Kreis Olpe. 260 abgelehnte Asylbewerber müssten den den Kreis Olpe verlassen. Die Ausländerbehörde sieht sich immer mehr Aggressionspotenzial ausgesetzt.
Die Abschiebung von ausreisepflichtigen Flüchtlingen bereitet der Verwaltung des Kreises Olpe immer mehr Schwierigkeiten. 260 abgelehnte Asylbewerber müssten aktuell von der Ausländerbehörde des Kreises in ihre Heimatländer ausgewiesen werden. Eigentlich. Tatsächlich aber scheitern Abschiebungen in den meisten Fällen.
Die Fakten
Otmar Schuhen, Leiter der Ausländerbehörde des Kreises Olpe, und seinen Mitarbeiter macht die Ausweisung von abgelehnten Asylbewerbern zu schaffen. „Die Arbeit bei den Ausländerbehörden, insbesondere im Asylbereich, ist schwieriger geworden – nicht zuletzt durch die Zunahme konfliktträchtiger Situationen“, berichtet Schuhen. 2018 setzte die Ausländerbehörde in Olpe 45 Abschiebungen durch, 33 waren es 2017. In diesem Jahr wurden schon 50 Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückgeführt (Stand: 30. September).
Nordafrika ist in der Rangfolge der Problemregionen bei Abschiebungen von Zentralafrika abgelöst worden – durch Staaten wie Ghana, Nigeria oder Guinea. Viele der abgelehnten Asylbewerber sind junge Männer. Wirtschaftsflüchtlinge, die in ihrer Heimat keine Arbeit finden, so die Erfahrung im Kreishaus. Problematisch seien zudem Rückführungen in den Irak, nach Afghanistan, Armenien, Georgien oder Aserbaidschan.
Problem 1: Keine Papiere
Die Schwierigkeiten beginnen für die Ausländerbehörde oft mit der Ermittlung der Nationalität eines Asylsuchenden. „Der Aufwand hierfür ist enorm“, betont Otmar Schuhen. Viele Flüchtlinge können gar nicht erst einen Ausweis vorlegen, sagt der Behördenleiter. „Die meisten Asylbewerber kommen ohne Identitätsnachweise nach Deutschland, um eine Abschiebung zu verzögern oder zu verhindern.“
Grundsätzlich sind abgelehnte Asylbewerber indes verpflichtet, an der Passbeschaffung mitzuwirken. „Sie kommen dem aber in der Regel nicht nach“, sagt Schuhen. Das Problem der Ausländerbehörde: Sie kann nicht effektiv sanktionieren, wenn ein Ausreisepflichtiger seine Mitarbeit verweigert.
„Wir wissen, wo deine Familie wohnt“
Bei Abschiebungen schlägt den Mitarbeitern der Ausländerbehörde nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren erheblich mehr Aggressionspotenzial entgegen. Respektlosigkeiten und Beleidigungen seien bei Abschiebungen, aber auch im Alltag bei der Kreisbehörde an der Tagesordnung – auch Drohungen wie „Wir wissen, wo deine Familie wohnt“.
Durch die Ausländerbehörde werden Strafanzeigen erstattet und in Einzelfällen auch Hausverbote erteilt. Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber die Anzeigen haben laut Ausländerbehörden-Leiter Otmar Schuhen in den letzten Jahren zugenommen.
In diesem Jahr hat die Polizei im Kreis Olpe bislang elf Einsätze zu Abschiebungen asylsuchender Menschen dokumentiert. „In einem dieser Fälle wurde der Auszuweisende derart renitent, dass die Abschiebung gescheitert ist“, berichtet Michael Klein, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde, auf Anfrage unserer Zeitung.
Aber selbst wenn eine Nationalität ermittelt ist, gilt: Ohne Papiere keine Abschiebung. Um die erforderlichen Dokumente zu erlangen, müssen die abgelehnten Asylbewerber bei ihren Botschaften vorgeführt werden. Die dafür vorgesehenen Termine finden nicht oft statt und verschieben sich auch hin und wieder.
Ein Beispiel: In der Elfenbeinküste finden Vorführungstermine nur alle neun Monate statt. Platzt mal ein Termin, ist eine Verzögerung von mehreren Jahren möglich. Stehen Wahlen in einem zentralafrikanischen Land an, dann wird es aus Erfahrung der Ausländerbehörde noch schwieriger, Papiere zu besorgen: Denn Asylbewerber sind Devisenbringer – diese Einnahmequelle aus dem Ausland soll erhalten bleiben. Aktuell sei es schwierig, Papiere aus Guinea zu erhalten. Iran und Libanon beispielsweise nehmen nur Menschen auf, die freiwillig zurückkehren.
Problem 2: Reiseunfähigkeit
Liegen die Passpapiere tatsächlich vor, ist es immer noch ein langer Weg bis zur Abschiebung, berichtet Schuhen. Es komme dann häufig vor, dass Auszuweisende ärztliche Atteste vorlegen, in denen eine Reiseunfähigkeit, insbesondere wegen psychischer Erkrankungen, bescheinigt wird. Auffallend sei dabei, dass häufig die gleichen Gutachter und Ärzte gewählt würden, erklärt Otmar Schuhen: „Der Gesetzgeber hat dem zwischenzeitlich ein Stück weit Rechnung getragen, indem der Asylbewerber seine Reiseunfähigkeit durch ein qualifiziertes Attest nachweisen muss, an das hohe Anforderungen gestellt werden.“
Problem 3: Renitenz
Wenn es zur Abschiebung eines Flüchtlings kommt, entstehen nicht selten hitzige Szenen, die die Polizei auf den Plan rufen (siehe Infobox). Darüber hinaus verhindern viele Asylsuchende häufig die Abschiebung am Flughafen durch renitentes Verhalten, so dass sie nicht im Flugzeug mitgenommen werden, berichtet Otmar Schuhen.
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Wurde im Vorfeld einer Abschiebung ein ärztliches Gutachten eingereicht, dann schickt die Ausländerbehörde vorsorglich auch einen Arzt mit, der die Mitarbeiter der Ausländerbehörde zum Flughafen begleitet – dadurch entstehen Kosten von mindestens 600 Euro zusätzlich. „In manchen Fällen ist auch die ärztliche Begleitung bis ins Heimatland erforderlich, was wiederum erhebliche Kosten mit sich bringt“, sagt der Ausländeramtsleiter.
Freiwillige Ausreisen
Deutlich zurückgegangen ist im Kreis Olpe die Anzahl an freiwilligen Ausreisen. Dabei erhalten Menschen, die abgeschoben werden müssten, noch finanzielle Prämien, damit es eben nicht zur teureren Abschiebung kommt. Im Kreis Olpe sank die Zahl 2018 auf 27 freiwillige Ausreisen. 2017 lag sie noch bei 124, 2016 sogar bei 231. Die Zahlen waren in diesen Jahren so hoch, weil viele Menschen aus den Balkan-Staaten die Prämien in Anspruch nahmen.