Welschen Ennest. Viele Überraschungen und Informationen gab es beim Besuch des WP-Mobils auf dem Dorfplatz in Welschen Ennest.
Selbst das kräftige Anschieben gestandener Männer war zwecklos. Die Räder des WP-Mobils drehten auf der glitschigen Zuwegung zum Dorfplatz durch und das Gefährt musste sich unterhalb der Pfarrkirche neu aufstellen.
„Neu aufstellen“, das ist auch Programm für den 1600-Seelen-Ort, der in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchgemacht hat und das Ende des Weges ist noch lange nicht erreicht. Bemerkenswert: Die Welschen Ennester Bürger bleiben beim Strukturwandel gelassen und hier und da klingt sogar ein wenig Stolz darüber durch, dass der Ort auf der Überholspur ist. Das ist eine von vielen Erkenntnissen, die die rollende WP-Redaktion am Dienstag auf dem schmucken Dorfplatz gewinnen konnte. Rund 40 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung trotz „Novemberwetters“ gefolgt und erlebten einen Abend mit vielen Überraschungen.
Firmen investieren
Die meisten Bürger sind sich einig. „Wir sind dankbar und froh, dass wir die Firmen hier haben“, so Stephan Baumhoff. Walter Mennekes, Senior-Chef des mittlerweile größten Arbeitgebers im Ort, nahm den Ball auf. „Wir freuen uns, dass wir uns hier niederlassen durften. Welschen Ennest ist der Ort im Kreis Olpe mit den größten Zuwachsraten in jeder Beziehung“, so Mennekes, um im gleichen Atemzug zu fragen: „Stimmt dafür die Infrastruktur?“ Antwort: Nein, jedenfalls nicht zur Zeit. „Es fehlen vor allem Datenautobahnen und die Straßen müssten besser sein“, so der „gebürtige“ Welschen Ennester, der erklärte: Mennekes will bis zum Jahr 2025 350 neue Arbeitsplätze in Welschen Ennest schaffen. Aber auch in der Ortsmitte geht es voran. Nach dem Umzug des Caritasverbandes auf das frühere „Rupp-Gelände“ in der Ortsmitte wird der Ort weitere 150 Arbeitsplätze haben, die meisten, anderen Firmen in den Gewerbegebieten sind ebenfalls auf Wachstumskurs.
Steckbrief
Der Name Welschen Ennest wurde 1334 erstmals erwähnt und hat heute 1602 Einwohner. 14 Vereine kümmern sich im Ort um Dorfverschönerung, Veranstaltungen und Heimatpflege.
Die soziale Infrastruktur beinhaltet u.a. zwei Arztpraxen, Apotheke, Grundschule, zwei Kindergärten, einen Gasthof und ein italienisches Restaurant.
„Tun die Behörden genug, um die Infrastruktur dafür sicherzustellen“, fragte Walter Mennekes. Vor allem Wohnraum, denn dieser ist in Welschen Ennest knapp. Es gibt keine Häuser oder Wohnungen auf dem Markt. Private Bauflächen sind oft nicht verfügbar, neue Baugebiete noch nicht in der Pipeline, auch wenn die Gemeinde das Thema auf dem Schirm habe, so Ratsmitglied Michael Färber. Das geplante Caritas-Wohnheim wird demnächst zumindest für Senioren etwas Entspannung bringen. Hierfür gibt es bereits eine Warteliste. Christoph Becker: „Ältere Leute wollen im Ort bleiben, dafür schaffen wir ein Angebot.“
Wohin mit dem Verkehr?
Expandierende Firmen bringen zwangsläufig mehr Verkehr. „Es wird ein Verkehrsaufkommen geben, dass die Bürger noch nicht kennen, befürchtet Otto Richard Schmidt und brachte die aufgegebene B 517n von der Rahrbacher Höhe bis zur HTS/A4 bei Krombach wieder ins Spiel.
Eine Lösung wäre für Stephan Baumhoff der Umstieg auf die Bahn. Mit dem Haltepunkt habe der Ort einen großen Standortvorteil, den man mehr bewerben müsse. Christoph Becker, Caritas-Vorstand, kann das bestätigen. Für die neuen Caritas-Einrichtungen gingen wegen des Haltepunktes der Ruhr-Sieg-Strecke viele Bewerbungen aus dem Raum Siegen und Kreuztal ein.
Peter Kuchinke forderte einen weiteren Park-and-Ride-Parkplatz auf der Bahnhof-Seite der Bahnstrecke. Die frühere, nicht mehr vorhandene Fußgängerunterführung, um die der Ort damals gekämpft hatte, vermisst heute kaum noch jemand. Wohl auch deshalb, weil die Dorf-AG und private Investoren aus der verbrannten Erde rund um den Bahnhof ein höchst ansehnliches Areal gemacht haben. Dass die Schranken manchmal bis zu zehn Minuten geschlossen bleiben, allerdings daran werden sich die Welschen Ennester nie gewöhnen.
Für Ansgar Kaufmann sind funktionierende Vereine eine Basis dafür, dass das „Dorfleben“ funktioniere. „Wir haben eine gute dörfliche Gemeinschaft, deshalb fühlen sich die Leute hier wohl.“ Für Christoph Becker ist entscheidend, „wie es gelingt, neue Dorfbewohner in die Gemeinschaft einzubeziehen.“ Reinhard Hesse, Vorsitzender der Dorf-AG: „Wir haben kein besonderes Konzept für die Integration von Neulingen, aber wir geben uns Mühe.“ Neubürger Alfons Bieker, seit 1,5 Jahre Welschen Ennester, fühlt sich so wohl, als ob er schon länger in dem Ort wohnen würde.
Vielleicht auch deshalb, weil Welschen Ennest trotz seiner exponierten Lage mit „Dorfausgängen“ in alle Richtungen kein generelles Sicherheitsproblem hat. Reinhard Hesse: „Wir haben keine größeren Probleme.“ Was ihn besonders freut, ist, dass es kaum Vandalismus gibt. Mit Randgruppen und dem „Problemklientel“ im Ort sei man im Kontakt. Das habe sich bewährt.
Gardetanz am Lagerfeuer
Für die Besucher am WP-Mobil hatte der Dorf-AG-Vorsitzende am Ende des Bürgergesprächs dann noch zwei echte Überraschungen parat. Zunächst schaute die Tanzgarde „Marketenderinnen des Schützenvereins“ auf dem Dorfplatz vorbei, präsentierte trotz kühler Temperaturen ihren neuesten Tanz und erntete großen Applaus. Zum Abschluss ehrte die Dorf-AG ihr 300. Mitglied Alina Hatzfeld, die aus den Reihen der Tanzgarde kommt. Sie bekam eine „gebackene“ 300 überreicht. „Wenn man bedenkt, dass wir erst vor fünf Jahren angefangen haben, ist das ein großartiger Erfolg“, so Reinhard Hesse.
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