Olpe. Der Jugendaustausch des Rotary Clubs ermöglicht es vielen jungen Menschen, Land und Leute in entfernten Regionen dieser Welt hautnah zu erleben.

. Wer sich mit Luisa Schuler (17) aus Brasilien, Eito Mikami (16) aus Japan, Nini Khvingia (16) aus Georgien und der Olperin Lara Eisner (16) unterhält, wird schnell von einer ganz besonderen, einer internationalen Begeisterung ergriffen. Denn obwohl die Heimat der drei erstgenannten Teenager viele tausend Kilometer vom Kreis Olpe entfernt liegt, hat man keine Sekunde das Gefühl einer national bestimmten Fremdheit. Eito vermisst zwar manchmal Sushi und Reis, aber Luisa will ihr Leben lang am liebsten durch die Welt reisen, in Portugal studieren und ganz bestimmt nicht in Brasilien Wurzeln schlagen. Während Nini, die aus Tiflis stammt, von ihrem Aufenthalt und vor allem ihrer Gastschule, dem Olper St. Franziskus-Gymnasium derart begeistert ist, dass für sie fest steht: „Ich will in Deutschland studieren.“ Schon die Mutter habe das gewollt, nachdem die Familie wegen gesundheitlicher Probleme eines Sohnes mehrfach auf die ärztliche Versorgung in Deutschland gesetzt und gute Erfahrungen gemacht hatte.

Peter Haring-Bolivar für Jugend zuständig

Das Quartett - Lara Eisner ist gerade aus Mexico nach Olpe zurückgekehrt - ist Bestandteil des Jugendaustausches, den der Rotary-Club aus dem Kreis Olpe nach Kräften fördert und organisiert. Peter Haring-Bolivar, der selbst über Wurzeln in Mexiko verfügt, Professor an der Uni Siegen ist und in Wenden-Römershagen lebt, ist für den Jugenddienst zuständig und hat uns an diesem Abend ins Olper „Koch’s Hotel“ eingeladen. Die jungen Leute haben hier die Gelegenheit, vor den heimischen Rotariern über ihre Zeit im fernen Deutschland zu berichten. Zunächst jedoch stehen sie mir Rede und Antwort.

Die Rotarier in Olpe

Der Rotary Club Olpe-Biggesee wurde 1972 von damals 24 Gründungsmitgliedern gegründet. Zurzeit gehören dem Rotary-Club Olpe-Biggesee 53 Mitglieder an. Aktueller Präsident ist der Geologe Dr. Burkhard Reißner aus Olpe.

Die Treffen finden immer dienstags statt, an jedem 1. und 3. Dienstag im Monat ab 19 Uhr, sowie am 2. und 4. Dienstag um 13 Uhr. Tagungshotel ist das Hotel Koch in Olpe.

Die Kosten, die die Austausch-Schüler selbst tragen müssen, liegen bei etwa 3.000 Euro. Zum Programm gehört eine Deutschland/Europa-Rundreise über zwei Wochen, die in diesem Jahr unter anderem nach Heidelberg, Straßburg, München, Wien, Prag, Berlin, Hamburg und Münster führte.

Weitere Infos auch unter www.rotary-jugenddienst.de

Eines fällt nach wenigen Minuten unseres Gespräches auf: Die jungen Menschen haben eine feine Ader für die Unterschiede der Kulturen entwickelt, ohne sie unreflektiert abzuwerten. Das Land und die Region, in der sie jetzt zehn Monate und mehr gelebt haben, ist anders als das Leben und die Menschen in ihren Metropolen, Sao Paolo, Tokio und Tiflis. Aber alles hat Vorzüge, Schwächen und Nachteile gibt es überall.

