Herdecke. . Die Stadt Herdecke sowie der Heimat- und Verkehrsverein laden Angehörige der jüdischen Opfer aus dem Zweiten Weltkrieg zur Enthüllung einer Gedenktafel im November ein. Das ist gar nicht so einfach. Denn die Nachfahren wohnen weltwelt verstreut.
19 Namen werden auf der Tafel zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürger in Herdecke stehen, die im Dritten Reich verfolgt wurden. Bei einigen wird ein Todesdatum vermerkt sein. Bei anderen ist ungeklärt, wann genau sie umgebracht wurden. Einige dieser Opfer haben Nachfahren und Angehörige, die zum Teil über die ganze Welt verstreut leben. Vier von ihnen sind für den 16. November nach Herdecke eingeladen. Das ist der Tag, an dem die Gedenktafel auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof an der Bahnhofstraße enthüllt werden soll.
Lebenswege nachgezeichnet
75 Jahre lag die Reichspogromnacht im letzten November zurück. Sie hatte in der Verfolgung der Juden in Deutschland eine neue, schreckliche Stufe eingeleitet. Auf dem kleinen Friedhof unweit des Herdecker Bahnhofs gab es eine Gedenkfeier, bei deren Vorbereitung schon sich die Parteien einig waren: Dieser Ort muss sichtbarer gemacht werden für die Menschen in Herdecke. Eine Bank und die Gedenktafel sollen dabei helfen, die umfriedete Wiese mit dem großen Gedenkstein zu einem Ort der Erinnerung und vor allem der Begegnung zu machen.
Einige Namen von jüdischen Opfern des Nationalsozialismus kannte Willi Creutzenberg schon lange. Im Vorfeld der letzten Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht hatte der Heimathistoriker noch mehr Lebenswege nachzeichnen können, die in Herdecke begonnen oder die Stadt gekreuzt haben. In den Archiven von Hagen, Bochum oder Dortmund war er fündig geworden. Und im Internet. Nicht nur die Liste der Verfolgten wurde immer länger: Ganz nebenbei erfuhr Creutzenberg so auch, wo überall noch Nachfahren oder Familienangehörige leben.
Drei Einladungen gingen hinaus in die Welt: Zu einem älteren Ehepaar in den USA, nach England und nach Dresden. Über ein Wochenende sollen nun Kinder oder Kindeskinder oder andere Verwandte der ehemaligen Herdecker an die Ruhr kommen. Und auch bei den jüdischen Kultusgemeinden der Nachbarstädte haben Stadt und Heimatverein nachgefragt. Und so kam eine vierte besondere Einladung heraus: Die Vertreterin der Dortmunder Kultusgemeinde ist zugleich die Enkelin von Johanna Samuel aus Herdecke, die nach Riga deportiert worden ist. Für die Bank, die künftig auf dem alten jüdischen Friedhof stehen soll, hat sich schon ein Sponsor gefunden: der Heimatverein. Und auch die Gedenktafel, die bereits in Auftrag gegeben ist, hat einen Finanzier: Carl-August Thomashoff. Jetzt muss nur noch die Rechnung für den Besuch beglichen werden. Die Fraktionen, die den Stein für die Ergänzung der Gedenkstätte vor knapp einem Jahr ins Rollen gebracht haben, sind schon angesprochen worden. Vielleicht kommen aus ihren Reihen ja Ideen.
Viele Möglichkeiten der Hilfe
Dennis Osberg vom Presseamt der Stadt denkt nicht unbedingt nur an Bares. Ein Hotel, das diesen besonderen Gästen einen besonderen Preis macht, kann er sich ebenso vorstellen wie einen privaten Quartiergeber, der sich bei den Nachfahren der früheren Mitbürger besonders kulant zeigt.
Es kann aber durchaus passieren, dass den Bürgern bei einem der nächsten Marktbesuche eine Spendendose unter die Nase gehalten wird. Damit der alte Friedhof am 16. November zu einem Ort der Begegnung mit den Zeugen der eigenen Geschichte werden kann.