Wetter/Herdecke. Der erste Schritt hin zu einer Suchtberatung fällt schwer. Ein anonymes Online-Angebot kann da helfen, diese Hürde zu überwinden. Die Beratungsstelle VIA für Wetter und Herdecke stellt ein solchen Angebot nun vor.

Es gibt Momente im Leben, da ist guter Rat wichtig – für manchen lebenswichtig. Wenn es zum Beispiel um den Weg aus einer Sucht geht. Wenn man raus will aus der Abhängigkeit. Nicht immer helfen da Freunde und Familie, der erste Schritt fällt leichter, wenn man ihn mit einem Fremden geht. Vielleicht sogar in der Anonymität. „Mit unserem neuen Online-Angebot können wir genau diese Anonymität bieten“, sagt Jürgen Mühl, Leiter des VIA-Beratungszentrums der AWo. In Wetter und Herdecke hat die Arbeiterwohlfahrt jeweils eine Anlaufstelle für Menschen mit Suchtproblemen geschaffen, seit Jahren etabliert und bewährt. Nun kommt das Online-Angebot hinzu, „auch, um einem Trend der Zeit zu folgen“, wie Jürgen Mühl erklärt.

Geschützer Raum

„Gerade jüngere Menschen suchen über das Internet nach Informationen – und auch nach Hilfe“, weiß der Suchtberater. Die Kommunikationsformen hätten sich grundsätzlich geändert. „Wie oft schreibt man eine Mail, an statt zum Telefon zu greifen“, stellt Mühl fest. Doch schreibt man bei der Suche nach Hilfe in Suchtfragen auch, wenn man gar nicht weiß, wer diese Mail lesen kann? „Uns war wichtig, einen geschützten Raum zu schaffen“, sagt Jürgen Mühl. Die Suchtberatungsstelle nutzt darum seit kurzem die Online-Beratungsplattform des AWo-Bundesverbandes. „Die Anfragen laufen verschlüsselt über einen Server“, erklärt Mühl. Nur die Berater hätten Zugang zu den Mails, die quasi in einem Postfach hinterlegt werden. Dort „deponieren“ die VIA-Mitarbeiter auch ihre Antwort. „Es wird also nicht einfach eine Mail an den Ratsuchenden geschickt, die dann womöglich auch jemand anderes lesen kann.“

Für die Menschen, die Hilfe suchen, ist gerade für den ersten Schritt zu einer Beratung diese Anonymität wichtig. Man muss sich nicht gleich offenbaren. Für die Berater haben die schriftlichen Anfragen dagegen eine neue Qualität. „Im direkten Gespräch kann man viel erspüren“, so die Erfahrung von Jürgen Mühl. Neben der akustischen Wahrnehmung habe man einen optischen Eindruck, der vieles aussagen könne. Auch wenn die Dinge, die ein Ratsuchender erzählt, „grundsätzlich ernst genommen werden“, könne man mit Nachfragen oft sehr schnell die Geschichte hinter der Geschichte finden. „Das geht online natürlich nicht so einfach“, sagt Mühl, ist sich aber sicher, dass das neue Angebot im Netz eine wichtige Ergänzung der Beratungsarbeit in Wetter und Herdecke darstellt. Und: „Unsere Mitarbeiter sind für diese spezielle Form der Beratung geschult worden. Technisch, aber auch inhaltlich.“

Jürgen Mühl vergleicht das Online-Angebot mit der Möglichkeit, bei der Telefonseelsorge anonym das Gespräch zu suchen. „Auch wir verstehen uns als erste Anlaufstelle, als Vermittler zu weitergehenden Hilfen.“ Grundsätzlich sei es für die Betroffenen oft sehr schwer, die eigenen Probleme in Worte zu fassen. Sich mit der Offenbarung auch selbst einzugestehen, dass es ohne Hilfe nicht geht.

Das direkte Gespräch suchen

„Da kann der Weg über eine Online-Anfrage helfen.“ Die Distanz, die Unverbindlichkeit, die Weite des weltweiten Netzes lässt die Schwelle sinken, die man überschreiten müsste, wenn man in einer eigenen Stadt, vielleicht in direkter Nachbarschaft eine Tür zur Beratungsstelle öffnen muss. „Unser Ziel ist es aber natürlich, mit Hilfe der Online-Beratung den Weg in ein direktes Gespräch zu finden“, hält Jürgen Mühl die Arbeit vor Ort für unverzichtbar.

Die Online-Suchtberatung erreichen Sie unter www.awo-en.de/soziales/via/kontakt.htm.

Wer per Telefon Kontakt sucht: 02330-3153 oder 02335-91830.

Die Beratungsstellen: Herdecke, Hauptstraße 14; Wetter, Bismarckstraße 32.