Nini aus Tiflis liebt das St. Franziskus-Gymnasium

Auch, wenn es die Höflichkeit der jungen Austausch-Schüler verbietet, mir gegenüber allzu Kritisches zu offenbaren, nehmen sie mit wohlwollendem Lächeln dann doch das eine oder andere typisch Deusche aufs Korn - oder rühmen es, wie Nini, die sich in ihre Gastschule regelrecht verliebt zu haben scheint: „Das ist die beste Schule, die man sich vorstellen kann. Hier schwänzt keiner oder versäumt die Hausaufgaben.“ Auch deshalb will sie in Deutschland studieren: „Mathematik und Sprachen“, strahlt sie mir mit einem Optimismus entgegen, den gerade junge Menschen noch offenherzig vor sich her tragen.

Eito gibt spontan zu, manchmal ein wenig Heimweh zu haben: „Wegen des Essens - und wegen der Freundin“, so die Reihenfolge, die für schmunzelnde Mienen am Tisch sorgt. In seiner Gastschule, dem Gymnasium der Stadt Lennestadt, gefällt ihm die regelmäßige Gruppenarbeit sehr gut: „Bei uns in Tokio gibt es mehr Frontal-Unterricht.“ Aber auch die gute Luft und die Natur rings um ihn haben den jungen Japaner begeistert: „In Tokio tragen fast alle Menschen einen Mundschutz.“ Natur? Fehlanzeige. Sein Vater ist Arzt. Das will er auch einmal werden. Obwohl es für den Vater völlig normal sei, jeden Tag von 8 bis etwa 22 Uhr zu arbeiten, sieben Tage die Woche. Die Brasilianerin Luisa verzieht den Mund und schüttelt sich. Eine solche Lebens-Perspektive kommt für sie wohl kaum in Frage.

Fußball das Hobby der Brasilianerin Luisa

Nini berichtet vom georgischen Schulsystem, in dem es gelte, „viel auswendig zu lernen.“ Weiterer wesentlicher Unterschied: „Wir haben feste Klassen, die 12 Jahre zusammenbleiben, keine Kurse wie hier.“

Luisa, die am Mittwoch ihren 10.000 km langen Rückflugantritt, war es nicht gewohnt, dass es in deutschen Klassenzimmern eine spürbare Distanz zwischen Lehrern und Schülern gibt: „Bei uns duzen wir die Lehrer, die alle unsere Freunde sind. Das ist hier anders.“ Sie besuchte während ihres Austausches die Attendorner St. Ursula-Schule und wohnte bei zwei Gastfamilien. Ihre Lieblingsfächer sind Geschichte und Biologie, die Hobbies Zeichnen und - wie könnte es für eine Brasilianerin anders sein - Fußball.

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Eito wohnte bei vier Gastfamilien - in Grevenbrück, Kirchveischede und Altenhundem. Wichtig dabei, sagt Peter Haring-Bolivar: „Die Familien sind angehalten, nur zu Beginn auf Englisch zurückzugreifen, dann soll ausschließlich Deutsch gesprochen werden.“

Sprach-Barriere schnell eingerissen

Die muntere Unterhaltung mit den Jugendlichen klappt reibungslos. Das sprachliche Konzept hat Früchte getragen. Alle sprechen auffallend gut Deutsch, obwohl sie nahezu ohne Vorkenntnisse ins Sauerland gekommen waren. Haring-Bolivar: „Nur am Anfang ist das für die Jugendlichen schwer. Es gibt zweimal in der Woche zusätzlichen Deutsch-Unterricht, und meistens so um die Weihnachtszeit können sie unsere Sprache schon recht gut.“ Kein Wunder, dass bei so viel Sprachtalent an diesem Abend neun Sprachen am Tisch sitzen: Von Deutsch über Portugiesisch und Japanisch bis zur georgischen Amtssprache Grusinisch.

Wenn es das Ziel der Rotarier war und ist, mit dem Jugendaustausch Vorurteile abzubauen und das internationale Bewusstsein zu öffnen, dann scheint das gelungen.

Während meiner munteren Begegnung mit dem aufgekratzten Quartett habe ich keinen Zweifel: Mir gegenüber sitzen die Weltbürger von morgen.