Oberveischede. Das neue Kinder-Bildungsgesetz wird nicht überall als Wohltat empfunden.

1,3 Milliarden Euro von Land, Bund und Kommunen, davon rund eine Milliarde für mehr Qualität, so für mehr Erzieher, zusätzliche Mittel für mehr Flexibilität in Sachen Öffnungs- und Betreuungszeiten sowie eine Platzausbaugarantie und dazu Beitragsfreiheit für ein weiteres Kita-Jahr: Das sind die Eckpunkte für das neue Kinderbildungsgesetz (KiBiz), das im Entwurf durch das Landeskabinett beschlossen wurde und ab dem Kita-Jahr 2020/21 in Kraft treten soll.

Die Kritik, die sich Jens Kamieth aus Siegen, MdL und Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Familien, Kinder und Jugend, Dienstagabend im Landhotel Sangermann anhören musste, war allerdings nicht ohne. „Sprechen wir von einem Kinderbildungsgesetz oder von einem Wünsch-Dir-Was für Eltern? Das KiBiz scheint wie ein Wahlgeschenk an Euch selbst“, wetterte es aus dem Plenum.

Wohlgemerkt lediglich aus einer Ecke, dennoch war im Raum, in dem neben ein paar Trägern und Politikern vor allem Erzieherinnen saßen, Sorge zu spüren. „Wie sollen wir das schaffen? Wie sollen wir unseren Bildungsauftrag erfüllen und dabei noch mehr Flexibilität garantieren?“

Immense Zunahme

Eine immense Zunahme der 45-Stunden-Betreuung durch ein weiteres beitragsfreies Jahr, Buchungszeiten ohne pädagogische Kernzeiten und das geforderte Mehr an Beweglichkeit und darüber hinaus der Fachkräftemangel, der ohnehin wie ein Damoklesschwert über allem schwebt, gaben also Anlass zu einer mitunter hitzigen Diskussion.

„Es geht darum, diesen Teufelskreis an mehreren Ecken zu durchbrechen. Mit mehr Geld, mehr Personal und einem besseren Image“, so Kamieth. Er appellierte, für ein gutes Bild des Erzieherberufes einzustehen, statt Unzufriedenheit und Stress widerzuspiegeln. „Auch Sie haben da eine Verantwortung.“

Zuerst einmal Fachkräfte

Ganz abgesehen davon, dass eine Übergangsregelung dringend nötig sei, indes aber fehle, müsse man zuallererst für Fachkräfte sorgen und erst dann Reformen wie mehr Flexibilität einführen, so der Standpunkt der Anwesenden.

Die Gangart nach KiBiz-Reform würde die sowieso schon bestehenden Probleme verschlimmern. „Der Markt ist leer. Es muss geschaut werden, wo das benötigte Personal herkommen soll. Wir haben beispielsweise eine Mitarbeiterin, die in der früheren DDR ihren Abschluss als Erzieherin gemacht hat, hier aber wird der nicht anerkannt“, war aus dem Plenum ein Beispiel für einen Teil des Dilemmas zu hören.

„Schreiben Sie mir das per Mail, ich werde das weitergeben. Tragen Sie Ihre Anliegen an uns heran, auch im Einzelfall“, so Kamieth, der die Pläne in puncto Fachkräftegewinnung erläuterte. So plane man im November einen Fachkräftegipfel mit allen Akteuren. Es gehe dabei nicht allein um Nachwuchsgenerierung, sondern um Rückholung, Quereinstieg, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und sowieso um eine Imagekampagne „für einen tollen Beruf, bei dem das Wertvollste, das wir haben“ im Mittelpunkt stehe.

Durch die KiBiz-Reform rechnet man im Kreis Olpe mit einer Mehrbelastung des Haushaltes für das Kita-Jahr 2020/21 von rund 3,8 Millionen Euro, davon 1,6 Millionen für 2020. Zwar ist der prozentuale Anteil der Landeszuschüsse höher, durch Anhebung der Kindpauschalen und die Intensivierung der Personalausstattung steigen aber die absoluten Zahlen. In Sachen Platzausbau sind aktuell 339 Maßnahmen konkret geplant, 60 weitere sind noch zu schaffen. „Die gesellschaftlichen Anforderungen haben in den letzten Jahren zu einem weiteren Anstieg der Bedarfe geführt“, so Michael Färber, Fachbereichsleiter Jugend des Kreises Olpe.

Gewaltige Aufwendungen

Die finanziellen Aufwendungen von Kreis und Kommunen seien mit einem negativen Saldo von rund 20 Millionen Euro (Prognose 2019) ohnehin gewaltig, würden durch die zusätzlichen zu schaffenden Plätze in Zukunft noch zunehmen. Dabei sei der Anteil der Eltern zur Finanzierung des Systems seit Jahren nicht angepasst worden. Früher bei 19 Prozent gelegen, bewege sich der Anteil zur Finanzierung der Aufwände heute unter zehn Prozent.