.

Enkeltrick zurückgegangen

Der Enkeltrick, der in den vergangenen Jahren noch Hochkonjunktur bei den Betrügern hatte, sei inzwischen zurückgegangen. „Dafür gibt es mehr Fälle von falschen Polizeibeamten am Telefon. Gerade für die alten Leute sind Polizisten noch Respektspersonen und Vertrauenspersonen. Das nutzen die Täter schamlos aus“, berichtet Kopsan. 260 Fälle von falschen Polizeibeamten am Telefon gab es im vergangenen Jahr im Kreis Olpe. Viermal hatten die Betrüger Erfolg. In diesem Jahr gibt es jetzt schon etwa 260 Fälle. Ebenfalls viermal kamen die Täter ans Ziel. Der Schaden habe immer im Bereich von mehreren zehntausend Euro gelegen, so Kopsan.

Tipps der Polizei

Die Polizei wird niemals um Geldbeträge bitten oder dazu auffordern, Geld oder Wertsachen herauszugeben.

Die Polizei ruft niemals unter der Polizeinotrufnummer 110 an. Legen Sie sofort auf.

Geben Sie am Telefon keine Auskünfte über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse.

Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Geben Sie Betrügern keine Chance, legen Sie einfach den Hörer auf.

Öffnen Sie unbekannten Personen nicht die Tür. Lassen Sie keinen Fremden in die Wohnung.

Übergeben Sie unbekannten Personen kein Geld oder Wertsachen.

Beim Enkeltrick auflegen und den Enkel zurückrufen.

Und so funktioniert die dreiste Masche mit dem falschen Polizisten am Telefon: Im Display erscheint häufig die 110, die suggerieren soll, dass die „echte“ Polizei anruft. „Die Täter suchen im Telefonbuch nach alten Vornamen, wie Maria, Paul oder Josef und rufen da gezielt an, in der Hoffnung, dass man ältere Leute antrifft. Häufig wird aus Call-Centern in der Türkei angerufen. Da stecken organisierte Kriminalitätsstrukturen dahinter“, erläutert Michael Kopsan. Die Täter würden am Telefon eine Legende aufbauen: „Es wird zum Beispiel gesagt, dass in der Umgebung der Olper Polizei ein Täter festgenommen worden sei, bei dem man ein Notizbuch gefunden habe. Darin stünden auch Name und Adresse des Angerufenen. Es sei ein Einbruch geplant. Deshalb werde ein Polizist in Zivil vorbei kommen, um das gesamte Geld und alle Wertsachen in Sicherheit zu bringen.“

Hohe Summen

Die Anrufer seien geschult, gingen mit geschickter Gesprächsführung vor und würden auch Fachbegriffe kennen, so Kopsan: „Wenn sie ganz gut sind, kennen sie auch noch die Namen der Polizeibeamten vor Ort“. Und: „Das hat in den letzten Jahren zugenommen, weil es einfach lukrativ ist. Wenn die Täter Erfolg haben, ergaunern sie eine hohe Summe. Oftmals ist das Ersparte weg. In Deutschland ist hier im vergangenen Jahr ein Schaden im dreistelligen Millionen-Bereich entstanden.“ Ganz wichtig sei, dass Betroffene sich bei der Polizei melden: „Viele rufen nicht an. Wir sind aber darauf angewiesen, dass sich die Leute melden, um weiter ermitteln zu können.“

Kommentar: Aufgeben ist keine Option

Die Polizisten-Masche am Telefon ist lukrativ und das Risiko für die Drahtzieher gering. Diese sitzen im Ausland, sind häufig Mitglieder von Rockergruppen oder Clans, die das miese Geschäft hierarchisch betreiben. Darunter gibt es eine mittlere Ebene, die die Betrügereien vor Ort organisiert. Ganz unten sind die sogenannten „Läufer“, die die Beute einsammeln.

Der Fahndungserfolg ist überschaubar. An die führenden Köpfe der Banden kommt die Polizei kaum heran. Wenn, dann sind es ab und zu mal kleine Fische, die den Ermittlern ins Netz gehen, eben die „Läufer“, die vor Ort in Erscheinung treten und den riskantesten Part übernehmen.

Wenngleich es ein Kampf gegen Windmühlen ist, die Hintermänner kaum zu schnappen sind, ist es wichtig, den Ermittlungsdruck hochzuhalten. Die Drahtzieher dieser perfiden Taten an älteren Menschen dürfen sich nicht sicher fühlen. Deshalb muss jeder Betroffene sich unbedingt bei der Polizei melden. Kampflos aufgeben ist keine Option!

Stark zurückgegangen seien hingegen Gewinnversprechen am Telefon, bei denen den Senioren bei Vorkasse ein angeblicher Gewinn vorgegaukelt wird. Hier gab es in diesem Jahr nur wenige erfolglose Versuche. Immer mal wieder kommt es zu Haustürgeschäften, bei denen zum Beispiel angebliche Handwerker ins Haus kommen wollen, weil sie nach dem Wasser schauen müssen. Wenn die Tür geöffnet wird, kommt eine zweite Person unerkannt herein und bestiehlt die Senioren.

Gewalt an älteren Menschen gibt es selten im Kreis Olpe. „Das ist Gott sei dank sehr gering. Man kann sich als Senior hier sicher fühlen. In den letzten zwei Jahren gab es nur einen versuchten Handtaschenraub, bei dem ein älterer Herr seine Tasche am Stock festhalten konnte“, so Kopsan. Senioren seien im Kreis Olpe nicht häufiger von Straftaten betroffen als andere Bürger, sondern eher weniger. Als Senior gilt man in der Polizeistatistik übrigens ab 60 Jahre.

Opferschutzbeauftragter schreitet ein

Einen Fall, bei dem ein Senior zum Opfer wurde, hat der Opferschutzbeauftragte übrigens hautnah miterlebt und Schlimmeres verhindert. Es war im Frühjahr dieses Jahres vor dem Rossmann-Markt in Olpe, als eine Betrügerin einen 80-Jährigen mit dem sogenannten Klemmbrett-Trick überrumpeln wollte. Die Täterin bat den Mann um Wechselgeld und als dieser sein Portemonnaie zückte, umarmte sie ihn und bedankte sich überschwänglich, hielt das Klemmbrett über die Geldbörse und wollte die Scheine herausziehen. Doch der zufällig anwesende Kriminalhauptkommissar Kopsan griff ein: „Der alte Mann wäre überfordert gewesen. Das Geld wäre weg gewesen.“