Kreis Olpe. . Der Numerus Clausus steht als Auswahlkriterium für Medizinstudenten auf dem Prüfstand. Das Bundesverfassungsgericht könnte den NC abschaffen. Das hoffen auch Ärzte aus Olpe.
- Seit Mittwoch wird vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt, ob der NC noch verfassungsgemäß ist
- Ärzte aus Olpe sehen andere Auswahlkriterien für Medizinstudenten als wichtiger an
- Abschaffung des NC hilft indes nur bedingt gegen den Ärztemangel
Wer in Deutschland Medizin studieren möchte, muss ein nahezu perfektes Abiturzeugnis vorweisen. Andernfalls drohen Wartezeiten von bis zu 15 Semestern. Darüber können führende Vertreter der Ärzteschaft im Kreis Olpe nur den Kopf schütteln. Sie plädieren für eine Abschaffung des Numerus Clausus. Und blicken seit Mittwoch dieser Woche gespannt nach Karlsruhe, wo am Bundesverfassungsgericht genau darüber verhandelt wird.
Was sagt der NC überhaupt aus?
Fast nichts, findet Dr. Jürgen Schwickerath, Chef-Gynäkologe vom St. Martinus-Hospital in Olpe. „Wir schaffen mit der Auswahl der Studenten ein künstliches Nadelöhr, das uns in eine Bredouille bringt. Der Numerus Clausus sagt doch nur aus, dass man sich in der Schule konform verhalten hat und dass man auswendig lernen kann.“ Auch Dr. Manfred Kemmerling, Chefarzt der Orthopädie im Helios Krankenhaus Attendorn, hält den NC für überbewertet. „Ein Abiturient zeigt damit, dass er konsequent lernen kann - und das ist wichtig. Aber mehr sagt der NC auch nicht aus.“
Ist die aktuelle Regelung gerecht?
Wer das Abitur mit 1,3 oder schlechter abschließt und nicht lange warten möchte, muss Deutschland erstmal verlassen. „Es ist verrückt, dass wir so viele Ärzte aus dem Ausland einstellen, was einerseits gut und wichtig ist. Aber zugleich müssen wir unsere Abiturienten ins Ausland schicken.“ Zudem sei ein Auslandsstudium mit hohen Kosten verbunden. Wer aus einer Arbeiterfamilie komme, könne nicht mal eben für ein Auslandsstudium nach Ungarn oder Bulgarien auswandern. „Das ist soziale Ungerechtigkeit“, beklagt Schwickerath.
Auf was kommt es denn an?
Etwa auf eine soziale Ader, Empathie und Begeisterung für den Beruf, sagt Dr. Schwickerath. Immerhin gehöre der Kontakt mit Menschen zum Alltag. „Medizin ist auch ein Handwerk. Dafür braucht man Geschick“, ergänzt Dr. Kemmerling.
Um diese Qualitäten bei Bewerbern zu überprüfen, müsse es aufwendigere Auswahlverfahren geben. „Die sind zwar teuer, aber notwendig“, sagt Schwickerath. „Der Medizinertest muss mehr ins Gewicht fallen als der NC. Darüber hinaus sollte jeder Bewerber mal sechs bis zwölf Monate in einem Krankenhaus gearbeitet haben. Erst dann weiß man, ob der Beruf etwas für einen ist.“
Ist der Ärztemangel bald passé?
Auch Johannes Schmitz spricht sich für die Abschaffung des Numerus Clausus aus. Für den Geschäftsführer der Hospitalgesellschaft Südwestfalen drückt der Schuh aber auch an anderer Stelle. „Wir brauchen insgesamt mehr Ärzte - und somit auch mehr Studenten. Hier ist die Politik gefragt.“ Vor allem auf dem Land gebe es einen Mangel, „die Abschaffung des NC löst diese Probleme nicht.“
Auf einen Studienplatz kamen zum Wintersemester 2017/18 fünf Bewerber. Auf 9176 Studienplätze bewarben sich 43 000 junge Leute.
Um die Vergabe der Plätze für das Humanmedizinstudium, aber auch für Tiermedizin, Zahnmedizin und Pharmazie, kümmert sich die Stiftung Hochschulzulassung.