Kreis Olpe. Der Pflegekinderdienst Viento wirbt mit einer Aktion im Kreis Olpe für weitere Pflegefamilien. Pflegeeltern sollen neue Bewerberfamilien werden.
Walter Dreisbach ist Vater. Nicht nur für seine leiblichen Kinder, sondern auch für zwei Pflegekinder. Mittlerweile sind die Brüder erwachsen, gehen ihren eigenen Weg. Doch an Familienfesten kommen sie zurück. Zurück zu den Menschen, die sie in jungen Jahren aufgenommen haben, ihnen Liebe und Geborgenheit geschenkt haben. „Genau darum geht es“, erklärt Dreisbach. „Sie sollen wissen, dass sie immer zurückkommen können.“
Familien, Paare oder Alleinerziehende
Der Familienvater ist einer der Mitarbeiter des Pflegekinderdienstes Viento. Seit 2011 kümmert sich die trägerübergreifende Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus dem Katholischen Sozialdienst Olpe, der Diakonie Sozialdienste GmbH Siegen und dem Diakonischen Werk des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, im Auftrag des Jugendamtes des Kreises Olpe um die Pflegerkinderhilfe.
Nun wollen Walter Dreisbach, Daniela Herling, Birgit Stupperich, Gundhild Weller, Tanja Maaßen und Petra Vieregge im Rahmen einer Aktion weitere Familien, Paare oder Alleinerziehende dazu begeistern, einem Pflegekind ein (vorübergehendes) Zuhause zu schenken. Unter dem Motto „Pflegeeltern werben Pflegeeltern“ sollen Mütter und Väter, die bereits Pflegekinder haben oder hatten, im Aktionszeitraum 1. September bis 21. November gezielt auf mögliche Bewerberfamilien zugehen. „Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass eine positive Mundpropaganda sehr viel wert ist“, erklären die Mitarbeiter die Aktion. Die Mühen sollen natürlich belohnt werden . Viento hat den Pflegefamilien Visitenkarten erstellt, die sie den möglichen Bewerbern mitgeben können. Legen diese die Visitenkarten bei einem Informationsgespräch vor, erhalten die Anwerber eine Anerkennungin Form von Gutscheinen.
103 Pflegefamilien
Der Bedarf im Kreis Olpe ist groß. Immer häufiger werden im Kreis Olpe Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls aufgenommen. Die Zahl der Sorgerechtsentziehungen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Aktuell leben im Kreis Olpe 125 Pflegekinder bei Pflegefamilien. „Die Probleme in den Herkunftsfamilien sind komplexer geworden“, sagt Tanja Maaßen. „Aber auch die Bevölkerung ist aufmerksamer geworden.“
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Es gibt fünf Bereitschaftspflegefamilien, die in direkter Verbindung mit dem Jugendamt stehen und im Fall einer akuten Kindeswohlgefährdung sofort ein Kind aufnehmen können. Darüber hinaus gibt es 103 Pflegefamilien (davon 31 im Bereich der Verwandtschaft), denen der Pflegekinderdienst Viento Pflegekinder vermittelt. Doch es werden weitere Familien, Alleinerziehende oder homosexuelle Paare, Menschen unabhängig von der Religion, gesucht. „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen“, betont Birgit Stupperich. „Die Pflegefamilie muss zum Kind passen und umgekehrt.“
Deswegen ist es auch so wichtig, dass die Mitarbeiter auf möglichst viele Pflegefamilien bauen können. Eben, um den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. Hier spielt das Alter eine Rolle, denn es ist zu Beginn unklar, ob das Kind später zu seinen leiblichen Eltern zurückkehrt oder bis ins Erwachsenenalter bleibt. Ein späterer Wechsel in eine andere Pflegefamilie soll vermieden werden. „Wir sagen immer ganz klar, egal wie lange das Kind bleibt, es ist eine wertvolle Zeit, die sie dem Kind bieten können“, betont Tanja Maaßen. „Aber es muss den Familien bewusst sein, dass es sich vielleicht um ein Kind auf Zeit handelt.“
Natürlich gibt es auch einige Bedingungen, die erfüllt werden müssen. Vertreter des Pflegekinderdienstes Viento führen zunächst mit Blick auf die soziale Kompetenz Gespräche mit den Bewerbern. Zudem müssen ein Gesundheitsattest und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden, mindestens ein Elternteil muss auch wirklich Zeit für das Kind haben. Ein Vertrag muss unterzeichnet werden, der festlegt, dass Viento jederzeit Zugang zu den Kindern hat. Hat sich eine Familie dazu entschieden, Pflegekinder aufzunehmen und stimmen die Rahmenbedingungen, werden sie nicht alleine gelassen. Ein Seminar bereitet sie vor, aber auch darüber hinaus stehen Vertreter von Viento unterstützend zur Seite.
Der Schritt zur Pflegeelternschaft ist eine Chance. Eine Chance für das Kind. Aber auch für Eltern, deren Kinder vielleicht grade das Haus verlassen haben. Oder für Paare, die ihr gutes Leben teilen möchten.