Herdecke. . Neue Böden, neue Möbel, frische Farben – die Akutstation der Herdecker Psychiatrie wird komplett saniert. Was für die behandelnden Ärzte aber noch wichtiger als die Innen-Renovierung ist: Für die Patienten der psychiatrischen Intensivstation wird es einen Garten geben.

Es ist eine Intensivstation ohne Schläuche und Beatmungsgeräte. Und dennoch werden hier Menschen behandelt, die „in großer Not sind“, wie es Dr. Margareta Müller-Mbaye, Leiterin der Psychiatrie im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH), sagt. Menschen, die oft selbst nicht einsehen, dass sie schwer krank sind. Menschen, die gewalttätig werden können. Gegen sich, gegen andere, gegen Dinge. Menschen, die aber auch ganz besonders sensibel auf ihre Umgebung reagieren. Das ist ein Grund, warum das GKH mit großem Aufwand seine Psychiatrische Akutstation saniert.

Herein kommt man nicht so einfach, heraus nicht ohne die ärztliche Entlassung. „Geschlossene“ sagt man schnell, wenn über die Psychiatrie am GKH gesprochen wird. Ein Begriff, den Margareta Müller-Mbaye nicht gerne hört. „Freiwilligkeit ist auch in der Psychiatrie oberstes Ziel“, sagt die Medizinerin. Doch diese Freiwilligkeit müssen sich manche Patienten erst wieder erarbeiten. „Wenn sich ein Mensch akut selbst oder andere Menschen gefährdet und nicht einsieht, dass er Hilfe benötigt, dann müssen wir die Türen schließen können“, sagt Müller-Mbaye.

Innenhof wird ausgebaut

Bislang bedeutete dies für die Patienten, dass der Blick aus dem Fenster und eine handbreite Öffnung neben dem Rahmen der einzig mögliche Kontakt mit der Natur war. Fluchtgefährdete oder aggressive Patienten ins Freie zu begleiten, sei nicht zu verantworten. Und für stabilere Patienten ist eine Zwei-zu-Eins-Betreuung vorgeschrieben. „Das war personell kaum zu leisten“, sagt GKH-Geschäftsführer Christian Klodwig. Nun sollen auch die psychiatrischen Intensiv-Fälle die Chance erhalten, an die frische Luft zu kommen. „Wir bauen einen Innenhof so aus, dass sie dort unbehelligt und sicher ins Freie können“, so Klodwig. Für die Leitende Ärztin der wichtigste Schritt bei der Sanierung. „Wir sind kein Gefängnis und wollen den Stress für die Patienten durch das Gefühl, eingeschlossen zu sein, nicht noch erhöhen.“

In zwei Bauabschnitten wird zudem die gesamte Akutstation saniert. Neue Böden, neue Bäder, ansprechende Farben an den Wänden – der Vorher-Nachher-Effekt ist beeindruckend. Hell und freundlich wirkt die renovierte Station gegenüber dem in die Jahre gekommenen Charme des anthroposophischen Interieurs der frühen 1970-er Jahre. Für Christian Klodwig ist die neue Station ein Blick in die Zukunft, schließlich sollen weitere Abteilungen folgen.

Für den technischen Leiter des Gemeinschaftskrankenhauses Lothar Doerr bringt die Renovierung dagegen einige Herausforderungen mit sich. Schließlich werden an die Ausstattung und Möblierung besondere Anforderungen gestellt. Spiegel müssen in die Wand eingelassen werden, Haken dürfen nicht mehr als 25 Kilo halten. Und beim Bett darf sich nicht ein Teil abreißen und zur Waffe umfunktionieren lassen. „Also haben wir Betten anfertigen lassen“, sagt Doerr. Ein Kauf, den Finanzchef Klodwig lieber „von der Stange“ getätigt hätte. „Doch dafür gibt es keinen Markt. Psychiatrie ist nicht lukrativ.“

Geld verdienen lässt sich mit der Station, die die Pflichtversorgung für Herdecke, Wetter, Breckerfeld, Gevelsberg sowie den nördlichen Teil von Witten übernimmt, nicht. „Wir arbeiten kostendeckend, anders als in einigen anderen Bereichen“, sagt Klodwig. Gedeckt sind allerdings nur die Behandlungskosten. Die Baumaßnahme und die dadurch erforderliche Erhöhung der Personaldecke bleibt dagegen unbezahlt. Und mit der Sanierung ziehe man auf dieser Station nicht mehr Patienten an.

Sensible Patienten

Dennoch ist es Klodwig wichtig, gerade hier ein besseres Umfeld zu schaffen. „Die Menschen, die wir hier behandeln, können am wenigsten gut für sich sorgen“, sagt Margareta Müller-Mbaye. „Und sie sind vielleicht noch sensibler für ihr Umfeld als andere.“

Zwei Schlüsse zieht die Ärztin aus dieser Erkenntnis: Zum einen wirkt sich das schöne Umfeld positiv auf die Genesung aus. Zum anderen hofft sie, dass aggressive Ausbrüche abnehmen. „In schöner Umgebung verhalten wir uns doch auch anders“, sagt sie. „Das geht psychisch Kranken ebenso.“