Herdecke. . Eines der größten Projektedes Koepchenwerks nähert sich dem Ende. Der 185 Tonnen schwere Kugelschieber, der die Wasserzufuhr zur Turbine regelt, kehrte nun per Schwertransport durch Dortmund nach Herdecke zurück. Bald wird wieder Strom produziert.

Wer zu Hause einen tropfenden Wasserhahn reparieren lassen muss, ruft den Klempner. Der kommt mit einem Auto, dichtet das Leck ab, fertig. Wenn der Energie-Riese RWE für sein Pumpspeicherkraftwerk in Herdecke nach 24 Jahren im Rahmen einer Revision den Kugelschieber als „größten Wasserhahn der Welt“ generalüberholen lässt, wird daraus ein Klempner-Vorgang im XXL-Format.

Anfang Mai wurde die 185 Tonnen schwere Kugel, mit der Techniker den Zufluss von bis zu 110.000 Litern Wasser pro Sekunde auf die Turbine zur Stromgewinnung regulieren, nach aufwändigen Vorarbeiten ausgebaut, in drei Einzelteile zerlegt und per Schwertransport nach Süddeutschland gefahren.

In Ravensburg erhielt die Spezialanfertigung mit einem Durchmesser von 5,5 Metern neue Dichtsätze, Drehkörper und einen überarbeiteten Korrosionsschutz. „Es gab mehr Befunde als angenommen, nach 24 Jahren in Betrieb darf der aber praktisch so aussehen“, meinte Kathrin Schmelter, die als stellvertretende Revisionsleiterin auch im Andritz-Werk vor Ort war.

Nach Drucküberprüfungen brachten Spezialfahrzeuge nun den wieder zusammengebauten Kugelschieber vier Tage lang nach Darmstadt. Nach einem Verladetag transportierte ein Schiff die Fracht von Freitag bis Dienstag auf dem Wasserweg zum Dortmunder Hafen. In einem Konvoi mit 15 Fahrzeugen fuhren dann Zugmaschinen mit 680 PS den Mega-Wasserhahn sieben Stunden durch die Dortmunder Nacht nach Herdecke an den Hengsteysee. Von 22 bis 6.30 Uhr.

Verzögerungen fast wieder aufgeholt

„Trotz einiger Verzögerung im Rahmen der Reparaturarbeiten, die aber fast komplett wieder aufgeholt wurden, und durch eine Baustelle bei Aalen, wodurch wir fast eineinhalb Wochen in Verzug gerieten, ist alles gut gegangen“, sagte Uwe Krach als technischer Sachbearbeiter für den Maschinenbau im Herdecker Koepchenwerk. Dort wird der Kugelschieber nun wieder in 45 Meter Tiefe herabgelassen, damit er dort an die Druckleitungen angeschlossen und von zwei Hydraulikmotoren reguliert werden kann.

„Unser Ziel ist die Inbetriebnahme am 11. November, so dass die gesamte Anlage dann zwei Wochen später wieder reibungslos laufen kann“, gibt Schmelter den Zeitplan vor. Dann soll das Pumpspeicherkraftwerk nach fast sechs Monaten Stillstand auch wieder Strom ins Netz einspeisen können - und das geht von Null auf 153 Megawatt in 70 Sekunden.

Nachdem in einem österreichischen Kraftwerk Schäden aufgetaucht waren und eine Revision bei Wasserbetrieben ohnehin in Zyklen von 25 Jahren anstehen, schaltete RWE am 6. Mai das Koepchenwerk in Herdecke ab. Im Werk selbst standen Inventur und Wartungsarbeiten an, um die vorhandene Prozessleittechnik zu modernisieren. Fachleute untersuchten angesichts der immer flexibler und komplexer werdenden Anforderungen auf dem Strommarkt das Inventar - ohne nennenswerte Schäden zu finden, wie Schmelter sagte. Besonderer Fürsorge erfreute sich auch der Generator, der eine Rissprüfung aber mit besten Ergebnissen überstand. „Wir sollten nun für die nächsten Jahre gut aufgestellt sein.“

Fünf Millionen Kosten

All das lässt sich das Energie-Unternehmen etwa fünf Millionen Euro kosten. Etwas mehr wird nun nach dem Schwertransport in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch fällig. Auf dem Weg durch die Dortmunder Innenstadt bis nach Herdecke gab es im Beisein neugieriger Beobachter Schäden an Ampeln, Schildern oder auch auf dem Asphalt. „Alles halb so wild“, sagte ein Fahrer der Firma Mayer aus Zweibrücken mit Blick auf die Dimension der ewig langen Kesselbrücke, die den Kugelschieber transportierte und von Zugmaschinen angeschoben sowie gezogen wurde. Die getrennt steuerbaren Fahrzeuge mit zwölf Achsen (eine Achse schafft 30 Tonnen) bewegten den gesamten Zug, der mit dem Kugelschieber insgesamt etwa 400 Tonnen wog und etwa 70 Meter lang war. Und als es von Dortmund über den Berg nach Herdecke ging, drehten bei einem Lkw die Räder durch (Laub, Regen), so dass sich ein drittes Fahrzeug vor die Kesselbrücke spannte.

Von der hoben Fachleute, die nach der Konvoi-Begleitung eine kurze Nacht hatten, dann den Kugelschieber am Mittwochmittag vor dem Schiffswinkel auf eine andere Ladefläche um, damit ein weiterer Schwertransport diesen letzten Meter bis ins Werk übernehmen konnte. Das geschah per Funksteuerung, ehe zum Umheben und Herablassen ein Kran in der Maschinenhalle die letzte Instanz für das Monstrum darstellt.

Gegen 17 Uhr hatte der Kugelschieber gestern nach fünfeinhalb Monaten Reise seinen Heimatort erreicht. Und kann sich da bald wieder weitere 25 Jahre volllaufen lassen - mit Wasser wohlgemerkt.