Attendorn. Der Einstieg in die E-Mobilität: Das Attendorner Unternehmen Mubea arbeitet an Lösungen für den Verkehrsinfarkt in Großstädten.

Ohne sie gefahren zu haben, ohne drauf gesessen zu haben, sogar ohne sie berührt zu haben – allein aus der Betrachtung wird klar: diese beiden können vor Kraft kaum laufen. Mubea hat also Ernst gemacht. Was lange durch den Nebel der Gerüchteküche waberte, ist tatsächlich richtig: An diesem Wochenende präsentieren die Attendorner auf der Eurobike-Messe in Friedrichshafen mit dem U1 und dem XR1 die beiden ersten E-Bikes in der Geschichte des Unternehmens. U steht für „Urban“, XR für Xcross Racer. Die Abkürzungen beschreiben die Einsatzgebiete der beiden Carbon-Geschosse: die Stadt und das Gelände.

Zwei absolute Hightech-Räder „made by Mubea“, die erstens in vielerlei Hinsicht die Spitze dessen markieren, was technisch heute machbar ist und zweitens in dieser Form vermutlich nie über die Straße rollen werden, zumindest nie als „Mubea-Bikes“. „Denn eines“, sagt E-Mobility-Projektleiter Martino Lupo, „wollen wir nicht. Wir wollen kein Fahrzeughersteller werden.“

Aufbruch in neues Geschäftsfeld

Aber warum entwickelt und produziert der Leichtbauspezialist Mubea, der weltweit zu den Top-100-Automobilzulieferern gehört, dann zwei E-Bikes? Martino Lupo freut sich über die Frage und grinst: „Sagen wir mal so, es ist ein Aufbruch in ein neues Geschäftsfeld – in die E-Mobilität.“

Schon bei der 100-Jahr-Feier des Familienunternehmens im vergangenen Jahr hatte Dr. Thomas Muhr angekündigt, dass E-Mobilität eine der künftigen Herausforderungen sein werde.

Und wie ist der Spezialist für Hightech-Produkte in der Automobilindustrie auf Fahrräder gekommen?

Wer das Thema E-Mobilität unterhalb der konventionellen Automotive-Szene auf Mountainbikes und Tourenräder reduziert, greift nach Aussage von Martino Lupo zu kurz: „Der ganze Bereich der Individualmobilität“, sagt Martino Lupo, „wird sich verändern. Und damit auch die Grundlage für einen Teil des Geschäfts von Mubea.“

Und gerade für die E-Mobilität, die vor allem auf Leichtbau angewiesen ist, hat Mubea Lösungen parat: hochfeste Strukturteile aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen und ebenso zuverlässige wie robuste Lösungen, die Ansprüchen aus der Automobilindustrie genügen.

„Das U1“ sagt Martino Lupo, „und auch das Mountainbike sind Träger von Systemkomponenten, die man so oder anders auch in anderen Fahrzeugen finden wird.“ Gemeint sind damit Rahmen, Motor und Getriebe für Fahrzeuge der Zukunft.

Im Fokus stehen vor allem die Innenstädte, die heute schon unter der Verkehrslast zusammenbrechen. Wie bringt der Paketzulieferer seine Pakete an die Tür? Wie werden die Geschäfte in der City beliefert? Wie kommt der Handwerker zum Kunden in der Innenstadt? Künftig wird das nur mit Elektrofahrzeugen möglich sein.

Ein Lastenbike

Ein Beispiel, wie das aussehen kann, ist das gemeinsam mit Pedalpower in Berlin entwickelte Fahrzeug für Fahrradkuriere. Ein solches Dreirad ist keine Weltneuheit, in den Metropolen Ostasiens findet man sie zuhauf, „aber die Komponenten von den Dingern“, lacht Lupo, „stammen alle aus Fahrrädern, und ein Fahrrad hat eine maximale Zuladung von gut 120 Kilogramm.“

Ein Lastenbike made by Mubea würde anders aussehen: Rahmen aus CFK (Carbon-Faser-Kunststoff) und eine Getriebemotor-Einheit auf Automotive-Niveau: „Die Leistungsreserven, die in unseren beiden E-Bikes stecken, machen deutlich, dass sie die perfekte Absprungbasis für ein Cargo-Bike sind“, sagt Martino Lupo: ein Motor mit vier Kilowatt (üblich sind heute 250 Watt) und einem Drehmoment von 200 Newtonmeter sowie ein integriertes Acht-Gang-Getriebe.

Der Akku wurde mit einem Partner entwickelt und stellt 1100 Wattstunden (Wh) zur Verfügung (derzeit haben gängige Fahrräder Akkus mit 250 bis 600 Wh).

Immer in Kooperation

Die Kooperation mit Pedalpower beschreibt auch den Weg, den die Attendorner gehen wollen. Mubea-Know-how soll immer in Kooperation mit anderen Herstellern auf den Markt kommen.

Wie professionell das Mubea­Team in Attendorn und Salzburg (Carbo Tech) die Aufgabe angegangen ist, beschreibt der Zeitablauf: „Anfang Januar“, erinnert sich Martino Lupo, „haben wir die Daten für den Rahmen nach Salzburg geschickt, Anfang Mai ist der Carbon-Rahmen aus dem Werkzeug entformt worden und wir haben die Teile montiert. Alles hat gepasst, auf Anhieb. Das ist sensationell, die können das einfach.“

Informationen:

  • Die Mubea-Gruppe, seit mehr als 100 Jahren ein inhabergeführtes Familienunternehmen, gehört mit 2,2 Milliarden Euro Umsatz und mehr als 13 000 Mitarbeitern zu den weltweiten Top-100-Automobilzulieferern.
  • Der Leichtbauspezialist aus Attendorn entwickelt und produziert innovative und hoch beanspruchte Komponenten für Fahrwerk, Karosserie und Antrieb an 40 Standorten rund um den Globus.
  • Mehr Infos über das Unternehmen auf www.mubea.com