Attendorn. Die Bestandsaufnahme für den Attendorner Stadtwald ergab ein niederschmetterndes Ergebnis. Die Situation ist dramatisch.

Das Schreiben, aus dem Ludger Gabriel in der Stadtverordnetenversammlung vorlas, malt ein düsteres Bild vom Zustand der Wälder in Südwestfalen. In der gemeinsamen Bestandsaufnahme der WaldHolz Sauerland GmbH, einem Unternehmen unter anderem der drei Forstwirtschaftlichen Vereinigungen im Sauerland sowie mehrerer Regionalforstämter heißt es: „Die derzeitige Situation am gesamten europäischen Rundholzmarkt müssen wir als beispiellos zur Kenntnis nehmen. Bedingt durch das zweite trockene Jahr in Folge haben sich die Populationen von Buchdrucker und Kupferstecher in Mitteleuropa extrem ausgeweitet. Das zwangsweise eingeschlagene Schadholz überschwemmt die mitteleuropäischen Holzmärkte. Auch in den Wäldern Südwestfalens stellt sich die Situation zunehmend als äußerst kritisch dar.“

Situation dramatisch

Auch die Lage im Attendorner Stadtwald ist dramatisch. Das Dürrejahr 2018, das bislang ebenfalls zu trockenen Jahr 2019 und die Folgen mehrerer Stürme haben den ohnehin starken Borkenkäferbefall noch einmal explosionsartig ansteigen lassen. „Wir laufen immer dem Käfer hinterher, der Käfer ist überall“, zitierte Amtsleiter Ludger Gabriel den verhinderten Revierförster Wilhelm Franke-Hameke. „Vom 1. Juli bis heute hat sich der Käferbefall noch einmal vervielfacht, jetzt fressen die Käfer auch gesunde Bäume“, ergänzte Gabriel auf Nachfrage dieser Zeitung.

Der Schaden für den städtischen Wald ist entsprechend. Nach 1650 Festmeter Schadholz in 2018 beziffern

die Experten das Schadholz in diesem Jahr auf 4800 Festmeter. Holz, das so schnell wie möglich aus dem Forst geschaffen werden muss. Weil der heimische Markt übersättigt ist, setzt auch die Stadt Attendorn als Alternative zu den bisherigen Vertriebswegen auf den Export und schickt probeweise 1000 Festmeter nach China, wo allein im Hafen von Shanghai rund 700.000 Festmeter Holz liegen.

Bis zum Jahresende sieht Ludger Gabriel die Vermarktung einigermaßen gesichert. „Aber keiner weiß, wie sich das nächste Jahr entwickelt“, betonte der Amtsleiter Gebäudebewirtschaftung, in dessen Zuständigkeitsbereich auch der Bereich Forst fällt. Noch so ein Katastrophenjahr für den heimischen Wald, dann befürchtet Gabriel das Aus für die heimische Fichte.

Schadholz aus dem Wald holen

Die Reaktion der Stadtverordneten war einhellig und reichte von „dramatische Situation“ (Marius Becker, FDP/Die Grünen) bis hin zum „Supergau“ (Uli Bock, SPD). Einig waren sich alle Fraktionen mit Wolfgang Teipel (CDU), „das Schadholz möglichst schnell aus dem Wald zu holen“. Stefan Belke (CDU), Landwirt und Vorsitzender des Forstausschusses, sprach sich für die Einrichtung von Nasslagern aus, auch wenn dies kein Allheilmittel sei. Dem folgten die Ratsherren und forderten einstimmig die Stadtverwaltung auf, sich um die Genehmigung dieser nassen Zwischenlager zu kümmern. In Frage dafür kommen Grundstücke an der Bigge und Lenne.

Geld wird nicht mehr verdient

Die Zeiten, in der die Stadt Attendorn mit ihrem Forst Geld verdienen konnte, sind längst vorbei. Jetzt geht es nur noch um rasche Schadensbegrenzung. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass es laut Bürgermeister Christian Pospischil „Regionen in Deutschland gibt, die wesentlich schlimmer betroffen sind“.

Teile im Harz seien sogar schon aufgegeben worden. „Jeder Tag bringt eine neue Herausforderung“, beschreibt Ludger Gabriel den Kampf gegen den Borkenkäfer. „Wir brauchen Regen, sehr viel Regen.“ Jetzt hoffen die Waldbesitzer und Forstleute auf mildes und nasses Wetter. Das haben der Käfer und seine Larven gar nicht gerne.