Bamenohl. . Wie wohnt der Kreis Olpe? Im Rahmen einer Serie stellt die WP Menschen und ihr Zuhause vor. Dieses Mal geht es zur Familie von Plettenberg.

Es geht steil nach oben. Die Stufen knarren ein bisschen. Das Holz des Treppengeländers gleitet durch die Hand. Hier und da entlarven die Finger feine Risse. Kein Wunder. Das Eichenholz hat schon vielen Generationen Halt gegeben. Die Wendeltreppe führt in das oberste Turmzimmer des Schlosses Bamenohl. Freiherr Hanno von Plettenberg geht vor. „Halten Sie sich gut am Geländer fest“, mahnt er zur Vorsicht. Noch ein paar letzte Schritte. Gleißendes Sonnenlicht empfängt uns. Der weite Blick über das Land ist nicht die einzige Besonderheit in diesem Raum.

Freiherr Hanno von Plettenberg ist 81 Jahre alt. Im Jahr 1988 hatte er begonnen, das Schloss Bamenohl zu sanieren. Und das war eine ziemlich große Aufgabe. „Früher war das fast eine Ruine“, erinnert er sich noch. Das Dach, die Wände, alles marode. Sein Vater Graf Wilhelm Adolf von Plettenberg hatte einst seine Besitztümer auf seine vier Söhne verteilt. „Und ich habe die Schrottbude bekommen“, witzelt er und lacht freundlich. Heute lebt der pensionierte Finanzchef eines erfolgreichen Pharmaunternehmens hinter den zwei Meter dicken Mauern. Unserer Zeitung hat er einen Blick in seine privaten Räume gestattet.

13 Zimmer hat das Schloss. Die unteren Räume dienen der Öffentlichkeit. Hier wird gefeiert oder geheiratet. Von dort geht es in die oberen Stockwerke. Das Wohnzimmer von Hanno von Plettenberg ist gemütlich. Bücher und Bilder zieren den Raum. Vor allem eines fällt ins Auge. Es zeigt eine Mutter mit ihrem Kind. Die Gesichter sind deutlich zu erkennen, die Schultern noch angedeutet. Ansonsten ist das Bild aber weiß. „Das ist meine Mutter Emilie Helene mit mir“, erklärt Hanno von Plettenberg. „Der Maler musste überstürzt verschwinden. Damals herrschte Krieg.“

Keine rechten Winkel

Das Schloss Bamenohl ist ein beeindruckendes Bauwerk. So majestätisch es auch wirken mag, im Innern ist nicht alles perfekt. Soll es aber auch gar nicht sein, schmunzelt der dreifache Vater. Die Böden sind teilsweise schief und uneben. Rechte Winkel sucht man vergeblich. Die Holzdielen sind nicht gleich groß. Sie wurden aus einfacher Fichte – vermutlich aus dem eigenen Wald – gefertigt, haben über die Jahre einen edlen Farbton erlangt. „Früher hat man eben keine Bretter weggeworfen, nur weil sie nicht passten“, erzählt Hanno von Plettenberg. Er trägt einen Ring mit heraldischen Zeichen. Sie präsentieren das Wappen der Familie, in dessen Besitz sich das Schloss schon seit Generationen befindet.

Heute hat der pensionierte Finanzchef Besuch von seinem ältesten Sohn. Mortimer Freiherr von Plettenberg ist da. Der 46-Jährige ist mittlerweile der Herr im Haus, kümmert sich zusammen mit seinem Vater um die Forst- und Landwirtschaft sowie den Erhalt der Bausubstanz. Ein nie endendes Projekt. Schließlich gibt es an dem alten Gemäuer immer etwas zu tun. Jedes dritte Wochenende reist Mortimer von Plettenberg mit seiner Frau und seinen drei Kindern an, hat im Schloss noch eine separate Wohnung. „Erst wurden wir die Zimmer einfach nicht los“, erzählt er von dem Plan, die Wohnung zu vermieten. „Jetzt wollen wir nicht mehr raus.“ Ansonsten lebt der Gesellschafter von Teach First Deutschland, einer gemeinnützigen Initiative, die benachteiligte Kinder und Jugendliche fördert, in Wiesbaden. Und wie? „Nichts Besonders“, sagt Mortimer von Plettenberg bescheiden und erzählt von einer 20er-Jahre-Doppelhaushälfte.

Gemeinsam geht es durch die weiteren Räume. Erinnerungen kommen auf, als Hanno von Plettenberg mit seinen Geschwistern als Kind den Sommerurlaub hier verbracht hat. Badezimmer gab es noch nicht. Dafür Personal, das vom Bermeckebach das Wasser für die Familie holte. So wie damals zeichnen sich die Zimmer durch ihre hohen Decken aus – und diesem weitreichenden Blick über die Ländereien. „Auch nach dem tausendsten Mal aufwachen, kann man sich nicht dran satt sehen“, schwärmt Mortimer in seinem Schlafzimmer.

Das Zimmer im Turm

Weiter geht es. Das Zimmer hinter der Wand vermutet man nicht. Mortimer von Plettenberg öffnet eine Schiebetür. Nachdem er zwei Jahre in Japan gelebt hat, hat er dort ein Tatami-Zimmer mit Reisstrohmatten auf dem Boden eingerichtet. Aber eigentlich wird es mehr als Tobe-Zimmer genutzt, wenn die ganze Rasselbande vor Ort ist, erzählen die beiden. Immerhin hat Hanno von Plettenberg neun Enkel.

Die Wendeltreppe zum Turmzimmer befindet sich hinter einer Tür. Hanno von Plettenberg geht vor, erzählt, dass die Treppe aus einem einzigen Eichenstamm gefertigt wurde. Zumindest fast. Ein kleiner Treppenabsatz wurde nachträglich draufgesetzt. Der Weg nach oben lohnt sich. Die Fenster rundherum lassen die ersten Frühlingsstrahlen herein, der runde Raum ist hell erleuchtet. Der Blick reicht über freies Land, Teiche, der Auslauf vom Kraftwerk. „Nachts kann man die Hohe Bracht sehen“, sagt Mortimer von Plettenberg.

Er betätigt den Lichtschalter. Lämpchen an der Decke leuchten auf. Fast wie Sterne. Und tatsächlich. Die Lichter sind so angeordnet, dass sie den Sternenhimmel zur Zeit des Jahreswechsels zeigen, verrät der Hobby-Astronom. „Da, wo die Strebe im Weg ist, das ist der Orion“, erklärt Hanno von Plettenberg und erzählt von gemütlichen Sommertagen mit Tee und Buch, gemeinsamen Silvester-Feiern mit der Familie – Ein kleiner Ruhe-Ort in diesem imposanten Schloss Bamenohl.