Olpe. . Gretel Kemper, seit fast 15 Jahren sachkundige Bürgerin im Bauausschuss, beobachtet die Entwicklung in Olpe seit den 60er Jahren. Eine Bilanz:

Wenn es um Fragen des Denkmalschutzes geht, hat ihr Wort Gewicht: Gretel Kemper (80), seit fast 15 Jahren sachkundige Bürgerin im Olper Bauausschuss zu diesem Thema, hat ihr Amt aus persönlichen Gründen zur Verfügung gestellt. Seit Anfang der 60-er Jahre war und ist sie aufmerksame Beobachterin des Stadtgeschehens und hat einige Artikel als Mitglied des Heimatvereins veröffentlicht. Wir durften der kultur- und heimatbeflissenen Seniorin einige Fragen stellen.

Frau Kemper, wie lange beschäftigen Sie sich mit kunsthistorischen Dingen wie dem Denkmalschutz?

Gretel Kemper: Ich habe Anfang der 60-er Jahre Kunstgeschichte studiert.

Was hat Ihre Begeisterung für Kunst geweckt?

Ich bin in der Nähe von Worpswede, dem bekannten Künstler-Dorf bei Bremen, großgeworden. Meine Eltern hatten Kontakt zu den dort schaffenden Künstlern, so dass ich als Kind schon häufig in Ateliers mitbekommen habe, was Kunst eigentlich bedeutet. Und irgendwann habe ich angefangen, selbst zu malen oder Plastiken zu fertigen.

Seit wann leben Sie in Olpe?

Seit 1963.

Warum setzen Sie sich speziell für Bauästhetik und Denkmalschutz ein?

Weil die alten Dinge soviel Schutz und Vertrauen auslösen, bei mir jedenfalls, dass ich es für wichtig, ja notwendig halte, das für die nächsten Generationen zu erhalten. In einer Retortenstadt zu leben, würde mich seelisch umbringen.

Silberner Ehrenbecher für umfangreiche Verdienste

Gretel Kemper wurde am 15. September 1938 in Bremen geboren. Nach dem Abitur studierte sie Kunstgeschichte.

Seit 1963 lebt sie in Olpe, ist seitdem mit dem Olper Unternehmer Herbert Kemper (Gebrüder Kemper) verheiratet und hat drei Töchter.

Als Elternsprecherin des St. Franziskus-Gymnasiums war sie seit Mitte der 1980-er Jahre viele Jahre sachkundige Bürgerin im Olper Schulausschuss und später viele Jahre lang sachkundige Bürgerin im Bauausschuss – unter anderem für die Belange des Denkmalschutzes.

1999 verlieh ihr die Stadt Olpe den Silbernen Ehrenbecher für ihre umfangreichen Verdienste für das Wohl und Ansehen der Stadt Olpe.

Was verstehen Sie unter Retortenstadt?

Eine Stadt ohne historischen Hintergrund, also beispielsweise eine Stadt, die irgendwann auf dem Zeichenbrett entworfen und gebaut wird, mit zweckmäßigen Kuben, wie es teilweise in Brasilia gemacht worden ist.

60 Jahre Olpe, das ist eine sehr lange Zeit. Welches waren in dieser Zeit aus Ihrer Sicht die größten Bau- bzw. Abriss-Sünden in der Stadt?

Viele Olper trauern der alten Post hinterher, die dort stand, wo sich heute das Lorenz-Jaeger-Haus befindet. Aber auch das alte Mutterhaus der Franziskanerinnen wird zu Recht vermisst. Ich schwärme zwar nicht für Neugotik, aber es war schon ansehnlich. Das sind so die großen Häuser, die auffallen, wenn sie verschwinden, aber auch kleine Häuser können wichtig für ein Stadtbild sein.

Welche zum Beispiel?

Es gibt endlos viele Beispiele. Zurzeit wird ein Haus in der Felmicke abgerissen, was mich auch sehr traurig macht. Aber wenn man sieht, wie die Balken aussehen, aus denen dieses Haus zusammengefügt ist, kann ich verstehen, dass Menschen sagen: Ich würde das Haus gerne anschauen, aber nicht dort wohnen.

