Herdecke. . Es ist nicht der große Schritt , der das neue Leben rettet, sondern es sind viele kleine. Das lehrt Dr. Jakob Gruber als Begründer der Herzschule am Herdecker Gemeinschaftskrankenhaus seine Patienten. Auf dem Stundenplan stehen Ernährung, Bewegung und Seelenhygiene.

Es ist nicht der große Schritt, der das neue Leben rettet, sondern es sind viele kleine. Schritte, die in der Gemeinschaft leichter zu gehen sind, sagt Dr. Jakob Gruber, Arzt für Innere Medizin und Kardiologie am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) und Begründer der Herdecker Herzschule. Über ein Jahr hinweg lernen Menschen, die den sprichwörtlichen Schuss vor den Bug überlebt haben, hier einen neuen Kurs einzuschlagen und ihn auch zu halten. Von manchem verlangt das eine Drehung um 180 Grad – ein neues Leben eben.

Eine erste Gruppe hat sich nach zwölf Monaten gemeinsamen Lernens nun zum ersten Nachtreffen zusammengefunden. Eine zweite Gruppe, mit „weit mehr Teilnehmern aus der Region“ hat gerade das Einführungswochenende hinter sich.

Drei „Hauptfächer“ stehen bei der Herzschule in Herdecke auf dem Stundenplan: Ernährung, Bewegung und der etwas sperrige Begriff der Seelenhygiene.

Die Ernährung

Vegetarisch, fettreduziert, salzarm: Wer mit diesen Vorgaben und vielleicht einer Rezeptsammlung als Herzpatient in sein normales Leben zurückkehrt, scheitert in der Regel. „Wir kochen gemeinsam und essen auch gemeinsam“, sagt Jakob Gruber. So lerne man die Vielfalt der gesunden Ernährung kennen und auch genießen. „Vielfach ist auch der Partner mit dabei, denn es ist wichtig, dass die Umstellung dauerhaft und alltagstauglich ist.“ Der Kardiologe vergleicht es mit den vielen Kochsendungen, die im Fernsehen für Quote sorgen. „Die schauen viele Menschen, anders gekocht wird darum aber nicht. Bei uns wird gekocht und gegessen, das ist nachhaltig.“

Die Bewegung

Bewegt wird in der Herzschule nicht nur der Körper, sondern auch der Kopf. Klassischer Herzsport gehört ebenso auf den Stundenplan wie Kunsttherapie, Musik und Sprache. Die den Anthroposophen eigene Eurythmie bietet dabei Ausdrucksmöglichkeiten, die nicht nur den Körper in Balance halten, sondern auch den Geist.

Die Seele

Es heißt nicht umsonst, dass ein Herz brechen kann. „Die Psyche hat einen großen Einfluss auf Herz-Kreislauf-Krankheiten“, weiß Jakob Gruber und bietet seinen Patienten darum in der Herzschule den professionell begleiteten Blick zurück an. Ein Schritt, den manche Menschen nicht gerne gehen. Zu belastend sind manche Dinge in der eigenen Biografie, so belastend, dass sie auch die eigene Gesundheit kosten können. Wichtig ist bei diesem Thema, wie auch beim Kochen und dem Herzsport die Gruppe. „Jeder, der mag, kann etwas sagen“, betont Gruber. Und manchmal brauche es ein paar Gesprächsrunden, bis sich auch ein stillerer Patient sein Leid von der Seele redet.

Das Klassenziel

Den Lebensstil ändern. Und das womöglich auch, wenn noch gar nichts schlimmes passiert ist. „Wir betreiben in der Kardiologie der Regel Feuerwehrmedizin, das heißt, wir reagieren, wenn es eigentlich schon zu spät ist“, erklärt Jakob Gruber. Er möchte gerne auch einmal „Gärtnermedizin“ betreiben. Das heißt, pflegen, wachsen lassen, kultivieren. Auf die Herz-Kreislauf-Patienten übertragen bedeutet das: Schon Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, sollte in die Herzschule kommen.

Einmal im Monat treffen sich die Herzschüler in Herdecke. Ein Rhythmus, der Kontinuität zulässt, die Teilnahme aber nicht in Stress ausarten lässt. Denn den gilt es als Herz-Kreislauf-Patient auf jeden Fall zu vermeiden. „Unser Motto laut darum auch: Nichts muss, alles kann“, erklärt der Mediziner. Jeder suche sich die Dinge aus dem Programm heraus, die er für sich umsetzen könne. Anders als bei einer Kur, in der in kurzer Zeit viele Anregungen auf den Menschen einströmen, bietet die Herzschule die Zeit, die Dinge einzuüben. „Darum haben wir auch den Begriff „Schule“ gewählt“, sagt Gruber. Man lernt etwas fürs Leben. Fürs Überleben.