Olpe. . Ausführliches Interview mit dem Olper Immobilien-Kaufmann Thomas Feldmann über die Kosten- und Preis-Explosion auf dem Immobilienmarkt.
- Die Preissteigerungen bei Mieten und Immobilienkäufen sind außerordentlich
- Das Niveau erreicht Größenordnungen wie rund um Köln
- Familien bleibt nur der Ausweg auf die Dörfer
Vor allem in den Kernstädten von Olpe und Attendorn sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt und für Otto-Normal-Verbraucher fast unerschwinglich geworden. Über die aktuelle Situation in der Branche sprachen wir mit dem erfahrenen Olper Immobilienkaufmann Thomas Feldmann.
Herr Feldmann, wie lange sind Sie schon in der Immobilienbranche tätig?
Thomas Feldmann: Seit 1995 bin ich wieder in Olpe, nach Ausbildung und Studium.
Aber sie stammen ohnehin schon aus einer richtigen Immobilien-Familie?
Das Büro gibt es seit 1930. Mein Großvater Heinrich hat es damals als Auktionator gegründet, später hat es mein Vater Karl-Heinz übernommen, ich führe es in der dritten Generation.
Hat es in diesen vielen Jahren schon einmal eine ähnliche Kosten- und Preis-Explosion gegeben, was Mieten, Häuser- und Grundstückspreise angeht?
Seitdem ich hier tätig bin, also seit 1995, habe ich einen solchen Anstieg, der ja auch bundesweit zu verzeichnen ist, noch nicht erlebt. Es gab immer übliche Schwankungen, aber nicht so extrem.
Wo sehen Sie die Ursachen?
Es gibt viele. Eine Ursache sind die steigenden Baukosten, zum Beispiel, um die energetischen Anforderungen zu erfüllen. Auch die Größe der Gebäude spielt mit hinein. In den 50-er Jahren ging man davon aus, dass einer Person etwa 15 bis 20 qm Wohnfläche genüge, jetzt sind wir bei rund 50 qm. Das wirkt sich auch auf die Größe von Häusern und Wohnungen aus. Normale Arbeiter-Wohnhäuser aus den 50-ern hatten 110 bis 120 qm, da wohnten dann zwei Familien drin.
Und heute heißt es bei einem Hausbau 150 qm plus?
Ja. Und das gilt auch für die Wohnungen. Ein Problem ist in manchen Großstädten aber auch die deutliche Zunahme an Single-Haushalten. In ländlichen gebieten wie bei uns ist das aber noch nicht der Fall
Wer sucht im Kreis Olpe vornehmlich Wohnungen?
Wohnungen suchen eigentlich alle, aber etwas weniger die vierköpfigen Familien. Die schauen verstärkt nach älteren Einfamilienhäusern.
Weshalb?
Wenn eine solche Familie ein Haus im Stadtgebiet Olpe bauen will, ein klassisches Einfamilienhaus, nichts Besonderes, da müssen sie mittlerweile mit 550 000 bis 600 000 Euro Kosten rechnen.
Attendorn, aber vor allem Olpe, sind die Brennpunkte, was die Preise angeht. Warum?
Die Nähe zur Autobahn. Olpe hat aber auch so vieles richtig gemacht, verfügt über einen attraktiven Einzelhandel, eine schöne Innenstadt.
Wenn ich als Einzelperson eine Wohnung von 40 bis 50 qm in Olpe suchen würde, hätten Sie da ‘was für mich?
Nein. Keine einzige. Es gibt in dieser Größe sicherlich einige Einliegerwohnungen. Die kommen aber nicht auf den Immobilienmarkt, werden privat vermietet.
Und andere Größen?
Es gibt hier in der Martinstraße Gebäude mit solchen Wohnungen, aber die sind alle vermietet.
Die meisten Wohnungen sind also größer?
Ja. So zwischen 60 und 85 qm. Das sind die typischen Mietwohnungen in der Stadt Olpe.
Wo bewegen sich die Mietpreise für solche Wohnungen?
Da muss man unterscheiden zwischen Bestandsmieten und Neuvermietungen. Bei den Neuvermietungen, also Wohnungen in Neubauten, liegen wir in Zentrumsnähe schon bei 10,50 Euro kalt. Wohnungen, die schon zehn oder mehr Jahre vermietet sind, kann man für sechs Euro kalt kriegen.“
Aber die sind alle vermietet?
Ja.
Und wie sieht es in den Dörfern aus?
Die Dörfer haben schon ein wenig partizipiert an diesem Boom, kommen aber bei weitem noch nicht dorthin.
Könnten Sie mir denn dort eine Wohnungen anbieten, sei es nun in Lütringhausen, Stachelau, Rehringhausen oder Rhode?
Nein, momentan nichts. Fehlanzeige.
Wann hat der Boom, auch bei den Grundstückspreisen, begonnen?
Etwa vor vier, fünf Jahren.
Warum ausgerechnet dann?
