Lennestadt. Schauspiel „Wunschkinder“ bei der Kulturgemeinde. Schwieriges Thema hervorragend auf die Bühne gebracht.
Das Theater der Lennestadt war am Dienstagabend proppenvoll. Das Ensemble der Konzertdirektion Landgraf in bestechender Spiellaune, das Schauspiel „Wunschkinder“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz war alles andere als leichte Kost. Das sensible Publikum im PZ in Meggen geizte nicht mit wohl verdientem Applaus.
Es ist nicht erst seit einigen Generationen ein pädagogischer und ergo menschlicher Dauerbrenner, das Thema Kindererziehung. Die Bandbreite ist groß zwischen drastischer Diktatur samt Unterdrückung jeglicher individueller Entwicklungsmöglichkeiten des eigenen Nachwuchses bis hin zu allumsorgenden Helikopter-Zwanghaftigkeiten. Zwei Dinge stehen dabei von vornherein fest: Mama und Papa wollen doch stets nur das Beste fürs Söhnchen oder Töchterlein. Und: Was sie dabei auch anstellen - es ist sowieso verkehrt. Wenn es für Kinder aber überhaupt keine Spielregeln gibt, ist eine gelungene Erziehung keinesfalls garantiert. Das musste schon Jean Jacques Rousseau feststellen, der bei seinen Kindern den Laissez- faire-Erziehungsstil praktizierte. Etliche von ihnen wurden später in einer „Anstalt“ betreut.
Bei ihrer beruflichen Karriere schleifen Gerd (für den erkrankten Martin Lindow verkörperte Steffen Gräbner die Rolle) und Gattin Bettine (Ulla Wagener) ihren Filius Marc (Lukas Schöttler) mit durch die Weltgeschichte. Sohnemann frustriert, der karrierebeflissene Herr Papa enttäuscht vom 19-jährigen Langzeitpubertierenden, über den die Mama und Tante Katrin (Claudia Wenzel) ihre schützenden Händchen zu halten sucht. Marc lernt die ebenso junge wie ehrgeizige Selma (Josepha Grünberg) und deren psychisch schwer ramponierte Mutter Heidrun (Katharina Heyer) kennen, und fortan hält ihn nun gar nichts mehr zu Hause.
Anstoß zum Nachdenken
Schnell ist Selma schwanger, und schon mischen sich Marcs Eltern wieder ein. Vorzeige-Alleinerzieherin Katrin offenbart in ihrer Lebensbeichte, dass das Schicksal auch mit ihr nicht immer schonend umgegangen ist. Die Frage nach einer Abtreibung erübrigt sich, Selma verliert ihr ungeborenes Kind. Gerd und Bettine verschlägt es nach Arabien, Filius Marc trennt sich von Selma.
Regisseur Volker Hesse beweist in seiner Inszenierung große Texttreue, präsentiert die Charaktere gestochen scharf. Riskiert dabei hyperbolische Überzeichnungen bis hin zur Schwarz-Weiß-Malerei. Sicherlich keine seichte Unterhaltung. Sondern ein Theaterstück, das trotz stellenweiser Überfrachtung zum Nachdenken anregt.