Olpe/Drolshagen. Der Probebetrieb der „Formlinie III“ bei Ohm & Häner läuft. Rund 16 Millionen Euro werden am Standort in Drolshagen-Germinghausen investiert.

Dunkle Wolken am Konjunkturhimmel, Krisenängste an den Werkbänken der Republik - und mittendrin Dr. Ludger Ohm und Bernd Häner - zwei typische mittelständische Metallverarbeiter, die soeben eine rund 16 Millionen-Euro-Investition am Firmenstandort in Drolshagen-Germinghausen in Betrieb nehmen.

Wie das möglich ist? „Wir führen unser Unternehmen mit einer langfristig angelegten Strategie. Ein Auf- und Ab in der Wirtschaft hat es immer gegeben. Diese Anlage, eine der modernsten ihrer Art in Europa, hat eine Lebensdauer von immerhin 30 bis 40 Jahren, was zeigt, in welchen zeitlichen Dimensionen wir planen.“

Die Rede ist von der sogenannten Gießerei-Formlinie III. Ein maschinelles Ungetüm von riesigen Ausmaßen. Sie steckt rund sechs Meter im Boden und ragt an ihrer höchsten Stelle 12 Meter in die Höhe, ist 70 Meter lang und bis zu 20 Meter breit. Produziert werden aus Quarzsand, Ton und Wasser Gussformen, in denen flüssiges Aluminium zu Produkten unterschiedlichster Form und Größe erstarren.

30 Formen pro Stunde

„Wir rechnen damit, dass die Formlinie III im Dauerbetrieb etwa 30 Formen pro Stunde schafft, umgerechnet rund 150.000 Stück pro Jahr“, hoffen Dr. Ludger Ohm (57) und sein Werkleiter Dr. Georg Dieckhues (57), wie Ohm promovierter Gießerei-Ingenieur. Die Spitzenzahlen, so die beiden Fachleute, seien aber erst im Drei-Schichtbetrieb möglich. Und den strebe das Unternehmen auch erst im dritten Betriebsjahr der „Formlinie III an.

Obwohl die Sandformen nur einmal verwendet werden können und durch den Gussprozess „verloren gehen“, wie es in der Fachsprache heißt, ist es keine Wegwerf-Ware: „Wir arbeiten mit einem zu fast 100 Prozent recyclebaren Formstoff. Der Sand wird zu 99,5 Prozent wieder aufgearbeitet“, klärt Dieckhues auf.

Die Endprodukte von Ohm & Häner gehen zu etwa 40 Prozent in die Automobil-Industrie, zu 60 Prozent in den Maschinenbau und den Schienenverkehr: „Wir machen zum Beispiel Achslenker für U- und S-Bahnen, in der U 1 und U 4 in Berlin stecken unsere Teile, sagt Firmenchef Ohm, der das Unternehmen zusammen mit seinem Cousin, Diplom-Ingenieur Bernd Häner, führt.

Fachkräftemangel

Schon im Probebetrieb der Formlinie III sind etwa 20 Mitarbeiter erforderlich, unter Volllast, so Ohm, dürften es bis zu 60 Beschäftigte sein: „Wenn man sie denn auf dem Arbeitsmarkt auch bekommt“, zeigt er auch eine nachdenkliche Miene mit Blick auf den Fachkräftemangel: „Es wird immer schwieriger, junge Menschen für unsere Berufe zu interessieren.“ Vor etwa zehn Jahren habe das Unternehmen noch rund 30 Auszubildende im Betrieb gehabt, heute seien es gerade einmal 20.

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Zugenommen habe die Internationalität: „Bei uns arbeiten Beschäftigte aus 31 Nationen. Etwa 60 Mitarbeiter sind Migranten. Überwiegend aus den osteuropäischen Ländern, aber auch aus Afghanistan, Syrien und dem Kosovo.“ Ohm lobt deren gute Arbeitsmoral: „Sie sind pünktlich, fleißig, strengen sich an und lernen erstaunlich schnell unsere Sprache.“

Unsichere Konjunktur

Ob die Beschäftigtensituation angesichts der unsicheren Konjunktur so bleibe, fragen wir? Ludger Ohm zuckt mit den Schultern: „Wir haben unsere Belegschaft vorübergehend von 700 auf 645, runtergefahren, zunächst durch den Abbau von Leiharbeitern und das nicht Verlängern auslaufender Arbeitsverträge.“ Kurzarbeit sei zwar aktuell noch nicht in Sicht, „ausschließen können wir das aber nicht.“ Den Standort Germinghausen mit der neuen Anlage werde das aber nicht betreffen.

Keine Angst haben Ohm & Häner übrigens vor der Elektromobilität, „eher im Gegenteil“, sagt Ohm: „Aluminium ist leicht, leitet Strom und Wärme. Für einen unserer Hauptkunden, den Autobauer Mercedes-AMG, liefern wir beispielsweise Batteriekästen für Hybrid- und Elektromobile.“ Für die Zukunft sieht Ohm aber auch Absatzmöglichkeiten für andere Kunden: Audi, Porsche und BMW, die bereits jetzt mit Motorenanbauteilen für die Premium-Klasse beliefert werden.

Niedrigzinsphase förderlich

Worüber der deutsche Sparer klagt, spielt Unternehmen wie Ohm & Häner, die Großinvestitionen wagen, in die Karten. die extreme Niedrig-Zinsphase. Ohm: „Ich kann mich noch an Zeiten Anfang der 90-er Jahre erinnern, da musste mit einem Zinssatz über neun Prozent für einen Investitionskredit kalkuliert werden, jetzt sind es deutlich weniger als zwei Prozent.“