Kreis Olpe. Jochen Ritter will In Düsseldorf Politik für den ländlichen Raum machen. Arbeitsfelder gibt es genug: medizinische Versorgung, Bildung, Infrastruktur.
- Jochen Ritter will für die heimische CDU in den Landtag einziehen
- Er will, dass Politik den Unternehmen konkurrenzfähige Rahmenbedingungen bietet
- Ritter steht für eine „klare Absage an Parteien, die extreme Vorstellungen haben“
. Für die CDU zieht erstmalig Jochen Ritter in den Landtagswahlkampf. Nur darauf, dass sie bisher immer stärkste Partei im Kreis war, will er sich nicht verlassen und macht Wahlkampf auch an den Haustüren. Anstrengend, aber auch aufschlussreich, findet er: „Danach weiß ich Bescheid.“
Herr Ritter, in den letzten Wochen geht es im Kreis Olpe immer häufiger und intensiver um Windkraft. Wo stehen Sie bei dieser Frage?
Jochen Ritter: Auf der Bremse. Ich bin für einen restriktiveren Umgang damit. Die Entscheidungen würden besser lokal getroffen als in Düsseldorf. 18 000 Hektar für Südwestfalen vorzugeben, ignoriert den technischen Fortschritt. Wir steigen nicht aus der gesellschaftlich kaum durchsetzbaren Kernenergie aus, um eine andere Quelle gegen die Bevölkerung zu etablieren.
Ist es schwierig für Sie, bei der Energiewende, die Merkel zugeschrieben wird, einen eigenen Standpunkt festzulegen?
Der Windenergieerlass, der Anlagen im Wald ermöglicht, ist aus der Feder von Johannes Remmel, der Landesentwicklungsplan, der die Flächen vorgibt, kommt aus der von Hannelore Kraft geführten Staatskanzlei. Derselbe Plan hält für die Industrie keine zusätzlichen Flächen bereit. Sie benötigt auch im Zeitalter der Digitalisierung Platz zur Expansion und eine belast- wie bezahlbare Energieversorgung. Ich will Innovation bzw. Wachstum hier halten und Tourismus nicht verprellen.
Mehr Sicherheit, mehr Unterricht. Das fordert die CDU auf Wahlplakaten. Wer soll es bezahlen?
Land und Kommunen würden jährlich über drei Milliarden mehr Steuern einnehmen, wenn die Wirtschaft in NRW wachsen würde wie in Bayern. Dazu wollen wir den Unternehmen konkurrenzfähige Rahmenbedingungen bieten. Damit würden zudem 300 000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen. Kurzfristig kann der starke Zuwachs an Personal in der Landesverwaltung zurückgeführt oder anders eingesetzt werden. Mir ist ein Polizist, der einen Umzug am Schützenfest sichert, wohl so lieb wie einer, der beim Blitzmarathon hilft. Bei der Verteilung der Einsatzkräfte muss zudem berücksichtigt werden, dass in Landkreisen andere geo- bzw. topographische Verhältnisse herrschen als in den Großstädten. Dann bekämen wir mehr Kräfte aufs Land. Und mit „Schleierfahndung“ wäre der Kreis Olpe noch sicherer.
Und die Lehrer?
Inklusion und Integration machen den Unterricht nicht einfacher. Immer weniger Pädagogen sind bereit, zusätzlich dazu etwa eine Grundschule zu leiten. Um Bewerber zu bekommen, wird bereits in einigen Fällen die Bindung an die Konfession gelöst. Hier würden eine bessere Besoldung der Leiter und ihre Entlastung von Verwaltungsaufgaben durch Assistenten helfen. Die könnten dann auch das erledigen, was laut Schulministerium Löhrmann (Grüne) bisher nicht zu schaffen ist: Unterrichtsausfall wenn schon nicht zu vermeiden, dann wenigstens zu erfassen.
Anderes Thema: Bürokratieabbau. Das war ja lange ein Lieblingsthema der CDU.
Wir wollen der Remmelschen Hygieneampel den Stecker ziehen. Handwerker an den Pranger zu stellen ist nicht Philosophie der Union genauso wenig wie alles und jedes zu verbieten. Und das Tariftreue- und Vergabegesetz abschaffen. Danach ist für öffentliche Aufträge ein Wust sinnloser Nachweise nötig. Deshalb geben kleine, fachlich versierte Handwerksbetriebe oft kein Angebot mehr ab. Dann doch lieber Arbeit als Formulare.
Was ist denn für Sie persönlich das wichtigste Thema?
Meine thematische Klammer ist: Politik für den ländlichen Raum. Das was uns härter trifft als die Ballungsräume oder was das Sauerland prägt: medizinische Versorgung, Pflege, Land- und Forstwirtschaft, Jagd. Nicht von ungefähr habe ich dazu diejenigen in den Kreis Olpe geholt, die in der Union dafür stehen, neben unserem Europaabgeordneten Dr. Peter Liese waren Karl-Josef Laumann (wir berichteten) und Christina Schulze Föcking da.
Bei den landesweiten Top-Themen gibt es ebenfalls regionale Schwerpunkte: bei Bildung ist hier nicht die große Frage G8 /G9, sondern wie halten wir kleine Grundschulen am Laufen, können wir unsere gut ausgestatteten Förderschulen halten, wohin geht es zur Berufsschule, wenn z. B. nicht mehr genug Metzgerlehrlinge für eine Klasse zusammen kommen. Bei Infrastruktur geht es neben der A45 auch um Straßen wie die B55 etwa in und um Grevenbrück herum. Bei Innerer Sicherheit ist Videoüberwachung im Kreis Olpe weniger die Frage als „Kommt der Streifenwagen ohne Allrad im Winter auch bis Weuspert?“
NRW ist hoch verschuldet. Wie will die CDU mit den Finanzen umgehen?
Landesfinanzminister Walter-Borjans nimmt in 2017 mit 1,7 Milliarden € mehr neue Schulden auf als alle anderen Bundesländer zusammen. Wir wollen in Zeiten, in denen die Steuern sprudeln und die Zinsen niedrig sind, auch mal zurückzahlen. Und anstatt über den Kommunalsoli Städte anderswo zu „sponsern“, könnte den Kommunen hier mehr Spielraum gegeben werden, nicht zuletzt um das Ehrenamt zu unterstützen.
Wie sieht es nach der Wahl mit Koalitionen aus?
Die CDU arbeitet nicht mit Parteien zusammen, die extreme Vorstellungen haben. Die AfD ist am letzten Wochenende noch weiter nach rechts gedriftet. Die LINKE propagiert einen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“. Wer damit zusammenarbeitet, setzt unser Land einem unvertretbaren Experiment aus. „Keine Experimente“, sagte der vor 50 Jahren verstorbene Adenauer. Die grüne Spitzenkandidatin Löhrmann sieht hingegen in einer Kooperation ihrer Partei mit CDU und FDP eine unvertretbare „Rechtsverschiebung“. Meine Enttäuschung darüber, dass es nicht zu schwarz-grün kommt, hält sich in engsten Grenzen.