Kreis Olpe. Die Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden drängt hunderte Kunden aus alten Prämiensparverträgen. Was betroffene Kunden jetzt beachten müssen.
Prämiensparverträge waren einmal der Sparkassen-Bestseller überhaupt: Zusätzlich zum Zins für den Kunden wurde eine satte Prämie vereinbart, die umso höher ist, je länger der Vertrag läuft. Vertragskonditionen, von denen Sparer heutzutage nur träumen können. Aber damit ist für etwa 300 Kunden der Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden nun Schluss.
Die Verträge
Die Sparkassen kündigen laut Verbraucherzentrale in der Regel die zeitlich unbefristeten Sparverträge „Prämiensparen flexibel“, die in den 90er Jahren der Renner waren. Wer einen der lukrativen Verträge abschloss, konnte sich nicht nur über attraktive Zinsen, sondern auch über ein stattliches Bonussystem freuen. Die Prämien begannen im ersten Jahr bei 0 Prozent, stiegen im zehnten Jahr auf 25 und ab dem 15. Jahr sogar auf 50 Prozent der jährlichen Sparsumme. Hat ein Kunde beispielsweise 1000 Euro im 15. Jahr eingezahlt, steuerte die Sparkasse 500 Euro dazu. Der Anreiz dieser Sparverträge war klar: Kunden sollten mit einem Versprechen langfristig gebunden werden.
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„Trotz Nullzins-Phase gab es immer noch viele Kunden, die jeden Monat etwas zurücklegten“, sagt Dieter Kohlmeier, Chef der Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden, im Gespräch mit unserer Zeitung. Lagen die Sparbuchzinsen in den 80er Jahren zeitweise bei über vier Prozent, schaut der Kleinsparer derzeit ebenso in die Röhre wie der Großanleger. Nach der neuesten Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank werden für große Geldbeträge im sechsstelligen Bereich sogar Negativzinsen von 0,5 Prozent fällig.
Das Urteil
Das Prämienversprechen kann die Sparkasse also nicht mehr halten, weil es ihr zu teuer geworden ist. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 14. Mai dieses Jahres Verständnis für die Bank gezeigt. Der BGH entschied, dass Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe – also nach 15 Jahren – die Prämiensparverträge ohne feste Laufzeit ordentlich kündigen dürfen.
Die Kündigungen
Das Urteil des obersten nationalen Gerichts macht sich nun die Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden zunutze. Aktuell erreichen rund 300 Kunden des heimischen Geldinstituts die höchste Prämienstufe und sind damit vom BGH-Urteil betroffen.
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Am Samstag bekommen sie Post vom Geldinstitut, über die sie nicht erfreut sein werden. „Diese Verträge sind einfach nicht mehr marktgerecht. Es gibt bei uns insgesamt einige tausend Sparverträge, die sind aber nicht alle von der aktuellen Rechtsprechung betroffen“, erklärt Dieter Kohlmeier.
Rechtswidrige Klauseln in Sparverträgen
Die Verbraucherzentrale NRW weist auch darauf hin, dass einige alte Sparverträge aus den 1990er- und 2000er Jahren ungültige Klauseln zur Zinsanpassung beinhalten würden.
Weil der Marktzins stetig gefallen ist, haben auch die Kreditinstitute die Sparzinsen nach unten angepasst. „Dabei berufen sie sich auf eine Klausel, welche sie zur Anpassung der Zinsen berechtigen soll. Die einseitige Zinsanpassung kann zur Folge haben, dass Kunden zu wenig Zinsen gutgeschrieben wurden“, sagt David Riechmann, Bankenjurist der Verbraucherzentrale NRW und fügt an: „Kunden sollten die Klausel prüfen und nachberechnen lassen. Gegebenenfalls können sie mit einer Nachzahlung rechnen.
Betroffen seien die Sparverträge „Prämiensparen flexibel“, „VorsorgePlus“, „Vermögensplan“, „Vorsorgeplan“ und „Scala“ (alle Sparkasse) sowie „VRZukunft“ (Volksbank).
Der Bankchef, der seinen Beruf mittlerweile 45 Jahre ausübt, glaubt auch nicht, dass die EZB die Zinsen in naher Zukunft wieder anheben wird: „Die jetzige Situation ist schon sehr ungewöhnlich. Verlässlich kann niemand voraussagen, was kommt. Mit einer auch schrittweisen spürbaren Zinsanhebung rechne ich derzeit nicht.“
Kunden der Sparkasse Attendorn-Lennestadt-Kirchhundem sind aktuell nicht von den Kündigungen betroffen. Das Geldhaus prüfe jedoch zurzeit, inwieweit bestehende Sparverträge der eigenen Kunden unter das BGH-Urteil fallen. „Sollte es in der Folge zu Kündigungen einzelner Verträge kommen, werden die Kundinnen und Kunden rechtzeitig schriftlich informiert“, sagte Sparkassen-Sprecher Daniel Fitzke auf Nachfrage unserer Zeitung.
Was Kunden jetzt tun sollten
Die Verbraucherzentrale NRW rät betroffenen Kunden, die Kündigung nicht per se zu akzeptieren. Denn das BGH-Urteil gelte bei weitem nicht für jeden Prämiensparvertrag, der 15 Jahre und älter ist. Das berichtet David Riechmann, Bankenjurist der Verbraucherzentrale NRW: „Uns lag unter anderem eine Kündigung für einen Vertrag vor, in dem eine Prämienstaffel bis zum 25. Jahr vereinbart wurde – diese Laufzeit gilt es auch einzuhalten.“
Auch wenn Zusatzvereinbarungen zwischen Kunde und Sparkasse getroffen wurden, müsse die Kündigung nicht rechtens sein. So ließen sich bestimmte Formulierungen, etwa darüber, was nach 30 Jahren mit dem Guthaben geschehe, auch als feste Laufzeit deuten. „Falls in einem Vertrag – anders als in den vom BGH verhandelten Fällen – eine Laufzeit vereinbart ist, darf die Sparkasse also grundsätzlich nicht vor Ablauf der Laufzeit kündigen“, erläutert Banken- und Kapitalmarktrecht-Experte Riechmann. Jeder Fall sei einzeln zu prüfen.