Attendorn. . Anwohner, Politiker und Verwaltung aus der Hansestadt wollen Kompaktmasten durchsetzen. Dafür protestieren sie auch auf der Bürgersprechstunde:
Katja Roll-Busenius ließ ihrer Verärgerung freien Lauf. „Wir waren uns lange nicht der Gefahr für unsere Kinder bewusst. Heute ist mein Kind noch gesund, doch ich habe Angst, dass es Schaden nimmt“, schäumte die Attendornerin vor Wut, als sie am Mittwochabend mit rund 50 Begleitern eine Bürgersprechstunde der Amprion in Attendorn aufsuchte. Zur Erklärung: Der Netzbetreiber scheint beim Bau der 380-kV-Höchstspannungsleitung, die von Dortmund durch die Hansestadt bis nach Rheinland-Pfalz gebaut werden soll, auf die herkömmlichen Stahlgittermasten setzen zu wollen. Und eben nicht auf die von Attendorner Bürgern, Politikern und der Verwaltung geforderten Kompaktmasten.
Wie bereits berichtet, hatte Amprion nämlich vor wenigen Tagen den Planfeststellungsantrag für den Bau dieser Trasse bei der Bezirksregierung eingereicht und veröffentlicht. Aus den Unterlagen wird ersichtlich, dass zwischen Attendorn und Ennest gleich sechs 60 Meter hohe Winkelabspannmasten in Folge errichtet werden sollen. „Das ist der absolute Supergau“, äußerte sich Dorothe Rocksloh, die die Interessen vieler betroffener Anwohner entlang der Trasse vertritt, bereits verständnislos zu den Plänen in dieser Zeitung. Laut Amprion seien besagte Winkelmasten, die deutlich massiver in ihrer Form sind, aufgrund der leicht zickzack-förmigen Streckenführung unabdingbar.
Grünes Licht der Bundesnetzagentur
Unter die verärgerten Bürger mischten sich am Mittwoch auch Vertreter der Attendorner Fraktionen. „Wir vertreten die Interessen unseres Stadtgebiets und möchten, dass die Menschen hier mit möglichst wenigen Emissionen leben“, machte sich Ulrich Selter (CDU), 2. Bürgermeister, für die Kompaktmasten stark. Er ergänzte: „Im Übrigen hat die Bundesnetzagentur grünes Licht für Kompaktmasten gegeben und würde zusätzliche Kosten sogar übernehmen.“ Auf Nachfrage bei der Bundesnetzagentur heißt es, dass die Entscheidung zwar die Bezirksregierung Arnsberg treffe, man sich aber nicht bei der Anerkennung der Kosten verschließen würde.
„Wichtig ist, dass wir die Bürger vertreten und sie die Politik hinter sich wissen. Das hier ist keine parteipolitische Sache“, ergänzte Ulrich Bock (SPD). „Ich bin ziemlich enttäuscht und wütend, was hier zu Papier gebracht wurde“, beklagte Ulrike Pagon. Und ein aufgebrachter älterer Herr sagte in Richtung der Amprion-Vertreter lautstark: „Sie haben keine Kinder hier, Sie können gut reden.“
Einsichtnahme im Attendorner Rathaus
Um sich über das Vorhaben näher zu informieren, ist eine Einsichtnahme in die Planfeststellungsunterlagen u. a. während der Öffnungszeiten der Stadtverwaltung im Rathaus Attendorn, Zimmer 18, möglich. Zusätzlich sind die Informationen im Internet auf den Seiten der Bezirksregierung abrufbar.
Die Auslage der Unterlagen erfolgt bis Mittwoch, 5. Dezember. Die Stellungnahmen können über den Zeitraum der öffentlichen Einsichtnahme hinaus bis zum 19. Dezember abgegeben werden. Mehr Infos unter www.attendorn.de/strom
Inhaltlich ging Claas Hammes, Projektsprecher des Netzbetreibers, auf die Forderungen und Anregungen der Bürger nicht ein und zeigte sich laut Juliane Schulte von der Interessensgemeinschaft Osterschlah sehr uneinsichtig. Er verwies mehrfach darauf, dass die Sprechstunde lediglich dazu diene, den Bürgern die Planfeststellungsunterlagen näher zu bringen. „Das ist hier heute kein vorgezogener Erörterungstermin“, mahnet er. Hammes betonte mehrmals, dass die Bürger ja die Möglichkeit hätten, Einwendungen bei der Bezirksregierung Arnsberg zu hinterlassen. Die Frist gilt bis zum 19. Dezember.
Viele der anwesenden Bürger machten sich anschließend nicht auf den Heimweg, sondern schauten auf ihrer Dorfversammlung in Ennest vorbei, wo das Thema ebenso heiß diskutiert wurde. „Das sind richtig große Teile, die man überall sehen wird und die das Ortsbild maßgeblich beeinflussen werden“, sagte der Vorsitzende des Dorfvereins, Bernd Strotkemper und ergänzte: „Eine Drehleiter wird da zum Spielzeug.“
„Wir haben eine harte Nuss zu knacken“, weiß Juliane Schulte. Aufgeben kommt für sie aber nicht in Frage. „Wir möchten bis zum Ende weiterkämpfen.“ Dabei hofft sie auf die Unterstützung der Ennester und vor allem der Stadt Attendorn. „Einwendungen können alle machen. Wer schweigt, der stimmt auch zu“, appellierte Schulte an Bürgermeister Christian Pospischil, die Stadt möge von ihrem Klagerecht Gebrauch machen. Eine Klage werde geprüft, antwortete Pospischil und verwies auf eine Vorlage für die Ratssitzung am 12. Dezember. Für den Bürgermeister geht es in Sachen Höchstspannungsleitung nicht um die Optik. Er betonte: „Das Schutzgut Mensch steht im Vordergrund, nicht das Schutzgut Landschaft. Die Immissionen sind das Problem.“
Eine harte Nuss
Über die weiteren Gespräche macht sich Pospischil keine Illusionen. „Amprion ist eine harte Nuss.“ An der Forderung nach Kompaktmasten halte die Stadtverwaltung aber fest. Auch bei dieser Gelegenheit nutzt Katja Roll-Busenius nochmal die Gelegenheit und richtete einen eindringlichen Appell an die Verantwortlichen, an die gesundheitlichen Risiken gerade für die Kinder zu denken. Bei Besuchen im Kinderhospiz in Olpe habe sie gesehen, was Leukämie bedeute. Deshalb sei die emissionsärmste Variante unumgänglich: die Kompaktmasten.