Attendorn. . Geschäftsführer Klaus-Walter Hoberg zieht sich aus altersbedingten und gesundheitlichen Gründen zurück. Nachfolgersuche verläuft im Sande.

Die Attendorner Innenstadt wird um einen traditionsreichen und seit jeher familiengeführten Einzelhändler ärmer: Das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte „Schuhhaus Hoberg“ schließt zum 31. Oktober – nach 165 Jahren. Am Mittwochabend informierte Geschäftsführer Klaus-Walter Hoberg seine Mitarbeiterinnen darüber, dass er keinen Nachfolger gefunden habe.

Der 77-Jährige, der seit Anfang der 1960er Jahre den Betrieb in vierter Generation führt, kann und will aus altersbedingten und gesundheitlichen Gründen nicht mehr weitermachen. Hobergs einzige Tochter arbeitet als Ärztin und scheidet somit für eine Nachfolge aus. Ebenso im Sande verlief der Versuch, über eine Genossenschaft jemanden zu finden, der das Geschäft hätte weiterführen wollen. „Die Reaktionen waren äußerst dürftig. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagen heute nicht mehr viele“, erklärte Hoberg, der seinen 20 Mitarbeiterinnen am Mittwochabend schweren Herzens auch gleich die Kündigungen aushändigte.

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Das "Schuhhaus Hoberg" in der Attendorner Innenstadt schließt seine Pforten zum 31. Oktober. © Flemming Krause

„Das ist eine wirklich traurige Nachricht“, bedauerte Attendorns Bürgermeister Christian Pospischil. Er hob im Gespräch mit dieser Redaktion den Stellenwert des Traditionsbetriebes aus der Ennester Straße hervor. „Schuh Hoberg war ein Magnet für den Einzelhandel. Wir sind dankbar, wie Klaus-Walter Hoberg seinen Laden über Jahrzehnte geführt hat und wie er mit der Stadt zusammengearbeitet hat. Er hat sich voll und ganz mit Attendorn identifiziert“, lobte Pospischil, der Unterstützung bei der Suche nach einem Nachmieter anbot. Mit Blick in die Zukunft ergänzte er: „Wir wollen die Einzelhandelsqualität in Attendorn aufrecht erhalten und daran arbeiten wir auch.“

Tränen bleiben nicht aus

Dass bei der Bekanntgabe auch ein paar Tränen flossen, wollte Ulla Schade, der verlängerte Arm Hobergs und seit knapp 40 Jahren im Betrieb, gar nicht verhehlen. „Wir waren in einer Stockstarre. Es war so leise, wie bei 20 Frauen sonst nie“, berichtete die 59-Jährige. Für die Belegschaft kam weniger die Nachricht an sich als viel mehr der Zeitpunkt überraschend. „Wir haben ja auch gewusst, dass Herr Hoberg sein Geschäft nicht so lange fortführt, bis er 100 Jahre ist“, sagte Schade. Der Chef selbst brachte vor seinen Mitarbeiterinnen, aber auch im Gespräch mit dieser Redaktion, seine große Wertschätzung und Dankbarkeit für die enge Verbundenheit seiner Verkäuferinnen zum Ausdruck.

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Diese ist tatsächlich beeindruckend: Denn durchschnittlich, so erklärte Ulla Schade, würden die Mitarbeiterinnen 20 Jahre im Geschäft bleiben. Sie selbst ist doppelt so lange Angestellte im Schuhhaus. „Wir haben hier ein sehr familiäres Umfeld und eine nur sehr geringe Fluktuation“, erklärte sie. Nur dadurch sei es auch möglich gewesen, dass die Kunden nicht nur aus dem Kreis Olpe, sondern etwa auch aus dem Märkischen Kreis oder sogar aus Oberhausen kamen.

Parallelentwicklungen wie beispielsweise der steigende Internet-Handel haben keine Rolle bei der Entscheidung gespielt, erklärte der Geschäftsführer. Wenngleich man dieses Konkurrenzangebot natürlich gespürt habe. Schade: „Auch wir haben feststellen müssen, dass Kunden zu uns kommen, um sich beraten zu lassen und um Schuhe anzuprobieren, diese dann aber online kaufen.“ Die Stammkundschaft sei aber geblieben.

Zeit für die Job-Suche

Dass Hoberg „erst“ Ende Oktober schließt, begründet der Chef damit, dass er seinen Mitarbeiterinnen möglichst viel Zeit geben möchte, sich neu zu orientieren und eine neue Anstellung zu finden. Dabei drückt auch Christian Pospischil die Daumen: „Die Schließung ist sicher für viele ein Schock, vor allem für die Beschäftigten. Ich hoffe, dass möglichst alle eine neue berufliche Perspektive finden.“ Keine einfach Aufgabe, das weiß auch Ulla Schade, die nun selbst betroffen ist. „Ich mache mir schon ein bisschen Sorgen, im Umkreis gibt es nur wenige Möglichkeiten, in einem vergleichbaren Betrieb unterzukommen.“ So viel ist klar: Der Abschied wird schwerfallen, denn für die Mitarbeiterinnen ist das Schuhhaus längst zu einem zweiten Zuhause geworden.