Wetter. . Ein Stück Industriegeschichte wird in Wetter zum Leben erweckt: „Mietgriller“ Axel Kähne eröffnet am Samstag in der Kaiserstraße 52 einen neuen Laden. Und zwar in der früheren Garage der Bönnhoffs, wo deren Chauffeure wohnten und alte Autos standen.

In ein besonderes Gebäude kommt nach längerem Leerstand wieder Leben hinein: An diesem Samstag öffnet „Mietgriller“ Axel Kähne ein neues Geschäft in der Kaiserstraße 52. Unter dem Namen „Axels BBQ-Garage“ bietet der 37-Jährige dann nützliche Grill-Utensilien wie Räucherholz, Handschuhe, Thermometer oder Soßen nach eigenem Rezept, Gewürze und Öle an. Und das an besonderer Stelle: Die Garage gehörte früher zur denkmalgeschützten Villa Bönnhoff (heute Café Bonheur), die direkt gegenüber dieser Räumlichkeiten am Ortseingang Wetters liegt.

Eine kleine Assoziationskette: Grillen - Kohle - Ruhrgebiet - Industrialisierung. So lässt sich der Bogen von Axel Kähne zum 1875 gegründeten Gussstahlwerk von Carl Bönnhoff (1851-1941), einem der ersten Stahlgießer Deutschlands, spannen. 1902 ließ sich der wettersche Fabrikant eine Villa aus Ruhrsandstein als Familienwohnsitz errichten, und zwar in geringer Entfernung zu den Bönnhoffschen Fabrikationsanlagen in Hanglage mit Blick ins Ruhrtal.

Ein Wechsel auf die andere Straßenseite. Nach Auskunft von Wetters Archivar Dietrich Thier wurden am 23. März 1911 die Pläne für ein Kontorgebäude mit Autogaragen durch den Architekten Rudolf Pleis aus Elberfeld angefertigt, die heute unter der Adresse Kaiserstraße 52 anzutreffen sind, früher aber die Bezeichnung Wittener Straße 3 trugen. Im Bauantrag und dem am 7. April 1911 ausgestellten Bauschein erscheint als Bauherr neben Carl Bönnhoff auch dessen Schwiegersohn Emil Pegau.

Besonders auffällig, so steht es in den Unterlagen, ist an dem Gebäude der Platz, der den Autogaragen gewidmet ist. Sie zeigen, wie wichtig es Bönnhoff demnach war, seine Automobilität öffentlich zu dokumentieren. Zudem hatte er mit Carl Dullweber einen so genannten Herrenfahrer eingestellt.

Das Kontorgebäude hatte Platz für das Kontor, Privatkontor mit Schlafraum, die Buchhaltung, Zeichensaal, Registratur, Kasse und einen Warteraum. Bei der architektonischen Gestaltung versuchte Rudolf Pleis eine über den Historismus hinausreichende Formensprache zu entwickeln.

Das Gebäude Kaiserstraße 52 ist somit Teil des Bönnhoffschen Ensembles an der unteren Kaiserstraße und steht stellvertretend für die Industriearchitektur des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert an der unteren Kaiserstraße. In den 1950er Jahren wurde der Eingangsbereich des Kontorgebäudes, der als Pförtnerloge interpretiert wurde, neu gestaltet.

Und damit kommt Dörthe Janosa ins Spiel, die im vergangenen Jahr das Buch „Die Villa steht noch“ mit Erinnerungen an ihre Zeit mit den Bönnhoffs bzw. mit ihrer Freundin Christa herausbrachte. Daraus liest sie übrigens am 15. Mai, 19.30 Uhr, in der Bücherstube Draht vor. Sie berichtet, dass sich in der Garage u.a. ein Mercedes 300 befand, „mit dem bin ich mal mitgefahren“, und zwar in einer Zeit, als wenige ein Auto hatten. Auch der Name des Chauffeurs Peters, der in der Wohnung mit den kleinen Fenstern über den Garagen lebte, fällt Janosa nach kurzer Überlegung wieder ein. „Der trug immer einen grauen Anzug und Mütze.“

Nach kurzer Recherche kann Janosa weitere Fakten zur Garage liefern: Dort gab es mal eine Hebebühne, unter der Leute aus dem Bönnhoff-Betrieb Wagen reparierten. Janosa, die 1939 geboren wurde und 1959 aus Wetter wegzog, spielte einst als Kind im großen Garten an der damaligen Wittener Straße und wohnte in der Gebäudereihe, quasi in der Verlängerung der Garagen. „Diese waren mit dem sehr geräumigen Bürohaus verbunden, dann folgte ortsauswärts ein Neubau mit Kantine und Kaue vor dem großen Eingangstor zur Fabrik, daran wiederum schloss sich das Haus von Ludwig, dem Bruder des Firmengründers Carl Bönnhoff, an.“

Hintergrund

Nach dem zweiten Weltkrieg fiel die Vilkla Bönnhoff in den Besitz der britischen Besatzungsmacht, ab den 1970-er Jahren diente sie als Jugendzentrum der Stadt und wurde schließlich 2007 verkauft.

Die denkmalgeschützte Unternehmervilla, vor sieben Jahren aufwändig restauriert, ist ein Standort der Route der Industriekultur. Seit 2009 gibt es in dem Café auch Kulturveranstaltungen wie Lesungen und Ausstellungen.

Zweimal wöchentlich geöffnet

Genug Geschichte, hinein in die Gegenwart. „Mietgriller“ Kähne hat die Garage, die einer Erbengemeinschaft gehört, wochenlang saniert. Um den industriellen Charme des alten Gebäudes zu bewahren, hat er die Ausstellungsfläche mit alten Möbeln und Gegenständen ausgestattet. Während er in der oberen Etage sein Catering vorbereitet und organisiert, berät er mit Angestellten im Erdgeschoss mittwochs und samstags jeweils von 10 bis 19 Uhr Kunden und gibt ihnen Kaufempfehlungen. Zudem erweiterte er auch den Namen seines Ladens, so kam zur Ursprungs-Idee „Axels Garage“ noch ein „BBQ“ hinzu. Klingt moderner.