Olpe. Alkohol kann Menschen verbinden, zum Beispiel auf Partys. Alkohol kann aber auch anders. Ein Gespräch mit Claudia Bucher (Caritas-Aufwind Olpe).
Die Geschichte rund um das Carolinenbräu von Armin Judas und Stefan Langenbach zeigt, dass Bier verbinden kann. Claudia Bucher arbeitet bei Caritas-Aufwind in Olpe. Für sie ist aber auch klar: Alkohol verbindet Menschen nicht nur.
Frau Bucher, wie trennt Alkohol?
Claudia Bucher: Auf sehr vielfältige Weise. Wenn Sie zum Beispiel auf einem Schützenfest oder anderen Veranstaltung sind, wo getrunken wird und Sie mit dem Auto unterwegs sind und nichts trinken können. Dann fühlen sich Menschen oft fehl am Platz und können den „Spaß“ der Betrunkenen nicht mehr nachvollziehen. Menschen, die alkoholsüchtig sind und nicht mehr trinken, geht es auch so. Deswegen gehen sie oft nicht mehr aus und meiden solche Veranstaltungen.
Sie fühlen sich also isoliert. Wie trennt Alkohol noch?
Es ist nicht selten die Zuverlässigkeit, die auf der Strecke bleibt. Betroffene fühlen sich nach einem Abend mit viel Alkohol platt, funktionieren nicht wie gewohnt. Schon an dieser Stelle entstehen Konflikte, schon da trennt Alkohol.
Alkohol kann aber auch dramatischere Auswirkungen haben.
Natürlich. Denken Sie nur an den Führerscheinverlust, wenn man mit Alkohol erwischt wurde oder – schlimmer noch – einen Unfall gebaut hat. Alkohol trennt auch von der Fähigkeit, die eigene Reaktionsfähigkeit einzuschätzen. Aber die Auswirkungen sind auch im Privaten zu spüren.
Was meinen Sie damit?
Partnerschaften können darunter leiden, denn: Oft löst Alkohol die Zunge und dann sagen Menschen unter Umständen Dinge in einer nicht sehr hilfreichen Art und Weise. Die Leidtragenden sind also nicht nur die Alkoholsüchtigen selbst.
Sondern auch zum Beispiel deren Kinder...
Ja. Kinder trennt der Alkoholkonsum der Eltern von ihrer unbeschwerten Kindheit. Manche Kinder trauen sich nicht mehr, Freunde zu sich nach Hause einzuladen, weil der Vater oder die Mutter trinken. Daraus erwächst bei den Kindern Unsicherheit, die zu viel Einsamkeit führen kann.
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Realisieren das die Eltern – oder allgemein Alkoholkranke –, was sie in ihrem Umfeld auslösen?
Ja, natürlich. Die Krankheit geht oft mit Scham- und Schuldgefühlen einher. Man will die Auswirkungen ja eigentlich gar nicht. An dieser Stelle setzt dann auch oft das heimliche Trinken ein. Dadurch isolieren sich die Betroffenen aber noch mehr, bringen sich selbst in noch größere Einsamkeit.
Was können Betroffene tun?
Sie können zum Beispiel unser Beratungsangebot in Anspruch nehmen oder das des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kreises Olpe. Es gibt auch Angebote für Angehörige. In Gruppentreffen sehen sie: „Ich bin nicht alleine.“ Das ist ganz zentral. Neben Gruppen- gibt es aber auch Einzelangebote.
Was ist, wenn Beratungen nicht mehr ausreichen?
Dann ist zum Beispiel eine Entgiftung notwendig. Die Kosten tragen in solche einem Fall die Krankenkasse. Bei der Entgiftung geht es darum, den Körper vom „Gift“ zu reinigen, also vor allem um das Körperliche. In der qualifizierenden Entgiftung erfahren die Betroffenen mehr über die Alkoholerkrankung und über die für sie passenden Hilfsmöglichkeiten.
Gibt es auch langfristigere Hilfen?
Ja, die gibt es, vor allem in der Reha. Eine Entwöhnungsbehandlung in einer Suchtfachklinik dauert zwischen acht und 14 Wochen, ambulant zwischen einem und anderthalb Jahren. In der anschließenden Nachsorge, die Caritas AufWind in Olpe anbietet, geht es darum, die erarbeiteten Ziele und die notwendigen Veränderungen in den Alltag zu integrieren. Und dann gibt es noch den Bereich der Suchtvorbeugung.
Also Prävention.
Genau. An dieser Stelle kommen Multiplikatoren ins Spiel.
Was meinen Sie damit?
Lehrern wird beispielsweise Handwerkszeug an die Hand gegeben. Die können mit Schülern dann beispielsweise über Vorteile und Nachteile von Alkohol diskutieren und dadurch Faktenwissen vermitteln. Es gibt da eine ganze Reihe von Methoden und Übungen, so etwas spielerisch zu bearbeiten.
Wie sieht das Angebot von Caritas-AufWind aus?
Kreisweit gibt es uns in Olpe, Attendorn, Finnentrop, Wenden, Lennestadt und Kirchhundem. Beratung für Betroffene und auch für Angehörige gibt es überall. Spezielle Angebote finden darüber hinaus an einzelnen Standorten statt. In Finnentrop findet zum Beispiel die Beratung konsumauffälliger Kraftfahrer als Einzel- und als Gruppenangebot statt. Dort können sich die Teilnehmer auf die, für die Wiedererlangung des Führerscheins notwendige, medizinisch psychologische Untersuchung vorbereiten. Die Gruppe für Angehörige findet in Olpe statt.
Was ist das?
Selbsthilfegruppen. Davon gibt es kreisweit mehr als zehn, unter anderem vom Kreuzbund, mit denen wir auch kooperieren. Für Alkoholkranke sind gerade diese Treffen sehr wichtig. An dieser Stelle kommt das Verbindende also auch beim eigentlich Trennenden Thema Alkohol zum Vorschein.