Kreis Olpe. . Die Piraten im Kreis Olpe würden gern eine „Innovation Society“ gründen. Sie soll unternehmerische Ideen mit den nötigen Finanzmitteln fördern.

  • Bastian Halbe setzt sich als Kandidat im Landtagswahlkampf 2017 für die Piraten ein
  • Junger Politiker spricht sich klar für ein bedingungsloses Grundeinkommen aus
  • Für ihn ist Netzpolitik „mehr als Datenschutz und dieses blöde Smartphone“

Sie waren die Himmelsstürmer der Landtagswahl 2012: Aus dem Stand holten die „Piraten“ seinerzeit 7,8 Prozent. Willi Hempelmann schaffte im Kreis Olpe immerhin stolze 6,8 Prozent Erststimmen. Doch dann wurde es still um die zur reinen Internetpartei reduzierten Politik-Newcomer. Im Landtags-Wahlkreis Olpe kandidiert für die Piraten dieses Mal Bastian Halbe aus Olpe, den wir interviewten.

Junge Menschen strömen nicht gerade in Heerscharen in die Politik. Warum engagieren Sie sich, Herr Halbe?

Bastian Halbe: Ich denke nicht, dass junge Menschen die Politik meiden. Beispielsweise in der Flüchtlingskrise haben sich auch viele junge Leute eingemischt und geholfen. Junge Menschen sind eher parteienverdrossen, und da haben wir als Piraten für frischen Wind gesorgt, da wir eine ganze Menge anders gemacht haben.

Was zum Beispiel?

Halbe: Unsere komplette Parteistruktur ist anders. Jeder darf einen Antrag stellen, jeder darf mitreden und wird gehört.

Nach Aufsehen erregenden Erfolgen ist es still um die Piraten geworden. Warum?

Halbe: Ich will nicht verschweigen, dass wir interne Geburtswehen hatten, es ist aber auch viel Protestpotenzial zur AFD übergegangen. Die Leute hatten uns gewählt und erwartet, dass am nächsten Tag ein Goldbarren vor der Türe lag.

Wie soll es wieder aufwärts gehen?

Halbe: In den Umfragen hatten wir vorige Woche wieder den ersten Balken seit 2015, also zwei Prozent. Ich hätte fast geweint vor Glück.

Reichen Internet und Smartphone einfach nicht als Themen?

Halbe: Uns wurde damals der Begriff ,Netzpolitik’ zugeschrieben. Wir haben es aber nicht geschafft, den Leuten klarzumachen, dass Netzpolitik mehr ist als Datenschutz und dieses blöde Smartphone. Netzpolitik bedeutet auch Zukunftspolitik auf vielen Feldern.

Welche?

Halbe: Zum Beispiel die Frage, was wir machen, wenn Roboter künftig die Arbeit tun.

Was dann?

Halbe: Wir wollen das bedingungslose Grundeinkommen. Da nützt dann auch ein Mindestlohn nicht, selbst einer von 12,50 Euro.

Wie hoch soll dieses Grundeinkommen sein?

Halbe: 1000 Euro.

Welche Themen sind für Sie die wichtigsten speziell im Wahlkreis Olpe?

Halbe: Wir wollen eine Innovation Society gründen, so etwa nach dem Vorbild der Vox-Sendung ,Höhle der Löwen’.

Was ist das denn?

Halbe: Es gibt Leute, die haben eine unternehmerische Idee, wissen aber nicht, wie sie daraus ein Unternehmen machen sollen, oder es fehlt ihnen einfach an Geld.

Und da soll diese neue Gesellschaft helfen?

Halbe: Ja genau. Uns schwebt vor, dass wir im Kreis Olpe ein Pilotprojekt starten, also eine Anlaufstelle, wo jeder mit seiner Idee hinkommen kann und gegebenenfalls eine konkrete Chance erhält.

Auch schon konkrete Ideen, wie?

Halbe: Diese potenziellen Gründer sollen mit Geldgebern und Unternehmen zusammengebracht werden. In einem neu zu gründenden Institut, das sich aus öffentlichem Geld des Landes speist. Eine ganz neue Form von Investitionsprogramm.

Noch ein weiteres Thema, das Ihnen ganz persönlich wichtig ist?

Halbe: Ja, Kinder-Armut darf nicht weiter hingenommen werden. Statistisch haben wir allein in NRW rund 500 000 arme Kinder. Auch hier plädieren wir für ein Grundeinkommen für Kinder. Mit dem Kindergeld ist es, wie man sieht, nicht getan. Die Realität ist da teilweise richtig bitter. Da kommen Kinder in die Kita mit halb verschimmeltem Brot und ähnliches. Das darf einfach nicht sein. Manche Pärchen wollen ein Kind, können es sich aber nicht leisten.

Die Piraten haben sich gegen einen Rathaus-Neubau eingesetzt. Enttäuscht über den Wahlausgang?

Halbe: Wir hätten das Theater nicht gehabt, wenn der Stadtrat von Anfang an gesagt hätte: ,Wir lassen die Bürger entscheiden.’ Wir wollten kein neues Rathaus, auch weil wir glauben, dass das nicht zeitgemäß ist. Die Verwaltung wird kleiner werden. Es weiß niemand, was kommt. Wir waren von Anfang an gegen einen Neubau, aber nicht zwingend gegen den Abriss. Wo man hinschaut, wird Steuergeld verschwendet. Das wollen wir verhindern.

Bekommt NRW eine große Koalition?

Halbe: Prognosen sind kaum mehr möglich. Die Trump-Geschichte und der Brexit haben es gezeigt.

Ist die Demoskopie derzeit überfordert?

Halbe: Ja. Die Wähler entscheiden offenbar spontan, das kann sich von einem auf den anderen Tag ändern. Es ist auch situationsbedingt. Da kann schon ein terroristischer Anschlag ein Wahlergebnis möglicherweise entscheidend drehen.

Wenn Sie für ein Jahr Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen sein dürften, was würden Sie als Erstes in Angriff nehmen?

Halbe: Ich würde umgehend eine Pflege-Reform anstoßen. Die Menschen werden älter, die Altenheime sind überfüllt, in machen Einrichtungen, nicht in allen, herrschen teilweise katastrophale Verhältnisse. Viele Pflegekräfte sind überfordert. Da müssen wir sofort ansetzen, da geht es um elementares Menschenrecht. Defizite großen Ausmaßes sollten wir uns als reiche Industrienation nicht erlauben. Wir dürfen uns nicht kaputt sparen wegen des Ehrgeizes der schwarzen Null. Die Pflegeberufe müssen deutlich attraktiver werden. Und da geht es nicht nur ums Geld, sondern ganz wesentlich um bessere Arbeitsbedingungen.