Attendorn. . Planungen für neue Wohnbaugebiete in Neu-Listernohl oder Am Hellepädchen laufen auf Hochtouren. Ein wichtiges Thema, denn es drohen Abwanderungen

Die Planungen für das neue Wohnbaugebiet im nördlichen Neu-Listernohl laufen auf Hochtouren. Hinter der Akademie Biggesee, zwischen Ewiger Straße und Petersburger Weg, entstehen rund 40 Bauplätze. Das gesamte Areal befindet sich in städtischem Besitz. „Die Nachfrage ist schon jetzt riesengroß“, sagt Baudezernent Carsten Graumann. Er weiß, dass viele Einheimische, aber auch Berufstätige, die jeden Tag in die Hansestadt pendeln, mit einem Eigenheim auf Attendorner Terrain liebäugeln. Ein neues Gebiet für Häuslebauer soll auch Am Hellepädchen nahe der Stadt entstehen. Mit etwa 30 Bauplätzen. „Wir müssen Arbeitsplatz und Wohnsitz in Einklang bringen und Wohngebiete mit neuen Wohnbauflächen ausstatten“, sagt Graumann.

Die Fraktionen

Für diesen Ansatz bekommt er reichlich Zuspruch aus den Fraktionen. „Die Ausweisung von Baugebieten in den Dörfern ist von immenser Wichtigkeit“, betont etwa der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Bock. Gerade junge Familien würden die Dörfer verlassen und in die Städte ziehen. Laut Attendorner SPD-Chef seien Politik und Verwaltung deshalb gefordert. Denn: Bürokratische Hürden, etwa beim Genehmigungsverfahren, schreckten Interessenten ab. Hinzu kommt laut Bock: „Fehlende Infrastruktur wie Banken, Kindergärten oder Schulen, aber auch das Sterben von Banken, sorgen für eine fehlende Identifikation und Bereitschaft von jungen Leuten, in ihren Dörfern zu bleiben.“

„Wichtig ist, dass in den Ortsteilen Baumöglichkeiten geschaffen werden. Uns geht es darum, dass auch Kinder die Möglichkeit haben, in ihrem sozialen Umfeld zu bauen“, ergänzt Wolfgang Teipel, Fraktionsvorsitzender der CDU. Auch der Unionspolitiker weist darauf hin, dass sich vor allem junge Familien aus den Dörfern verabschieden würden, wenn Anreize wie neue Wohnbauflächen nicht geschaffen würden. Gleichzeitig sollten Dorfgemeinschaften offen für neue, ortsfremde Nachbarn sein. „Es gibt viele gute Beispiele, wo sich neu hinzugezogene Familien engagiert für das Dorf- und Vereinsleben einbringen“, ergänzt Teipel. Die UWG erkenne die Notwendigkeit auch, schränkt jedoch ein: „Wenn wir großartig ausweisen, dann muss auch geklärt sein, wo, wann und was zuerst. Alles auf einmal bebauen können wir auch nicht“, sagt Winfried Richard.

An dieser Stelle in Neu-Listernohl, rückwärts der Akademie Biggesee gelegen, entsteht ein neues Wohnbaugebiet
An dieser Stelle in Neu-Listernohl, rückwärts der Akademie Biggesee gelegen, entsteht ein neues Wohnbaugebiet © Flemming Krause

Marius Becker von der Fraktion FDP/Die Grünen erklärt auf Nachfrage: „Wir brauchen diese Flächen, weil sonst interessierte Familien ins Umland abwandern. Diese neuen Baugebiete sollten aber vorsichtig geplant und durch eine wirksame und zielgerichtete Förderung und Unterstützung für die Modernisierung von Altbauten flankiert werden. Denn sonst wird es zukünftig insbesondere in den Dörfern zunehmend Leerstände geben.“ Er ergänzt: „Diesem Donut-Effekt, Neubau außen, Leerstand in der Dorfmitte, muss mit intelligenter Förderung zum Kauf und zur Sanierung von Altbauten entgegen gewirkt werden.“

Die Situation in Zahlen:

Er weist in diesem Zusammenhang auf das öffentlich einsehbare und freiwillige Baulückenkataster der Hansestadt Attendorn hin. Dieses führt derzeit knapp 500 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von mehr als 55 Fußballfeldern (44 Hektar) in der Kategorie A auf, sie wären also kurzfristig bebaubar.

Zur Einordnung: Nimmt man eine durchschnittliche Grundstücksgröße von 800 Quadratmetern, wären bei dieser Rechnung rund 550 Baugrundstücke möglich. Marius Becker weiß aber auch: „Leider stehen die meisten dieser Flächen nicht dem freien Markt zur Verfügung.“ Das belegt ein Blick in genanntes Baulückenkataster, das derzeit „nur“ sechs Baulücken, allesamt in Lichtringhausen und Neuenhof, aufweist.

Andererseits gibt es laut Flächennutzungsplan der Stadt Attendorn genügend Flächen für Wohnbaugebiete. Laut Graumann gebe es derzeit ein Potenzial von etwa 60 Hektar (einschließlich der bekannten Baulücken). Und einige dieser Flächen befinden sich auch im Besitz der Hansestadt. Beispiel Dünschede: 33 Bauplätze wurden dort verkauft, 30 davon aus städtischer Hand und nur drei von privaten Grundstücksbesitzern. Ab 2023 würden dort elf weitere Grundstücke angeboten, allesamt im Besitz der Stadt. In Biekhofen (rund 40 Bauplätze), Ennest (13 Bauplätze, Häuser werden dieses Jahr gebaut) oder Niederhelden (14 Baugrundstücke, die Bauarbeiten sollen bald beginnen) befinden sich die Flächen hingegen im Privatbesitz. Und in Windhausen, Lichtringhausen oder Mecklinghausen wird zudem an kleineren Baugebieten, vorrangig für die Eigenentwicklung der Dörfer, gearbeitet.

Übrigens: Der Ausschuss für Planung und Umwelt hatte 2016 in diesem Kontext einen Arbeitskreis „Wohnbauflächenentwicklung“ eingerichtet, der jährlich tagt und Prioritäten auflistet.