Ottfingen.. Eva und Erhard Schmidt geben nach fast zehn Jahren die Wirtschaft „Jakob“ auf. Auch das Lebensmittel- und Getränkegeschäft macht bald dicht.
Kein Bierchen an der Theke mehr und kein Krüstchen „Art des Hauses“. Und ebenso kein Einkauf vor Ort. Ende des Jahres schließt in Ottfingen „Evi’s Eck“ und damit die letzte Kneipe der Ortschaft. Und auch Michael Arns macht dann die Türen seines Lebensmittel- und Getränkemarktes für immer zu.
Kein Pächter in Sicht
„Mein Mann ist bereits in Rente und ich werde im April 65 Jahre alt“, erklärt Gaststätten-Inhaberin Eva Schmidt. Seit fast zehn Jahren führt das Ehepaar den ehemaligen „Jakob“, der Anfang der 1960er-Jahre eröffnete. Früh- und Dämmerschoppen, Versammlungen, Kegeln und Kindergeburtstage müssen nun woanders stattfinden. Aber wo? „Ein neuer Pächter ist nicht in Sicht“, sagt Eva Schmidt. „Er müsste auch wirklich geeignet sein. Ohne Speisekarte geht nichts. Nur vom Bier zapfen kann man nicht leben“, weiß die Chefin und fügt hinzu: „Danken möchten wir den Ottfingern. Das ist uns ganz wichtig. Sie haben uns immer unterstützt und sind sehr engagiert.“
„Bei uns stirbt immer mehr Infrastruktur. So wie früher ist es halt nicht mehr“, bedauert Ortsvorsteher Hubert Halbe die Entwicklung zutiefst. Die Sparkasse und die Volksbank habe man verloren und nun bald auch das letzte Lebensmittelgeschäft und die noch einzig verbliebene Gaststätte. Gleichwohl habe man sich vor zwei Jahren schon mit der „Zukunftswerkstatt“ auf den Weg gemacht, Perspektiven zu entwickeln und die Zukunft zu gestalten. Und sowieso seien andere Ortschaften in der Nachbarschaft, wie beispielsweise Altenhof, schlechter dran, versucht Hubert Halbe Optimismus zu verbreiten. „Bei uns ist es lange gut gegangen. Wir sind jetzt in der Findungsphase und in Gesprächen, wie es weitergehen kann“, führt er dann die ehemalige Grundschule als optionalen Ort für einen zukünftigen Kommunikation-Treffpunkt an.
Entgegen der Prognosen
Rund 2150 Einwohner in etwa 750 Haushalten leben in der viertgrößten Ortschaft der Gemeinde Wenden. Mit durchaus positiver Grundtendenz und allen Unkenrufen zum Trotz. „Entgegen der Prognosen der Gemeindeverwaltung hatten wir vor drei Jahren 22 Geburten, vor zwei Jahren 21 Geburten und im letzten Jahr 23 Geburten“, weiß Hubert Halbe. „Das wären dicke Klassen gewesen“, beklagt er in dem Zusammenhang auch die Grundschulschließung 2016.
Dass angesichts der negativen infrastrukturellen Entwicklung weniger Menschen und vor allem weniger junge Familien im Ort leben wollen, befürchtet Halbe nicht. „Die sind beweglich und flexibel und kaufen zumeist in den größeren Geschäften in anderen Orten.“
Ein Plus sei dazu der Bürgerbus, der zweimal täglich nach Rothemühle, Wenden und Hünsborn fahre. „Wenn 25 Prozent der Bevölkerung hier vor Ort einkaufen würde, kann sich ein Lebensmittelgeschäft lohnen“, überlegt der Ortsvorsteher indes.
Viel Arbeit, wenig Verdienst
„Viel Arbeit, ein immenser Zeitaufwand und immer weniger Umsatz“ sei der Grund dafür, dass er sein Geschäft schließe. „Meine Frau und ich stehen hier jeden Tag zehn Stunden und haben einen Verdienst, für den eigentlich nur einer gehen dürfte. Es hat keinen Zweck mehr.“
Die Anfänge des Geschäftes datieren sich auf 1908. Damals gründete Großvater Peter Arns eine Bäckerei. Diese übernahm in den 1950er-Jahren dessen Sohn Anton, heute in Händen der Familien-Bäckerei Junge.
Sohn Paul eröffnete den Lebensmittelmarkt. Seit 1981 leitet ihn wiederum dessen Sohn Michael Arns, der demnächst seinen 60. Geburtstag feiert und nun für immer das Licht ausmacht. „Wir überlegen noch, was mit dem Gebäude überhaupt möglich ist“, sagt er weiter. Dass sich ein Pächter findet, der das Geschäft weiterführen könnte, kann er sich nicht vorstellen. „Das hat doch keinen Sinn.“
Auch die Fleischerei Alterauge, die in dem Markt eine Filiale führt, weiß noch nicht, wohin die Reise geht. „Was soll ich machen. Ich weiß das erst seit letzter Woche“, sagt Christoph Alterauge. „Spontan ist mir noch kein geeigneter Standort für uns in Ottfingen eingefallen.“
In Ottfingen wird es also bald keine Lebensmittel und keine Kneipe mehr geben – aus unterschiedlichen Gründen. Bei dem einen hapert es an der Nachfolge, bei dem anderen an den Kunden. Was bleibt sind ein paar Friseure, eine Bäckerei und ein Geldautomat – letzterer zumindest bis 2020.
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