Siegen-Wittgenstein/Olpe. . Das Schreiben der Olper Zoz-Gruppe irritiert viele Schulen: Nachwuchsforscher sind eingeladen – aber nur, wenn sie weder Piercings noch bunte Haare haben.
- Zoz-Gruppe legt mehr Wert auf Äußeres als auf Fachkompetenz
- Schulen kritisieren Diskriminierung
- Geschäftsführer: „Leistung muss entsprechend verkauft werden“
So eine Einladung bekommen Schulen auch nicht alle Tage auf den Tisch: Schüler mit Physik- und Chemieleistungskurs sollen zu einer Tagung kommen – aber nicht die mit „bunten Haaren, Blech im Gesicht und jene, die die Füße nicht heben und die Hose kaum auf den Hüften halten können“.
Was ist die Zoz-Gruppe?
- Das Unternehmen Zoz liefert Anlagen für mechanische Verfahrenstechnik und stellt nanotechnologische Werkstoffe her.
- Geschäftsführer Henning Zoz (52), verheiratet und Vater von sieben Kindern, wurde 2011 als „Manager des Jahres“ für Südwestfalen ausgezeichnet.
Täglich landen bei den Schulen Einladungen zu weiterbildenden Exkursionen, um junge Menschen für zukünftige Berufe zu begeistern. Aber bei dieser Einladung der Zoz-Gruppe aus Olpe, die an 44 Schulen im Kreis Siegen-Wittgenstein verschickt wurde, mussten viele Schulleiter zwei Mal hinsehen.
Im Fokus steht ein internationales deutsch-japanisches Symposium am 7. und 8. März zum Thema Nanotechnologie im Rathaus Wenden. Doch anscheinend wird bei diesem Symposium nicht nur Wert auf die fachliche Kompetenz der Teilnehmer gelegt, sondern auch auf das Erscheinungsbild. Gerade deshalb stößt die Einladung bei vielen Direktoren auf Unverständnis, die ihre Schüler daher in Schutz nehmen.
Das sagen die Schulen
„Solche Anforderungen würden den Kreis der potenziell geeigneten Teilnehmer stark einschränken“, erklärt Herbert Hoß, Schulleiter des Gymnasiums Kreuztal. „Der Computernerd ist halt auch mal anders.“ Er halte eine solche Formulierung für eine solche Veranstaltung daher nicht für zielführend.
Zwar heißt es in der Einladung, dass die Teilnehmer als Aushängeschild Deutschlands in der Welt agieren würden, allerdings werden bestimmte Gruppen von der Veranstaltung ausgeschlossen.
„Gute Schüler mit lilafarbenen Haaren“
An anderen Schulen im Kreis Siegen-Wittgenstein begegnet man dieser Einladung daher ähnlich kritisch: „Diese Formulierungen grenzen an Diskriminierung“, wie Klaus Kettelhoit, stellvertretender Schulleiter des Gymnasiums Netphen, sagt. „Vom Bauchgefühl her würde ich eine solche Einladung ablehnen“, so Kettelhoit. „Toleranz ist etwas, was wir uns mit Stolz auf die Fahnen schreiben.“
Dr. Mario Vallana, Direktor der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule ist ebenfalls stolz auf seine „bunte Schule“. „Schließlich müssen wird den Schülern auch die Chance geben, ihre Leistung unabhängig vom Aussehen bringen zu können.“ Er selbst habe viele gute Schüler unterrichtet, die lilafarbene Haare oder Piercings getragen haben. Daher stünde er dieser Einladung auch ablehnend gegenüber: „So etwas irritiert schon ungemein.“ Er finde den Ausschluss von Personengruppen „nicht gut“.
„Das passt nicht in die Zeit“
„Wenn man gerade junge Menschen erreichen will, dann ist eine solche Formulierung natürlich nicht gut“, sagt Rüdiger Käuser, Schulleiter des Fürst-Johann-Moritz-Gymnasiums in Bad Berleburg. Ironie könne und wolle er aus dieser Einladung jedoch nicht erkennen. „So etwas passt keineswegs in die gegenwärtige Zeit und in die ohnehin starke Verunsicherung der jungen Menschen“, so Käuser.
Auch an seiner Schule gebe es viele junge Menschen, die „vermummt sind und nicht gut Deutsch sprechen, aber hochbegabte Schüler sind“. Diese seien ein wichtiger Bestandteil der schulischen Gemeinschaft. Dennoch könne er nachvollziehen, dass es in einem Bewerbungsverfahren nicht jedem Personalchef gefällt, wenn Bewerber so auftreten.
Das sagt der Veranstalter
„Wir wollen den Anschluss an die jungen Menschen nicht verlieren“, erklärt der Geschäftsführer der Zoz-Group, Prof. Dr. Henning Zoz. Angesichts der Formulierung allerdings schwer nachvollziehbar. „Als ich die Einladung weggeschickt hatte, wusste ich, dass ich es besser hätte bleiben lassen sollen.“
Bislang habe sich lediglich das Gymnasium auf der Morgenröthe für das Symposium angemeldet. Für den Veranstalter sei diese Resonanz „sehr schade, weil viele internationale Gäste vertreten sein werden“, wie Zoz erklärt.
Die Veränderung in der Gesellschaft hin zu immer mehr Körpermodifikationen finde Zoz „dramatisch schade“. „Junge Menschen treiben das heutzutage oft ins Extreme“, sagt er. Dabei gehe es ihm aber keinesfalls um die Leistung der jungen Menschen, sondern vielmehr um das Erscheinungsbild. „Wenn man Leistung bringt, muss man diese auch verkaufen können. Wenn andere diese Leistung dann verkaufen müssen, wird es natürlich noch schwieriger.“
Er habe nur seine Ansichten in die Einladung geschrieben, die er für „völlig rational“ halte. Daher sei diese Formulierung keinesfalls böse gemeint oder so zu verstehen. Er wünsche sich lediglich, dass junge Menschen wieder auf den „gottgegebenen Weg zurückkehren“.
Das Einladungsschreiben im Wortlaut
„Wir richten uns insbesondere an Physik- und Chemie-Leistungskurse und jene jungen Menschen, die technologisch in diesem Land demnächst Zukunft gestalten wollen/sollen/müssen.
Wir richten uns nicht an Menschen mit bunten Haaren, Blech im Gesicht und jene, die die Füße nicht heben und die Hose kaum auf den Hüften halten können und/oder eines ordentlichen Sprachgebrauches kaum mächtig sind. Kein Einlass für Vermummte – im Rathaus und im ZTC keine Mütze, keine Kapuzen und auch keinen Helm auf dem Kopf.“
Was ist die Zoz-Gruppe?
Laut Eigenauskunft liefert das Unternehmen Anlagen für mechanische Verfahrenstechnik und stellt nanotechnologische Werkstoffe her. Geschäftsführer Zoz (52), verheiratet und Vater von sieben Kindern, wurde 2011 als „Manager des Jahres“ für Südwestfalen ausgezeichnet.