Die Krise kam 2008, und die Nachfrage nach Möglichkeiten der Geldanlage ging in den Immobilienbereich. Wie die Kosten explodiert sind, kann man auch am Baupreis-Index verfolgen, der viermal im Jahr, also für jedes Quartal, neu aufgelegt wird. Der geht richtig ab. Wer heute zum Beispiel ein Haus umbauen möchte, hat um 30 bis 40 Prozent höhere Kosten als noch vor drei oder vier Jahren. Gewaltige Kostensteigerungen in einem ganz kurzen Zeitraum.
Und wo liegen die Grundstückspreise in der Stadt Olpe derzeit?
Im Zentrum gibt es ja kaum etwas. Die am Bratzkopf werden nach meiner Kenntnis so für 165 Euro verkauft. Da ist die Stadt ja im Gespräch für weitere Flächen. Wenn man sich die Ponywiese in Olpe anschaut, da ist man mit 220 Euro dabei, wer an der Eichhardt eine Baulücke hat, wird in ähnliche Größenordnungen vorstoßen, bis hin zu 250 Euro pro qm.
Großstadt-Niveau.
Ja, durchaus. Etwa wie im Ringbereich rund um Köln. Aber das gilt auch nur fürs Olper Zentrum oder Zentrumsnähe.
Und wenn ich auf das städtische Flair verzichte und das Leben auf dem Lande für mich entdecke, zum Beispiel im Kirchhundemer Land?
Da dürfte es möglich sein, für 60 oder 80 Euro fündig zu werden.
Wo bewegen wir uns in Olpe bei den Eigentumswohnungen?
Bei Neubauten zwischen 2800 und 3400 Euro.
Olpe auf den Spuren von Köln also?
Ja, die Nachfrage bringt es. Und die Leute sind auch bereit, das zu bezahlen. Zumindest, wer es auch kann. Denn mit den Nebenkosten kommt man da für eine 100 qm-Wohnung auf rund 370 000 Euro. Dann brauchen sie noch eine Küche.
Gehen die wenigen vorhandenen Immobilien mittlerweile überwiegend an finanzkräftige Investoren, die in der Lage sind, jeden Preis zu bezahlen?
Das würde ich so nicht bestätigen. Natürlich kaufen sich finanzkräftige Unternehmer schon mal ein Haus oder Wohnungen, um sie zu vermieten, aber die Mehrzahl der Angebote gehen an Leute, die die Häuser oder Wohnungen auch selbst bewohnen.
Was würden Sie Otto-Normal-Verbraucher momentan raten? Warten oder zuschlagen?
Es muss einem bewusst sein, dass man in einer guten Lage in einem eigenen Einfamilienhaus fast nicht teurer wohnen kann.
Aber was soll die Familie sonst machen?
Wenn ich es nur an den Kosten festmache, müsste der Rat lauten: Mieten! Wer in einer Eigentumswohnung als Eigentümer wohnt, wohnt dort teurer als ein Mieter.
Warum?
Entscheidend spielen die Instandhaltungskosten mit hinein, die Abschreibung, die Finanzierungskosten. Eine Familie mit drei Kindern findet aber oft gar keine für sie passende Wohnung, also bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als zu bauen. Wenn aber jemand mit seiner Familie nach Olpe kommt wegen des Arbeitsplatzes, dem würde ich raten, erst einmal zu mieten und zu sondieren. Wer weiß heute, was in ein, zwei Jahren wird. Vieles ändert sich rasend schnell. Da direkt ein Haus zu kaufen oder zu bauen, macht nicht immer Sinn.
Oder wieder raus aufs Land, wo Häuser von älteren Ehepaaren zu haben sind, die lieber in der Stadt in der Eigentumswohnung den Lebensabend verbringen möchten?
Ja, das ist so. Das ist für Familien eine echte Alternative. Aber ich kann auch nachvollziehen, dass nicht jeder nach Altenkleusheim, Rüblinghausen oder auf ein Drolshagener Dorf ziehen möchte, um dann die Kinder überall hin fahren zu müssen. Ende der 90-er Jahre war genau das nachgefragt. Da sieht man, wie sich die Nachfrage wandelt. Jetzt wollen auch die Familien eher stadtnah leben.
Was würden Sie sich für Ihre Branche wünschen?
Den Fachkunde-Nachweis für Makler. Unsere Verbände arbeiten da schon dran. Es muss jedem bewusst sein, dass für viele Menschen der Kauf einer Immobilie in vielen Fällen das größte Geschäft ist, das sie in ihrem Leben machen. Und da sollte man ausschließlich auf ausgebildetes, fachlich geschultes Personal treffen. Und bereit sein, dafür auch zu bezahlen.
Personalie
Thomas Feldmann ist 51 Jahre alt, verheiratet, in Olpe geboren und aufgewachsen. Feldmann ist Immobilienkaufmann und Diplom-Sachverständiger für bebaute und unbebaute Grundstücke. Zudem ist der Olper Mitglied im Gutachterausschuss des Kreises Olpe. Seine Hobbies sind Fotografieren und Kochen.