Herdecke. . Er steht Menschen bei, die einen Unfall vielleicht nicht überleben werden. Er hört Feuerwehrmännern zu, die Schreckliches erleben. Dafür hat Karl-Heinz Schanzmann jetzt den Bundesverdienstorden bekommen. Wie wird er selbst mit dem Leid der Anderen fertig?

Die Ehrung hat ihn „zunächst einmal umgehauen“. Mittlerweile ist Karl-Heinz Schanzmann wieder im Gleichgewicht: Gestern hat er in Düsseldorf den Bundesverdienstorden entgegen nehmen dürfen - als einer von 17 Bürgern aus ganz NRW.

Klar. Die erste Auszeichnung für den Pfarrer im Ruhestand und weiterhin aktiven Feuerwehrseelsorger ist das nicht. Für „hervorragende Leistungen im Bereich des Feuerwehrwesens“ hat er bereits das Feuerwehrkreis in Silber bekommen. Wie er mittlerweile weiß, ist eine Auszeichnung im Verband Voraussetzung für die höhere Weihe eines Verdienstordens. Und doch hat er sich gefragt: „Warum hat meine Frau den nicht gekriegt?“

Für Almut und Karl-Heinz Schanzmann ist die Seelsorge an Orten des Schreckens eine gemeinsame Aufgabe. Verletzte, Überlebende, Augenzeugen, Retter betreuen sie, wenn ein Auto verunglückt oder ein Haus abgebrannt ist. Seelsorge, das war es, was ihm in seinem Berufsleben als Pfarrer besonders wichtig war. Bei der Feuerwehr hat er gemerkt: „Auch die Einsatzkräfte vor Ort brauchen Seelsorge“.

Sind schwer Verletzte geborgen oder Flammen gelöscht, bleibt oft Chaos zurück. Auch ein Chaos der Gefühle. Dann brauchen die Menschen Zuspruch. „Trost kann man nur spenden, wenn man getröstet ist“, sagt Karl-Heinz Schanzmann. Er ist froh, dass er in seinem Leben eine Basis gefunden hat, durch die er den Schmerz der Anderen mit aushalten kann: seinen Glauben.

Der liebe Gott tut nichts als fügen

Mit 60 musste er raus aus der aktiven Feuerwehr. „Im Kopf ging das klar. Aber das Herz war nicht bereit.“ Weil ihm das beim Ausstieg aus dem Berufsleben nicht noch einmal passieren sollte, hat er seinen Rückzug in kleinen Schritten organisiert. Der Umzug vom Pfarrhaus am Vaerstenberg in die Wohnung über dem Gemeindebüro in Kirchende zählte dazu. „Der Liebe Gott tut nichts als fügen“, sagt er, weil die Wohnung gerade frei geworden war. Nicht nur einmal kommen ihm diese Worte über die Lippen.

1991 ist Kar-Heinz Schanzmann zur Feuerwehr gekommen. Mittlerweile hat jede zweite Feuerwehr im Bundesland einen Feuerwehr-Seelsorger. Dass es so viele sind und wie sie ausgebildet sind, das zählt zu seinen Verdiensten. Neben seinen Einsätzen an Orten, wo es um Leiden und Sterben geht, um Tod und Traumata. Immer wieder hat Schanzmann gemerkt, dass er helfen kann, beim Loslassen vom Leben, beim Aufrichten von Angehörigen.

„Die Begegnung mit Ihnen hätte ich mir lieber erspart. Aber ich bin dankbar, dass wir Ihnen begegnet sind.“ So zitiert Karl-Heinz Schanzmann den Vater eines Jungen, der bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. 13 Todesopfer gab es an diesem 6. Juni 1996 in Dortmund. Die meisten gerade mal 18 und damit alt genug, bei einem Rundflug der Bundeswehr mit zu machen.

Dankbar für jeden Tag

Und Schanzmann selbst? Wie wird er fertig mit dem Erlebten? Er kann sich mit seiner Frau austauschen, sagt er, schreibt die schlimmsten Eindrücke nieder. Sich in Gottes Hand zu wissen, das gebe ihm die Stärke. Und so fügt es sich auch mit den belastenden Erfahrungen: „Sie machen mein Leben weiter.“ Für ihn und seine Frau Almut heißt das: „Wir sind dankbar für jeden Tag, den wir geschenkt bekommen.“