Herdecke. . Bis Samstag können Herdecker Eltern ihre Kinder für die Klassen 1 und 5 der geplanten-Primus-Schule anmelden. Während Schuldezernent Joachimi bei aller gebotenen Neutralität des Schulträgers optimistisch ist, scheiterte die Einrichtung in Oberhausen.

1:1. Wer die Einführung geplanter Primus-Schulen in Nordrhein-Westfalen aktuell sportlich bewerten möchte, muss ein Unentschieden konstatieren. Dem Ja zu der neuen Einrichtung in Schalksmühle steht - trotz positiver Elternbefragung im Vorfeld - ein Nein der Eltern in Oberhausen gegenüber. Neben dem laufenden Betrieb in Minden entscheidet sich in Münster, Viersen, Titz, Pulheim und Herdecke in dieser Woche, ob das viel diskutierte Projekt im Schuljahr 2014/15 an den Start gehen kann. Im Sinne Goethes entsteht die Gretchenfrage: „Nun sagt, Eltern, wie habt Ihr es mit der Primus-Schule?“

Die Rechnung ist ganz einfach: Sollten im Stadtgebiet mindestens 50 von 190 angeschriebenen Eltern ihr Kind für die Klasse 1 und 50 von 201 Erziehungsberechtigten ihren Nachwuchs für die Klasse 5 der geplanten Primus-Schule anmelden, geht es in Herdecke im Gebäude der derzeitigen Hauptschule nach den nächsten Sommerferien zweizügig los. Sollte sich jeweils weniger als etwa ein Viertel für die neue Schulform interessieren, können Eltern ihre Kinder bis zum 15. November an anderen Grundschulen anmelden (für andere weiterführende Schule ist bis Anfang 2014 Zeit).

In der Stadtverwaltung haben Schuldezernent Dieter Joachimi und Schulamtsleiter Heiko Müller in der letzten Zeit viele positive Rückmeldungen zur Primus-Schule vernommen. „Wir stehen wie die Politik, die uns mit einem Ratsbeschluss ja beauftragt hat, hinter dieser Bewerbung und glauben, dass das für Herdecke der richtige Weg in die Zukunft sein wird.“ Gleichwohl betonen sie, dass die Stadt als Schulträger alle Herdecker Schulen gleich behandeln will bzw. muss. „Wir müssen aber auch die demografische Entwicklung sowie die Prognosen für Haupt- und Realschulen im Auge behalten“, sagt Joachimi. Würde sich Herdecke nicht für die Primus-Schule stark machen, könnte die Stadt eines Tages nur mit dem Gymnasium als weiterführende Einrichtung dastehen, zumal eine auf fünf Jahre angelegte Sekundarschule wie etwa jene in Wetter 75 Anmeldungen bräuchte, „was in Herdecke mit Glück im ersten Jahr zu schaffen wäre“, so Joachimi. Er betont, dass es bei der dann womöglich auslaufenden Realschule nicht um die Qualität des Unterrichts oder der Lehrer gehe. Trotz aktuell guter Anmeldezahlen gebe es Gutachten, die dieser Schulform perspektivisch kaum Zukunftschancen einräumen.

„Schule verändert sich. Bei der Primus-Schule werden wir das Rad nicht neu erfinden, aber aktuelle Konzepte komprimierter und noch zielorientierter umsetzen“, meint der Dezernent. „Letztlich müssen die Eltern entscheiden.“ 190 potenzielle Herdecker Erstklässler seien für 2014 noch eine recht große Zahl, beim Blick auf die folgenden Jahre werden es immer weniger, so dass die langfristige Zukunft mancher Grundschule auch in den Sternen steht. Gleiches gilt für die Albert-Schweitzer-(Förder)Schule.

Interesse im Umland

Angesichts sinkender Schülerzahlen sei ein Werben um den Nachwuchs nichts Außergewöhnliches. Zu- und Abgänge ins bzw. aus dem Umland würden sich die Waage halten, wobei benachbarte Kommunen hohes Interesse an dem geplanten Schulversuch signalisieren würden.

Die Entwicklungen an anderen Orten haben Joachimi und Müller registriert, auf Herdecker Entwicklungen haben sie keinen Einfluss. „Oberhausen als Großstadt ist mit unserer Situation nicht vergleichbar.“ Dort meldeten nach positiver Befragung (im Gegensatz zu Herdecke fiel die mit 144 Zustimmungen deutlich aus) nur 34 Eltern ihre Kinder an, womit die benötigten 75 klar verfehlt wurden. Die dortige CDU bezeichnete das Konzept als „unausgegoren“, als einen Versuch zu Lasten der Kinder und bewertete diese Abstimmung auch als Nein zur Einheitsschule. Eine Schulverantwortliche beklagte hingegen, dass es mehr Zeit für die Überzeugungsarbeit gebraucht hätte.

Das schließen die Herdecker Verantwortlichen aus. Heiko Müller: „Sollte uns jemand vorwerfen, dass wir nicht genug informiert hätten, werde ich an die Decke gehen.“