Dünschede. . Heute vor 75 Jahren wurde Landwirt Josef Hufnagel aus Dünschede hingerichtet, weil er einen ausländischen Radiosender gehört hatte.
Der Landwirt Josef Hufnagel, der aus einer alten Dünscheder Bauernfamilie stammt, wurde nur 40 Jahre alt. Am 5. Juni 1944 vollstreckte man im Zuchthaus Brandenburg-Görden das Todesurteil. Zwei weitere Bürger aus dem Kreis Olpe, die auch in diesem Zuchthaus starben, waren Franziskanerpater Kilian Kirchhoff aus Rönkhausen (+24.4.1944) und Carl Lindemann aus Herrntrop (+8.5.1944).
Karl Baumhoff aus Röllecken, Sammler unzähliger Altertümer, besitzt noch die mittlerweile vergilbte WESTFALENPOST vom 23. Oktober 1948, die in einem Beitrag über das Schicksal Josef Hufnagels und die Verurteilung eines Gestapospitzels berichtet. Aus dem Text geht hervor, dass Josef Hufnagel während des Krieges dienstverpflichtet wurde und als Verwalter auf einen Hof im Kreis Olpe kam. Dort soll er verbotswidrig ausländische Sender abgehört haben. Aus seiner politischen Meinung macht er keinen Hehl.
Das führte dazu, dass ein Gestapospitzel und dessen Verwandte Josef Hufnagel bei der Kreisleitung der NSDAP anzeigten wegen des Abhörens eines Feindsenders und seiner angeblichen Behauptung, der Krieg sei verloren. Die Anklage stützte sich lediglich auf die Angaben des Denunzianten, der durch ein Abflussrohr des Spülsteins aus der Küche den sogenannten Schwarzsender und die Äußerungen zum verlorenen Krieg gehört haben will. Deshalb eröffnete das Amtsgericht in Olpe am 16. Februar 1944 ein Verfahren. Der Beschuldigte saß zu dieser Zeit in Untersuchungshaft im Gerichtsgefängnis des Unteren Schlosses in Siegen. Wegen der politischen Anklage wurde der Dünscheder anschließend in das Zuchthaus Brandenburg-Görden überführt. Die Nationalsozialisten verlegten politische Gegner, Andersdenkende und ihnen missliebige Personen in dieses Gefängnis. Hier waren alle Schichten des deutschen Volkes, die sich als Gegner der Nationalsozialisten erwiesen hatten, inhaftiert. Der Volksgerichtshof in Berlin verurteilte Josef Hufnagel am 18. April 1944 wegen Abhörens ausländischer Sender und seinen Zweifeln am siegreichen Ausgang des Krieges zum Tode. Das eingereichte Gnadengesuch wurde abgewiesen.
Drei Brief schrieb Josef Hufnagel noch an seine Familie, die ihren Bauernhof damals in der Nähe der St. Martinus-Pfarrkirche bewirtschaftete.
Das Gebäude steht heute noch, ist jedoch in anderem Besitz. Den letzten, besonders erschütternden Brief verfasste Josef Hufnagel am 5. Juni 1944, dem Tag seiner Hinrichtung. Die katholische Kirchengemeinde St. Martinus hat sich nach Kriegsende zu dem Opfer der NS-Diktatur bekannt. Wohl aus Furcht vor weiterer Verfolgung hat der damalige Pfarrvikar Richard Wurm, der aufgrund seiner Jugendarbeit bereits zweimal von der Gestapo vorgeladen worden war, die Hinrichtung des Gemeindemitglieds 1944 nicht von der Kanzel verlesen. Nach dem Einmarsch der Amerikaner betete er in der Kirche für den in Brandenburg-Görden hingerichteten Josef Hufnagel.
Im Nachkriegsdeutschland fand vor dem Schwurgericht in Siegen 1948 ein Prozess gegen den Gestapospitzel und seine Verwandte statt. Das Schwurgericht stellte fest, dass die Todesstrafe keine gerechte Strafe für Josef Hufnagel war. Sie habe dem gesunden Menschenempfinden widersprochen, sei also unmenschlich gewesen. Wer an solcher Unmenschlichkeit mitwirkte, habe die Folgen zu tragen. Für den Angeklagten bedeutete das drei Jahre Gefängnis. Seine Verwandte erhielt einen Freispruch, da sie nach Ansicht des Gerichts nur ihren Zeugenpflichten nachgekommen war.
Der Bildhauer Leo Kornbrust hat in einem Denkmal, welches zur Erinnerung an den Widerstand gegen die Nazi-Diktatur im Münchner Hofgarten steht, ein Zitat aus seinem Brief, den er am 5. Juni 1944 in der Todeszelle verfasste, zitiert: „Meine Lieben! Mein letzter Brief, den ich Euch schreibe. Das Gnadengesuch ist abgelehnt worden. Ich werde um 15 Uhr hingerichtet. Also lebt wohl, und in der Ewigkeit sehen wir uns wieder.“ In seiner Heimat Dünschede verewigte man Josef Hufnagel in der Marmortafel des Ehrenmals auf dem Dorfplatz, die die gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege enthält. Hier ist er als Kriegsopfer erwähnt.