Attendorn. . Schüler der St.-Laurentius-Schule arbeiten regelmäßig mit dem Therapiepferd zusammen. Doch der Fortbestand dieses Angebots steht auf der Kippe:
Vorsichtig verlässt Lennart seinen festen Sitz im Sattel und winkelt die Beine an. In Windeseile drückt sich der 7-Jährige nach oben. Schon steht er auf dem Rücken von Pferd Flicka. Es sieht spielend leicht aus. Hilde Schulte-Schmies beobachtet genau, wie sich Lennart, der die St.-Laurentius-Förderschule in Attendorn besucht, auf dem Rücken des Pferdes verhält. Gemeinsam mit Amelie (7) und Elias (10) steht für den Schüler an diesem Montagmorgen das Fach „Heilpädagogisches Reiten“ auf dem Stundenplan.
Seit rund zwei Jahren im Stall
„Die Kinder holen sich bei Flicka genau das ab, was sie gerade brauchen“, erklärt Schulte-Schmies, ausgebildete Fachkraft für therapeutisches Reiten. Bereits seit 1983 betreut und trainiert sie die Kinder und Jugendlichen der Laurentius-Schule, die ihren Schwerpunkt auf geistige Entwicklung legt, in der Halle und auf dem Außengelände des Attendorner Reitvereins. Dreimal die Woche, jeweils in zwei Kleingruppen. Therapiepferd Flicka, das seit etwa zwei Jahren hier im Stall steht, übt dabei auf die Schüler eine hohe Faszination und Motivation aus.
1975 gegründet, knapp 100 Mitglieder, 14 Pferde
Der Reitverein Attendorn-Askay ist 1975 gegründet worden und hat knapp 100 Mitglieder.
Neben der Halle, die eine Auslauffläche von 20 mal 40 Meter bietet, ist der Verein im Besitz zweier Außenplätze und hat zudem eine Stallung für die 14 Pferde angemietet.
Und das Pferd, ein Freiberger, hilft ihnen ungemein bei der persönlichen Entwicklung. Die Schüler lernen Vertrauen und Selbstwertgefühl aufzubauen, in dem sie Flicka führen oder streicheln. Sie lernen ihre Konzentration hochzuhalten, wenn sie neben dem Therapiepferd herlaufen. Sie lernen, Ängste abzubauen und Sozialverhalten aufzubauen, Verantwortung zu übernehmen und Körperbeherrschung zu üben.
Pferd speziell trainiert
„Unsere Schüler erfahren sehr früh die Bewegungsabläufe auf und mit Flicka“, betont Schulte-Schmies und ergänzt: „Sie verstehen, wie sie das Pferd führen müssen, ohne dabei durch die Halle zu stolpern. Dabei holt Flicka sie genau dort ab, wo sie in ihrer Entwicklung stehen.“ Der achtjährige Freiberger ist für diese Therapiestunden besonders geschult. Sie ist brav, menschenbezogen, besitzt einen unempfindlichen Rücken und beherrscht Schritt, Trab und Galopp.
All diese Fähigkeiten und diese scheinbar endlose innere Ruhe Flickas sind zwingend von Nöten, ansonsten könnten Lennart, Amelie und Elias nicht das machen, was ihnen so viel Freude bereitet: Unter Flicka hindurch laufen, von ihrem Hinterteil herunter rutschen oder kleinere Turnübungen auf ihrem Rücken machen.
Sorgenfalten auf der Stirn
„Flicka ist ein unglaublich verträgliches Tier“, lobt Hilde Schulte-Schmies. Der Erfolg, davon sind sie und die Schule überzeugt, gibt ihr Recht. Ein paar Meter entfernt steht Werner Hilleke, Kassierer des Reitvereins, der eine langjährige Kooperation mit Laurentius-Schule pflegt. Und genau diese soll noch möglichst lange Bestand haben. Doch Hilleke treiben Sorgenfalten auf die Stirn.
Denn das Dach der Reithalle, mittlerweile 40 Jahre alt, ist dringend sanierungsbedürftig. Das Schieferdach hat sich verzogen, es gibt Rostschäden, die Halle ist im Innen- wie Außenbereich undicht und dann ist die Halle zu einer Seite hin abgesackt, wodurch auch neue Abflüsse erforderlich sind. Die voraussichtlichen Kosten für eine grundlegende Erneuerung belaufen sich auf rund 115.000 Euro, 15.000 Euro wird davon die Stadt Attendorn beisteuern.
„Das ist nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein“, macht sich Hilleke Sorgen um die weitere Finanzierung.
Und er weiß: „Für uns ist das hier eine ernste, existenzbedrohende Lage.“ Denn davon hänge auch die Zukunft des therapeutischen Reitens ab. Für Lennart, Amelie und Elias sind diese Sorgen weit weg. Sie genießen es sichtlich, mit Flicka arbeiten zu dürfen.