Kreis Olpe/Attendorn. Die 53-jährige Kinderärztin aus Attendorn wagt den Schritt auf die große politische Bühne.

Jetzt ist es amtlich: Die in Attendorn wohnende und seit vielen Jahren als Kinderärztin praktizierende Sozialdemokratin Nezahat Baradari wird wie erwartet ab heute dem Deutschen Bundestag angehören. Die Vorentscheidung war bereits im Sommer vergangenen Jahres gefallen (wir berichteten), nachdem sich abzeichnete, dass SPD-Staatssekretär Ulrich Kelber aus Bonn ab dem neuen Jahr neuer Bundesdatenschutzbeauftragter sein und sein Bundestagsmandat abgeben würde.

Die Konsequenz: Baradari, die bei der Bundestagswahl für den Wahlkreis Olpe-Märkischer Kreis I auf der SPD-Landesliste direkt hinter Kelber positioniert war, hatte den Einzug in den Bundestag haarscharf verpasst und rückt deshalb jetzt nach.

Auch interessant

Angst vor der neuen Aufgabe hat die Deutsch-Türkin, die auch noch die iranische Staatsbürgerschaft besitzt (siehe Infobox) nicht: „Es ist eine große Herausforderung, die ich aber gerne annehme.“ Allein von ihrer beruflichen Kompetenz her würde sie natürlich gerne in der Gesundheits- und Familienpolitik Akzente setzen, einen Sitz im Gesundheitsausschuss, weiß die 53-Jährige, ist aber nicht vakant: „Ulrich Kelber war nicht Mitglied eines Ausschusses, deshalb wird mit dem Wechsel nicht automatisch ein Sitz frei.“

Hintergrund: Der Ausschuss für Gesundheit hat derzeit 41 Mitglieder, davon gehören 14 der Fraktion der CDU/CSU an, neun der Fraktion der SPD, jeweils fünf den Fraktionen der AfD und der FDP sowie jeweils vier der Fraktion Die Linke und der Grünen.

Rückkehr in Praxis kein Problem

Dass ihre bundespolitische Karriere nach einem vorzeitigen Aus der Großen Koalition schnell wieder beendet sein könne, bereitet Baradari ebenfalls keine schlaflosen Nächte: „Dann würde ich in meine Arztpraxis in Attendorn zurückkehren. Da ist reichlich Arbeit - auch für zwei Ärzte.“ Hintergrund: Nach der Wahl Kelbers habe sie zwar ganz konkret einen Nachfolger für ihre Praxis gesucht, die Notwendigkeit einer personellen Verstärkung habe es aber schon vorher gegeben: „Ich habe schon seit etwa zwei Jahren einen weiteren Kinderarzt für meine Praxis gesucht, aber es ist sehr schwer, jemanden zu finden.“ Gerade ihre vielfältigen Interessen für Naturheilverfahren, Akupunktur und Kinder-Psychotherapie hätten mangels dieser Entlastung hinten anstehen müssen. Ihre Praxis in Attendorn übernimmt als Angestellter fortan Christian Weber, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.

Auch interessant

Jetzt schaut die Wahl-Attendornerin allerdings erst einmal nach Berlin. Zur Situation und der Zukunft der bei vielen Sozialdemokraten umstrittenen Großen Koalition sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich bin kein Hellseher, zunächst müssen wir die Europawahlen und die Wahlen in Ostdeutschland abwarten.“

Zu viel Streitigkeiten in GroKo

In der jüngeren Vergangenheit sei das Erscheinungsbild von Streit geprägt gewesen, wofür allen voran Horst Seehofer verantwortlich gewesen sei.

„Solche Unstimmigkeiten geben dem Bürger keine Sicherheit. Ich denke aber, dass das Bild der GroKo in der Öffentlichkeit schief hängt.“ Die Arbeitserfolge seien unverkennbar. So habe die SPD unter anderem in der Rentenpolitik gute Positionen besetzt.

Zunächst will Baradari dafür sorgen, dass im heimischen Wahlkreis Ansprech-Möglichkeiten vorhanden sein werden: „Es werden schnellstmöglich zwei Wahlkreisbüros eingerichtet, eins in Lüdenscheid, ein weiteres im Kreis Olpe.“