Neu-Listernohl. Im geplanten Neubaugebiet Neu-Listernohl Nord wurden Reste eines Hofes aus der Eisenzeit entdeckt. Was hat es mit dem runden Fundament auf sich?

Ein bisschen sieht es so aus, als hätte der Bauer das Feld gepflügt. In Wirklichkeit sind aber Dr. Eva Cichy und ihr Team dafür verantwortlich, dass die Wiese am Petersburger Weg in Neu-Listernohl stellenweise einem Acker gleicht. Denn Cichy ist Archäologin. Dort, wo die Stadt Attendorn ein Neubaugebiet plant, hat es nämlich vor Jahrhunderten eine Siedlung gegeben. Kein Zweifel. Die vielen Scherben, Spuren von Brunnen und Gruben belegen das. Doch was hat es mit dem kreisrunden Fundament auf sich?

Jede Menge Scherben gefunden

Dr. Eva Cichy ist wissenschaftliche Referentin der LWL-Archäologie, Außenstelle Olpe. Die 47-jährige Archäologin, die in Köln studiert und in Bochum promoviert hat, hat die Fachaufsicht über die Untersuchungen. „Es handelt sich um die Reste eines Hofes aus der vorrömischen Eisenzeit“, erklärt Cichy, die unsere Zeitung mit zur Ausgrabungsstätte genommen hat. „Sie datiert aller Wahrscheinlichkeit nach in die Zeit von 750 vor Christus bis um die Zeitenwende.“ Es sind Form und Machart der keramischen Überreste, über die das archäologische Team Rückschlüsse ziehen kann. Offenbar wurden sie im offenen Feldbrand hergestellt, also nicht im Ofen. Die unterschiedlichen Farben des gebrannten Tons weisen darauf hin, dass die Temperaturen nicht so hoch waren, die Hitze nicht reguliert werden konnte.

Umso rätselhafter findet die Archäologin das kreisrunde Fundament in unmittelbarer Nähe des Petersburger Weges. Es handelt sich nämlich um die Reste eines Ofens, der im Durchmesser drei Meter groß ist. „Obwohl wir das Fundamen mit mehreren Archäologen untersucht haben, wissen wir nicht, welchem Zweck er diente“, erklärt Cichy. Denn offenbar wurde in diesem Ofen mit sehr starker Hitze gearbeitet.

Mehr als 1000 Grad Celsius

Cichy spricht von mehr als 1000 Grad Celsius. Anders ließen sich die Spuren am Rand des Fundaments nicht erklären. Das dort anhaftende Gestein weist eine starke Verglasung auf. „Das einzige, was in der Art bekannt ist, sind Kalkbrennöfen“, sagt die Expertin. „Aber wir haben keinen Kalkstein gefunden.“Weitere Untersuchungen, die voraussichtlich ab September erfolgen sollen, sollen Klarheit bringen. Dann rückt die archäologische Spezialfirma „Eggenstein Exca“, die mir den Grabungen beauftragt wurde, wieder an. Mit Hilfe von Bagger, Schaufel und Kellen geht es in die Tiefe. Eingrabungen werden fotografiert, Funde dokumentiert und 3D eingemessen. Scherben werden geborgen und gewaschen, bevor sie im großen westfälischen Fundmagazin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster gelagert werden.

Die verhältnismäßig große Anzahl an Keramikscherben ist besonders auffällig. „Einige der Befunde waren alleine anhand der auffälligen Scherbenmengen erkennbar, da die eigentliche Verfüllung sich nicht stark vom natürlichen Boden unterscheidet“, erläutert Thies Evers von der archäologischen Spezialfirma. Die Scherben gehören überwiegend zu sehr großen, fassartigen Töpfen. Ähnliche Gefäße sind in Siegen-Wittgenstein hauptsächlich von Siedlungsplätzen aus dem dritten bis ersten Jahrhundert vor Christus bekannt.

Wichtige Erkenntnisse

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass das Gebiet untersucht wurde? Hintergrund sind die Funde in Fernholte. 2018 sind dort zwei Höfe entdeckt worden, Luftlinie nur 600 Meter von der jetzigen Grabungsstätte entfernt. „Das hier ist eine klassische Siedlungslage“, erklärt Cichy. „Südexponierter Hang, fließendes Wasser in der Nähe und sehr guter Lößboden.“Im Grunde ist es kein sensationeller Fund, erklärt die 47-Jährige. Schließlich würden immer wieder Höfe aus der vorrömischen Eisenzeit entdeckt. Tatsächlich machten diese 80 Prozent der Funde aus. Für die Region ist es jedoch etwas Besonders. „Damit können Erkenntnisse über die Besiedlung der Olper Region im ersten Jahrhundert vor Christus gewonnen werden“, erklärt sie. „Wir verstehen erstmals, wie stark aufgesiedelt die Landschaft war, für andere Regionen weiter nördlich wissen wir das schon. Doch hier war bislang noch ein schwarzer Fleck.“Die archäologischen Funde werden an den Planungen für das Neubaugebiet nichts ändern. Das Gesetz gibt eben vor, dass Bodendenkmäler dokumentiert werden. „Im Endeffekt sind wir sowas ähnliches wie eine Altlastenentsorgung“, sagt Cichy augenzwinkernd.