Warum nicht?

Man muss so ein Haus lieben. Das Wohnen darin kann sehr teuer werden - und ist nicht praktisch. Solch alte Bausubstanz muss mitunter mit sehr aufwendiger Technik instand gehalten werden.

Was muss Olpe tun, um attraktiv zu bleiben?

Bleiben wie es ist. Ich will es nicht verändert haben. Wir haben Schulen für unsere Kinder, zu denen sie zu Fuß gehen können, Freizeitmöglichkeiten rundherum, immer wieder Ausstellungen und Konzerte - und so weit ist Köln ja auch nicht.

Sie haben Olpe lieb gewonnen?

Ja.

Wird es gelingen, das alte Olpe mit dem neuen Olpe zu verbinden?

Ich hoffe es.

Das Thema Museum beschäftigt Sie seit Jahren. Glauben Sie, dass der Plan, es im neuen Olpe zu integrieren, gelingt.

Ja. Es gibt gute Ideen. Die Verwaltungsspitze und Stadtrat waren kürzlich im Venloer Rathaus. Da kommt man direkt am Eingang an Vitrinen vorbei und ist sofort schon in so etwas wie einem Museum.

Worauf muss die Politik achten, wenn es um das Stadtbild geht?

Dass es Menschenmaß behält.

Was bedeutet das?

Keine zu großen Plätze und eine gemischte Bebauung mit dem richtigen Verhältnis von Wohnhäusern und Geschäften. Also keine Wohnviertel für sich und Geschäftsviertel irgendwo separat.

Welche historischen Gebäude in der Stadt Olpe liegen Ihnen besonders am Herzen?

Alle Häuser rund um den Marktplatz. Weil die zusammen dieses typische Bild ergeben. Ein geschlossener Raum, der nicht zu groß ist. Wo die Häuser sich gegenseitig optisch stützen und nicht eines das andere tot schlägt.

Ist der Marktplatz das ästhetische Herz der Stadt?

Eigentlich ja. Die schönste ,Ecke’ im Stadtkern. Ich würde gerne am Marktplatz wohnen, zudem man im Alter ja nicht mehr so gut hört und weniger geräuschempfindlich ist.

Da haben Sie ja noch einige Jahre Zeit.

Oh, vielen Dank.

Wissen Sie, wie viele Artikel Sie für heimatgeschichtliche Publikationen geschrieben haben?

Nein, ich sammel die ja nicht. Aber es waren schon einige.

Woran arbeiten Sie zurzeit?

Ich schreibe über die Kreuzkapelle. Es ist eine besonders schöne Kapelle. Man darf sie einfach nicht vergessen. Auch die anderen Kapellen rundherum. Wenn man spazieren geht und sieht die Valentinskapelle - es ist immer eine Freude damit verbunden, und sie ist ein Zeichen dafür, dass das hier eine von christlicher Kultur geprägte Landschaft ist.

Wer unterhält diese Kapellen?

Das ärgert mich ein wenig. Sie werden von der Kirche und den Kirchgängern unterhalten. Freuen tun sich aber daran alle Olper und ihre Besucher. Eigentlich müsste die Stadt auch helfen, da es sich um Kulturgüter handelt, sozusagen Denkmäler. Viele Leute verschicken ja auch Weihnachtskärtchen aus der Stadt Olpe, auf denen die Kapellen zu sehen sind, die Rochuskapelle, das älteste Gebäude der Stadt oder die Valentinskapelle. Sie sind einfach bildschön, wie auch die Matthäuskapelle in Rüblinghausen. Es wäre schön, wenn die Kreuzkapelle auch wieder läuten würde, den Angelus - dreimal am Tag. Man würde sie wieder bewusster wahrnehmen.

Wenn die Gute Fee Ihnen einen Wunsch für die Stadt Olpe erfüllen könnte, welcher wäre das?

Dass möglichst viele kleine Geschäfte in der Stadt erhalten bleiben. Inhabergeführte Geschäfte.