Olpe / Finnentrop. . Achtung Stufe: In Finnentrop liegen zwischen Zug und Bahnsteig satte 21 Zentimeter. Der Betreiber, die Hessische Landesbahn, empfiehlt Rollstuhlfahrern, vor Zugfahrten sich Hilfe bei der Bahn anzufordern.

  • Bahnsteige sind zwischen 15 und 103 Zentimeter hoch, die meisten 55 und 76 Zentimeter
  • 21-Zentimeter-Stufe für Rollstuhlfahrer oder gehbehinderte Menschen alleine nicht zu bewältigen
  • HLB empfiehlt Rollstuhlfahrern vor Fahrtantritt Hilfe bei der Bahn anzufordern

Wer mit dem Zug von Olpe nach Finnentrop fahren möchte, hat’s leicht. Stündlich rollt der RB 92 an der Bigge entlang, passiert Attendorn und ist eine halbe Stunde später am Ziel. In Olpe kann der Fahrgast gleichsam in den Zug rutschen, wer das in Finnentrop versucht, liegt möglicherweise auf der Nase, weil er eine Stufe übersehen hat.

21 Zentimeter Unterschied zwischen Olpe und Finnentrop

Der Grund: Der Bahnsteig in Olpe ist 55 Zentimeter hoch, der gerade frisch renovierte Bahnsteig in Finnentrop 76 Zentimeter. 21 Zentimeter, die für Rollstuhlfahrer oder gehbehinderte Menschen alleine nicht zu bewältigen sind. Hat die Baufirma geschlafen? Ein Planungsfehler? Nein, alles ist nach Plan gebaut, das soll so sein. Warum? Wer eine Antwort sucht, greift zum „Bahnsteighöhenkonzept der DB AG“, in dem auf sieben Seiten alle Zusammenhänge erklärt werden.

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Das Problem: In Deutschland gibt es, historisch bedingt, ein sehr „heterogenes Bahnsteigwesen“. Bahnsteige sind zwischen 15 und 103 Zentimeter hoch, die gängigsten Höhen sind 55 und 76 Zentimeter. Im Fernverkehr haben sich 76 Zentimeter durchgesetzt, Regionallinien, die unmittelbar an Fernlinien anschließen, liegen ebenfalls 76 Zentimeter hoch.

In einigen Regionen Deutschlands dominieren allerdings noch 55 Zentimeter hohe Bahnsteige, die überwiegend erst in den letzten zwei Jahrzehnten angelegt worden sind. Da die „technische Lebensdauer“ eines Bahnsteigs laut DB rund 100 Jahre beträgt, ist an einen Abriss der 55-Zentimeter-Exemplare nicht zu denken. Und da den Bahnnutzern nicht zugemutet werden soll, dauerhaft beim Einstieg eine 21-Zentimeter-Stufe überwinden zu müssen, werden die Züge, die dort verkehren, den 55 Zentimetern angepasst.

Einstiegshilfe in Fernverkehrszügen

Im Fernverkehr der Bahn tauchen diese Probleme so gut wie nicht auf, da mehr als 90 Prozent aller Bahnsteige 76 Zentimeter hoch sind. Zur Erleichterung des Einstiegs für mobilitätsseingeschränkte Personen, insbesondere für Rollstuhlfahrer, hat die DB festgelegt, dass alle neuen Fernverkehrszüge künftig eine Einstiegshilfe erhalten.

Die sich daraus ergebende Situation im Kreis Olpe erläutert Thomas Wagner vom Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd: Die Strecke Olpe-Finnentrop wird von der Hessischen Landesbahn (HLB) bedient, die auch im Eifel-Westerwald-Sieg-Netz unterwegs ist, wo 55 Zentimeter hohe Bahnsteige dominieren. Deshalb sind die Züge so ausgerichtet, dass ein barrierefreier Zugang von einem 55 Zentimeter hohen Bahnsteig möglich ist. In Olpe und Attendorn passt das, in Finnentrop nicht: „Finnentrop grenzt an das Ruhr-Sieg-Netz und dort gibt es die 76 Zentimeter hohen Bahnsteige“, so Wagner.

„Das Bahnsteighöhenkonzept“, so formuliert es die Bahn, „dient dazu, Planungssicherheit bei der schrittweisen und bedarfsgerechten Erneuerung der rund 1700 Bestandsbahnsteige festzulegen.“ Da die Bahnsteige in Olpe, in Attendorn und Finnentrop erst kürzlich renoviert worden sind, und die Bahn von einer Lebensdauer von 100 Jahren ausgeht, dürfte es mit der angestrebten Harmonisierung noch ein wenig dauern.

Rollstuhlfahrer sollten die Bahn zur Hilfe rufen

Fahrgästen der HLB, die auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind und in Finnentrop ein- oder aussteigen wollen, empfiehlt das hessische Unternehmen vor Antritt der Reise Hilfe bei der Deutschen Bahn anzufordern: „Denn wir nutzen nur die bestehende DB-Infrastruktur“, sagt Pressesprecherin Luisa Butzbach.