Neu-Listernohl. . Im Maßstab 1:250 baut Willy Kebben weltbekannte Bauwerke aus Karton nach. Der Neu-Listernohler hat derzeit den Dom von Budapest in Arbeit.

Im Café Moses ist die vor einigen Tagen stark zerstörte Pariser Kathedrale Notre Dame im Kleinformat noch unversehrt zu besichtigen. Und zwar nicht aus Holz oder Stein, sondern aus Karton. Peter Lütticke, Besitzer des Cafés, ist ein Fan der Arbeiten von Kartonmodellbauer Willy Kebben (88).

Alles nahm vor 25 Jahren seinen Anfang, als Willy Kebben nach der Wende Dresden besuchte und dort Modelle der Frauenkirche und Semperoper sah. Als er hörte, dass man diese Modelle auch aus Karton zum Zusammenbauen kaufen konnte, überlegte er nicht lange. Es wurde seine große Leidenschaft.

Bauingenieurwesen in Köln und Wuppertal studiert

Der Bauunternehmer war mit exakter Planung und Architektur immer schon vertraut. Aus seiner Vita geht hervor, dass er nach der Mittleren Reife das Bauhandwerk von der Pieke auf lernte, indem er zunächst eine Maurerlehre absolvierte. Es folgte das Studium des Bauingenieurwesens in Köln und Wuppertal.

1973 machte sich Willy Kebben mit einer Straßen- und Tiefbaufirma in Grevenbrück selbstständig. „Keine leichte Aufgabe, die mit harter Arbeit verbunden war“, resümiert er heute. 1998 übergab er das Unternehmen, heute mit Sitz in Attendorn hat, an Sohn Christoph.

Falzen und Verkleben

Zu seinem Hobby: Aus großformatigen Kartonbögen werden die Modelle gefertigt, die der Neu-Listernohler baut. Die jeweiligen Bauteile hat der Modell-Konstrukteur in zweidimensional flache Elemente zerlegt. Willy Kebben schneidet die Teile aus festem Papier aus und fertigt daraus einen dreidimensionalen Aufbau durch Falzen und Verkleben. Eine filigrane Arbeit, die viel Zeit und Geduld erfordert.

Die Modelle entsprechen vielfach einem Maßstab 1:250. Sein Handwerkszeug sind Messer, Schere und Klebstoff. Zur Detaillierung sind meistens weitere Materialien wie Nähgarn, Nylon, Metall und Holz, etc. notwendig. Besonders intensiv befasst sich Willy Kebben seit vier Jahren mit dem Kartonmodellbau. Getreu dem Wahlspruch: „Die Heilsamkeit der Einsamkeit ist die Arbeit“.

Sein größtes Werk ist der Petersdom, der rund 500 Stunden in Anspruch nahm. Seine schwierigste Aufgabe war der Bau des Pariser Eifelturms, den er in 200 Stunden erstellte. Besonders sehenswerte große Kirchen und Schlösser haben es dem 88-Jährigen angetan. So entstanden neben dem Petersdom u.a. das Ulmer Münster, der Aachener Karlsdom, der Wiener Stephansdom, der Berliner Dom, der Limburger Dom, die Abteikirche Maria Laach, das Schloss Hohenzollern, das Schloss Neuschwanstein und das Heidelberger Schloss. Aber auch an internationale Bauten begab sich der Neu-Listernohler. Derzeit hat er den Dom von Budapest in Arbeit.

Vollendet sind die imposante Schloss- und Klosteranlage San Lorenzo de EL Escorial, die in Madrid steht. Die Kathedralen von Lodz und Krakau waren besondere Herausforderungen für Willy Kebben, denn die Baubeschreibung war nur in der Landessprache polnisch. Das machte ihm zwar Schwierigkeiten, aber keine unüberwindbaren.

Ansonsten sind aber die Anleitungen der Verlage in deutscher und englischer Sprache sehr gut abgefasst. Die Titanic war 1912 das größte Schiff der Welt, auch das reizte Kebben und zählt zu seinen Ausstellungsstücken, die er im unteren Bereich seines Hauses aufgestellt hat.

Für die filigrane Arbeit hat er anfangs eine Kopflupe benutzt. Doch dann erinnerte er sich an die Brille eines amerikanischen Besatzungssoldaten, der ein entfernter Verwandter war, und diese Brille bei einem Besuch 1961 liegen ließ. Damit kann er am besten arbeiten.

Willy Kebben ist überzeugt, dass seine Arbeit gut gegen die Krankheit Demenz ist. Wenn er abends noch an einer Aufgabe ist, dann muss diese erst gelöst werden, bevor der 88-Jährige sich zur Ruhe begibt. Für ihn ist das Wichtigste im Leben die Arbeitsfreude. Wenn er noch ein paar Bauten aus anderen Ländern gefertigt hat, dann stellt sich Willy Kebben vor, eine Ausstellung zu bestücken unter dem Titel: „Wir sind das Abendland, wir sind Europa“.