Kalberschnacke. . WP-Volontär Flemming Krause hat den Selbsttest gewagt und ist mit Matthias Richter von der Tauchschule Biggesee in der Lister abgetaucht.

  • Mit Respekt, aber ohne Angst wage ich meinen ersten Tauchgang
  • In der Lister begegnen wir nach wenigen Minuten zwei Riesenhechten
  • 75 Minuten unter Wasser, die sich viel kürzer angefühlt haben

Nach 75 Minuten tauche ich wieder auf. Ich spucke den Atemregler aus und reiße mir die Taucherbrille, die ich ein bisschen eng geschnürt hatte, vom Gesicht. Für ein paar Sekunden lasse ich meinen Blick über die Lister wandern. Glückshormone schießen in meinen Körper. Ja, ich habe es geschafft. Es ist ein, bitte sehen Sie mir diese Wortwahl nach, saugeiles Gefühl. Das Tauchfieber hat mich im Nu gepackt. Aber der Reihe nach!

Die Vorbereitung

Ich treffe mich mit Matthias Richter, dem Inhaber der Tauchschule Biggesee. Das Thermometer kratzt an diesem Freitag Mittag an der 30-Grad-Marke – beste Bedingungen für einen Schnupper-Kurs. Bevor wir jedoch untertauchen, müssen wir unsere Utensilien zusammenpacken: Füßlinge, Flossen, Neopren-Anzug, Handschuhe, Kopfhaube, Atemregler, Maske, Schnorchel, Brille und das Bleisystem, damit wir auch runter kommen. Nicht zu vergessen das „Tarier-Jacket“ – eine Art Weste, welche die Sauerstoff-Flasche hält. Wir verstauen unser „Gepäck“ in Matthias Bulli und entscheiden uns, den kurzen Weg vom Sonderner Kopf bis nach Kalberschnacke zum Listersee auf uns zu nehmen – an dieser ausgewiesenen Stelle sei das Tauchen besonders schön.

Die Einweisung

An unserem Ziel nach wenigen Fahrminuten angekommen, steigt der Adrenalin-Spiegel in mir langsam an. Ins Wasser kann ich allerdings (noch) nicht. Zunächst höre ich Matthias aufmerksam bei seiner kurzen Einweisung zu. Ob ich Angst habe, fragt er mich. Nein, sage ich, aber Respekt allemal. Immerhin ist es mein erstes Mal. Dann zu den Regeln: Da wir unter Wasser nicht sprechen können, müssen wir uns mit Handzeichen verständigen – macht irgendwie Sinn. Die fünf wichtigsten Handzeichen bringt mir Matthias im Schnelldurchlauf bei.

Bloß keins vergessen, denke ich mir, ich will ja einen guten Eindruck hinterlassen. Ebenfalls wichtig: Nie die Luft anhalten! Gut, denke ich mir, das hatte ich auch nicht vor. Doch Matthias weiß aus seinen mehr als 4500 Tauchgängen, was mit Menschen geschieht, die plötzlich in Panik geraten – und dann Luft anhaltend so schnell wie möglich an die Wasseroberfläche zurückwollen. Sowas kann übel enden. Ein paar Tipps zum effektiven Flossenschlag, nochmal die Erinnerung, dass man unter Wasser ausschließlich durch den Mund ein- und ausatmet – dann kann es endlich losgehen.

Die ersten Meter

Mit der schweren Sauerstoff-Flasche auf dem Rücken wage ich die ersten Schritte in die Lister. Um zu prüfen, ob der Atemregler auch funktioniert, ziehe ich, noch mit dem Kopf über Wasser, das erste Mal Luft aus der Flasche. Das Geräusch erinnert mich an Darth Vader. Klappt alles. Sehr beruhigend. Schon höre ich Matthias neben mir: „Jetzt halt deine Kopf mal runter – und atme dabei normal weiter.“ Ich folge seinen Anweisungen, wage einen ersten Blick in die Lister und atme ruhig weiter. Alles gut. Es kann losgehen.

Der Tauchgang

Die folgenden 75 Minuten vergehen wie im Flug. Es ist atemberaubend, verzaubernd, großartig, fantastisch. Wir tauchen bis in eine Tiefe von sechs Metern. Hier unten ist die Welt so friedlich. Flussbarsche und Rotaugen schwimmen scharenweise an uns vorbei – oder wir durch die Schwäne hindurch.

Das große Highlight wartet bereits kurz nach dem Beginn unseres Tauchgangs: Matthias stupst mich von der Seite an. Dort, nur zwei, drei Meter von uns entfernt, schwimmen – oder besser gesagt verharren – zwei Riesenhechte, bestimmt je einen Meter groß. Matthias klemmt meinen Arm unter seinen – später erfahre ich den Grund: Ich habe zu stark mit meinem Armen gerudert, beinahe wären die beiden großen Fische davon geschwommen. Den Anblick werde ich nicht mehr vergessen.

Danach geht es weiter, entlang des Riffs, ein, zwei Meter hoch, dann wieder tiefer. Matthias hält mich anfangs noch am Arm fest, manövriert mich durch die Lister. Ich habe nach wenigen Augenblicken schon die Orientierung verloren. Dann lässt er mich los. Ganz frei tauche ich weiter, fasziniert von dieser Unterwasserwelt.

Nach mehr als einer Stunde kommen wir wieder an die Oberfläche. Etwa 75 Minuten, die ich niemals vergessen werde ...