Olpe. E-Mobilität mit Witz und Sachkenntnis erklärt: Professor Dr. Günther Schuh fesselte mit seinem Vortrag in Olpe über 200 Interessierte.
Mit einem Satz, den er zum Thema E-Mobilität auch so gegenüber Kanzlerin Angela Merkel gesagt habe, brachte es Prof. Dr. Günther Schuh aus Aachen gestern in der Olper Stadthalle auf den Punkt: „Es fehlt noch ein bisschen der Kunde. Der Kunde will noch gar kein Elektroauto.“ Gemeint war, dass sich die Autoindustrie in den vergangenen Jahren E-Mobil-mäßig ins Zeug gelegt habe, das Gros der Autofahrer aber nach wie vor Benzin- und Dieselfahrzeugen den Vorzug gebe. Professor Schuh, Miterfinder und Produzent des Elektro-Kleinwagens e.GO, den er gleich mitgebracht hatte und im Foyer der Stadthalle präsentierte, scheute sich nicht, Klartext zu reden. Euphorie in Sachen Batterie-Autos sei nicht angebracht, wenn es um so entscheidende Parameter wie die Reichweite gehe. An der Physik komme man nicht vorbei. Autobatterien seien und blieben groß und schwer.
VIA-Veranstaltung
Aber was macht ein Aachener E-Mobil-Guru mitten im Sauerland? Eingeladen hatte der heimische Verbund Innovativer Autozulieferer (VIA), der unter dem Titel „Wirtschaft im Wandel“ über 200 Interessierte aus Politik und Industrie in die Olper Stadthalle gelockt hatte. Nach der Begrüßung durch VIA-Geschäftsführer Werner Schmidt hatten Wirtschaftsexperte Christian Vietmeyer (Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung Düsseldorf), Arndt G. Kirchhoff (Attendorner Autozulieferer und Präsident des Metall- und Elektroindustrieverbandes) und eben Prof. Dr. Günther Schuh für jeweils eine halbe Stunde Gelegenheit, zu sprechen.
Rhetorisch brillant
Und Schuh brauchte keine Minute, um den Saal an sich zu fesseln. Brillierte nicht nur inhaltlich, sondern auch rhetorisch. Und öffnete den Anwesenden witzig wie kurzweilig die Augen für das, was elektromobilistisch auf uns zukommt. Und was nicht: „Der Kunde ist mit unseren deutschen Autos zufrieden, warum sollte er hinter diese Erwartungen zurückgehen.“ Kein namhafter Autoproduzent habe seine Absatzziele, was E-Autos angehe, erreicht. Kein Wunder: „Wenn man die Reichweite eines Autos halbiert und den Preis verdoppelt, wird der Markt sehr klein.“ Die Autoindustrie habe den Menschen reichlich Unsinn aufgetischt und versprochen, E-Mobile anbieten zu können zum gleichen Preis wie Verbrenner bei gleicher Reichweite. Aber: „Das geht nicht, heute nicht und morgen auch nicht.“ Man könne auch in zehn bis 15 Jahren keine Batterie bauen, die das leiste. Schuh: „Das hängt mit der Physik, mit Naturgesetzen zusammen.“ Batterie brauche Masse, daran komme man nicht vorbei. Es werde sicherlich auch bei der Batterie Revolutionen geben, große Sprünge in der Entwicklung. Aber selbst eine Hochleistungs-Batterie habe einen Pferdefuß: „Sie ist nicht schnellladefähig.“
Knutschkugel auf Rädern
Der in seinem Unternehmen produzierte e.GO sei deshalb ganz bewusst nur für die Kurzstrecke und einen ganz bestimmten Kundenkreis konzipiert - sozusagen eine „süße Knutschkugel auf Rädern“ - mit einem freundlichen Blick: „Wir haben das Lächeln der Kanzlerin einfach herumgedreht“, hatte der Professor die Lacher wieder auf seiner Seite. Da wurde ihm sogar verziehen, dass er das Sauer- und das Siegerland nicht so recht auseinanderhalten konnte und dadurch die einzigen Missfallens-Äußerungen aus dem Plenum erntete.
15.900 Euro für Basismodell
Schuh scheute sich nicht vor Eigenwerbung: Mit dem niedrigen Preis von 15.900 Euro für das Basismodell habe man andere Hersteller herausgefordert, auch an der Preisschraube nach unten zu drehen. Und das sei notwendig. „Wir wollten ein Auto für den Durchschnittsbürger: mit einer Reichweite von 150 Kilometern. Und gut aussehen sollte es auch.“ Zudem biete der Elektromotor eine nahezu ewige Haltbarkeit, die Alu-Grundstruktur, die übrigens auf einer Schweißstraße aus Attendorn (LEWA) produziert werde, roste nicht, und statt Blech sei die Außenhaut aus widerstandsfähigem durchgefärbtem Thermoplast. Schuh: „Ein Verbrenner hält im Durchschnitt elf Jahre, unser e.GO 50 Jahre.“
Nichts verbieten
Wie sein Vorredner Arndt G. Kirchhoff wies Schuh daraufhin, dass die Mobilitätswende mit der Energiewende einhergehen müsse. Sein Credo: „Von Verbieten halte ich gar nichts.“ Wer propagiere, ab 2030 sollten keine Verbrenner mehr zugelassen werden, kurbele die Pferdezucht an: „Man kann nichts verbieten, wofür es keinen Ersatz gibt“, so Schuh, „das Auto ist eine soziale Errungenschaft.“ Derzeit, so appellierte er an die Autofahrer, solle jeder über die Anschaffung von Hybrid-Modellen nachdenken. In der Stadt elektrisch, über Land Benzin - das sei die Lösung.