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Schwarzes T-Shirt, Olivgrüne Hose, eine Kappe auf dem kurzen dunklen Haar und Wanderschuhe. Susanne Stockermann sieht nicht aus, wie man sich eine Kräuterhexe vorstellt und auch nicht wie eine abgedrehte Ökotante. Aber sie will das kleine Grüppchen, das sich auf dem Harkortberg versammelt hat, in den nächsten zwei Stunden durch den Wald führen und allen etwas über Wildkräuter beibringen.

Lächelnd reicht Susanne Stockermann ein Brettchen in die Runde. Baguettescheiben mit Wildkräuterbutter. „Damit ihr schon einen Eindruck bekommt, was wir gleich alles Leckeres sammeln“, erklärt sie. Zaghaft probieren alle die Kräuterbutter und sind positiv überrascht. Die Kräuter schmecken herb und würzig, manche sogar etwas bitter, aber in der Mischung wirklich lecker. Jeder soll heute selbst Kräuter sammeln und daraus ein leckeres Pesto zubereiten, erklärt Susanne Stockermann. Nach einer kurzen Einführung, in der sie vor Zecken warnt und darauf hinweist, dass von den selteneren Pflanzen nicht zu viel gepflückt werden dürfe, geht es los.

Rund zwanzig Teilnehmer hat die Kräuterwanderung, darunter viele Kinder im Grundschulalter, die ihre Eltern mitgebracht haben, aber auch einige junge Erwachsene. Alle sind „bewaffnet“ mit kleinen Gläsern, die sie nun nach und nach mit Blättern und Blüten füllen. Die erste Station ist nur wenige Schritte vom Sportlerheim entfernt. An einer Birke wachsen zarte, junge Blätter. Sie sind die erste Zutat für das Wildkräuter-Pesto. Die Kinder recken sich auf Zehenspitzen nach den Zweigen, um das frische Grün abzuzupfen, die Erwachsenen stehen noch etwas schüchtern daneben. Wenige Meter weiter wächst schon die nächste essbare Pflanze, nämlich das Gänseblümchen. Dass man das essen kann, weiß fast jeder, und alle pflücken ein paar kleine weiße Blüten. Gleich daneben wachsen Veilchen und Schafsgabe, und so krabbelt bald die ganze Wandergruppe in der Hocke oder auf Knien über die Wiesen am Harkortberg und sammelt und zupft und sucht nach leckeren Wildkräutern.

Buntspecht als Begleiter

Von weitem sieht das ziemlich lustig aus, einige andere Spaziergänge schauen irritiert, gehen aber weiter. Vielleicht werden sie sich noch an den Anblick gewöhnen, denn in diesem Jahr ist es zwar die erste Tour, aber ab sofort wird Susanne Stockermann wieder regelmäßig Kräuterwanderungen veranstalten. „Der Winter war so mild, dass alle Pflanzen einen Monat früher dran sind als sonst“, erklärt sie. Darum könne sie in diesem Jahr schon früher mit den Führungen beginnen.

Die Gruppe wandert nun weiter in den Wald hinein. Das Laub raschelt unter den Füßen, und der süßliche Geruch von warmer Erde liegt in der Luft. Während sie über Wurzeln und Zweige steigen, tauen die Kräutersucher immer weiter auf und beginnen, locker zu plaudern. Susanne Stockermann erklärt, welche Pflanze welche Heilwirkung hat und wie man Brombeerblätter fermentieren und zu Tee verarbeiten kann. „Und aus den Eicheln hier kann man sogar so etwas ähnliches wie Nutella machen“, verrät sie.

An einer Lichtung bleibt Susanne Stockermann plötzlich stehen und verstummt mitten im Satz. In die Stille hinein hört man das Klopfen eines Buntspechts. Nur ein paar Mal. Alle lauschen gespannt, aber der Vogel ist wohl schon weitergeflogen, denn man hört nichts mehr. Dafür erläutert Susanne Stockermann den Unterschied zwischen den heimischen Spechtarten – und der kleine Noah ärgert sich, dass er sein Buch über Waldtiere nicht mitgenommen hat. Darin hätte er jetzt gerne gleich nachgeschaut, erzählt er.

Würzige Note fürs Pesto

Zum Schluss der Wanderung hat Susanne Stockermann noch eine besondere Überraschung eingeplant. An einer Böschung wächst reichlich Bärlauch. Als sie eines der länglichen grünen Blätter abreißt, verströmt es gleich einen intensiven Lauchgeruch. „Bärlauch ist eigentlich nicht typisch für die Region hier“, erklärt sie. Wahrscheinlich seien die Pflanzen aus Gartenabfällen nachgewachsen, die jemand im Wald entsorgt hätte. Aber sie halten sich am Harkortberg und dem Pesto geben sie noch eine besonders würzige Note.

Als am Ende alle ihre Kräuter säubern und hacken, sieht man jede Menge stolze Gesichter. Und alle freuen sich darauf, das selbstgemachte Kräuteröl und Pesto zu Hause beim Grillen zu testen.