Finnentrop. . Ehemaliger SPD-Fraktionschef hat gegen Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß (CDU) eine Anzeige wegen schwerer Untreue erstattet.

Gegen Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß (CDU) ist bei der Staatsanwaltschaft Siegen Anzeige wegen schwerer Untreue erstattet worden. Anzeigeerstatter ist der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Weber. Er ist davon überzeugt, dass der Bürgermeister im Zusammenhang mit Swap-Geschäften einen Schaden von rund zwei Millionen Euro zu verantworten hat.

In der Anzeige bezieht sich Weber unter anderem auf ein Urteil des Landgerichts Mannheim. Das hatte im vergangenen Jahr in einem laut Weber vergleichbar gelagerten Fall die ehemalige Pforzheimer Oberbürgermeisterin und ihre Kämmerin zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt.

Staatsanwalt Rainer Hoppmann (Siegen) bestätigte die Anzeige: „Wir werden zunächst den Anzeigeerstatter hören, um zu klären, ob ein Anfangsverdacht bejaht werden kann.“

Vorwurf 1: Das war illegal

Die Vorwürfe gegen den Bürgermeister leitet Weber aus der Tatsache ab, dass Heß, der im April 2005 zum Vizepräsidenten des Städte- und Gemeindebunds gewählt worden war, die Warnung vor Swap-Geschäften, die im Oktober 2007 vom Städte- und Gemeindebund an alle Kommunen ergangen war, gekannt haben musste. Die Stadt Hagen hatte zu diesem Zeitpunkt schon 51 Millionen Euro Verluste durch Swap-Geschäfte gemacht. Gleichwohl kaufte die Gemeinde Finnentrop laut Weber im Januar 2008 den ersten Fremdwährungsswap.

Schon wenige Monate nach dem Kauf habe sich eine negative Entwicklung abgezeichnet, weshalb mit der Bank eine Aussetzungsvereinbarung geschlossen worden sei, mit dem Ziel, die Zinszahlungen auszusetzen und diese am Ende des Vertrags anzuhängen.

Trotz der Warnung durch den Städte- und Gemeindebund und trotz der schlechten Erfahrungen mit dem ersten Swap habe der Finnentroper Bürgermeister am 27. November 2008 den zweiten Fremdwährungsswap gekauft. Weber bezweifelt, dass der Bürgermeister überhaupt berechtigt gewesen sei, ein solches Geschäft abzuschließen. Nach Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements in NRW habe das Innenministerium im Oktober 2006 Vorgaben für die Aufnahme von Krediten gemacht und darauf hingewiesen, dass Zinsderivate zur Zinsabsicherung grundsätzlich zulässig seien. Diese Derivate dürften allerdings lediglich im Rahmen eines abgeschlossenen Kreditgeschäftes eingesetzt werden, das heißt die Zinsderivate müssen bereits bestehenden Krediten zugeordnet werden können, um nicht unter das für die Gemeinden geltende Spekulationsverbot zu fallen. Eine solche Zuordnung ist laut Weber bei den 2008 gekauften Swaps eindeutig nicht gegeben, der Kauf also unzulässig.

Vorwurf 2: Am Rat vorbei

Darüber hinaus wirft Weber Bürgermeister Heß vor, dass er die Swap-Geschäfte niemals ohne Information des Gemeinderats hätte abschließen dürfen. Er beruft sich wieder auf das Innenministerium, das ebenfalls schon 2006 darauf hingewiesen habe, dass der Einsatz von Zinsderivaten nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung zu behandeln sind. Ein laufendes Geschäft liege vor, „wenn die Sache nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit zu den üblichen Geschäften gehört und ihre Erledigung nach festgefahrenen Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen erfolgen kann.“ Das, so Weber, gelte auf keinen Fall für Swap-Geschäfte: „Der Rat hätte beteiligt werden müssen.“

Frage nach dem Schaden

Um etwas über die Höhe des verursachten Schadens zu erfahren, hat sich Weber durch den Jahresabschluss 2016 der Gemeinde Finnentrop gearbeitet. Bis zum Jahr 2016 hat die Gemeinde nach und nach Rückstellungen im Haushalt in Höhe von 5,2 Millionen Euro gebildet. Rückstellungen sind Positionen für Ausgaben, von denen bekannt ist, dass sie kommen, deren Höhe aber noch nicht absehbar ist. Im Januar 2016 hat die Gemeinde mit der Ersten Abwicklungsanstalt (EAA) als Rechtsnachfolgerin der WestLB einen gerichtlichen Vergleich über die Swap-Geschäfte geschlossen. Im gleichen Jahr wurden die Rückstellungen aufgelöst und 3,28 Millionen Euro als Ertrag im Haushalt verbucht.

Haushaltstechnisch war die Gemeinde darauf vorbereitet, 5,2 Millionen Euro Verlust aus dem Swap-Geschäft zu verbuchen. Da 3,28 Millionen dem Haushalt als Ertrag wieder zugeflossen sind, geht Weber davon aus, dass die rund zwei Millionen Euro Differenz die Summe ist, die die Gemeinde an die Erste Abwicklungsanstalt wegen der Swap-Verluste zahlen musste. Dem Bürgermeister wirft er vor, die Öffentlichkeit in dieser Sache belogen zu haben. Er zitiert einen Artikel dieser Zeitung, die den Bürgermeister wie folgt zitiert: „Heß wies zum wiederholten Male darauf hin, dass der Gemeinde kein Schaden entstanden sei.“

Heß: Alles Märchen

Bürgermeister Dietmar Heß (CDU) bleibt allerdings bei seiner Einschätzung und verwies die gegen ihn in der Anzeige erhobenen Vorwürfe ins Land der Märchen: „Es gibt diesen Verlust nicht, das bestreite ich total. Und wenn es ihn gäbe“, so der Bürgermeister, „wäre ich nicht allein verantwortlich.“ Der Vergleich mit der EAA sei von einem Wirtschaftsprüfer begleitet und abgesegnet worden: „Das ist alles geprüft und schon lange erfolgreich abgeschlossen“, so Heß. Dem Anzeigeerstatter Herbert Weber kündigte er in diesem Zusammenhang rechtliche Schritte an.