Herdecke/Wetter. . Wer vielfältig ausgebildet ist, schafft auch den Sprung in den Beruf. Diese Lehre ließ sich aus der Veranstaltung „Schule und Beruf“ ziehen, zu der die Lokalredaktion eingeladen hatte.
Auf der einen Seite sind da die vielen Programme, die für einen reibungslosen Übergang zwischen Schule und Beruf sorgen sollen. Auf der anderen Seite ist da ein enormes Unwissen über Möglichkeiten und Ansprechpartner. „Keiner weiß vom Anderen“, stellte Bauunternehmer Christian Korge, einer von sieben Experten auf dem Podium im Dörken-Saal, lapidar fest. Wie gut, dass unsere Lokalredaktion mit dieser Veranstaltung neue Brücken schlagen wollte.
Was sind die Fakten, fragte Thomas Haensel, Bildungsgeschäftsführer bei der SIHK, gleich zu Beginn, und lieferte die Antwort mit: 2019 gibt es 23 Prozent Jugendliche weniger im Kreis, für die überhaupt ein Übergang von der Schule in den Beruf ansteht. „Das ist jeder Vierte“, gab Haensel Alarm. Seine Idee: „Wir brauchen eine wertschätzende Kultur“. Nur so ließen sich die Jugendlichen in der Region halten oder würden nach einer Ausbildung wieder zurück kommen.
Fingerfertigkeit fehlt
Für Christian Korge ist die Angst vor der Zukunft ganz real. „In unserem Betrieb ist die Sorge groß, ob wir in 15 Jahren zu machen müssen oder es doch weitergehen kann.“ Michael Kiwall teilt diese Sorge nicht: „Wir haben bei der Nachwuchsfindung überhaupt keine Probleme mehr, seit wir die Ausbildungs-Akademie gegründet haben.“ Sein Programm für Azubis verfängt.
Auch Inge Szoltysik, Schneidermeisterin aus Hohenlimburg, hat neue Wege beschritten. Ihre letzte Auszubildende hat gleichzeitig Textiltechnik studiert - und trotz einer verkürzten Lehrzeit die beste Prüfung in ganz NRW gemacht. Nicht alle Schulabgänger sind so gut. „Die Kinder heute können zwar mit einer PC-Maus umgehen, nicht aber einen Faden einfädeln“, beklagt sie, und fordert von der Institution Schule, dass sie weder Fingerfertigkeit noch Kreativität noch Konzentrationsfähigkeit verkümmern lässt.
Bei Carmen Rudolph rennt sie damit offene Türen ein. Sie ist Leiterin der auslaufenden Hauptschule in Herdecke und Mitglied der Konzeptgruppe der Primusschule. Und eben diese Schule soll „Großes leisten, um Kinder ausbildungsfähig zu machen“. Hier sei Platz für alle Kinder mit allen Begabungen, und Zeit in längeren Blöcken für neue Formen des Unterrichts. Denn: „Schule muss die Kinder stark machen“.
Städte an einem Strang
Wertschätzung muss auch die Kinder mit Handicap in den Blick nehmen, wirft Meinolf Melchert vom Kolping-Bildungswerk in Wetter ein. Er ist nicht der einzige Experte, der im Publikum sitzt und sich zu Wort meldet. Rüdiger Reichle von der Ita Wegmann Schule der Ender Gemeinschaftsklinik etwa greift die Sache mit dem Nadelöhr auf und berichtet, dass er von Kindern immer wieder höre, Schule sei meist viel zu einseitig, „wir wollen auch mal etwas in die Hand nehmen.“
Mit etwas in der Hand, wenn auch nur sprichwörtlich, ist Thomas Haensel gekommen: Die SIHK will Azubis im zweiten Lehrjahr als Ausbildungsbotschafter in die Schulen schicken. Und dann ist das noch Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster. Sie will, um im Bild zu bleiben, die Gäste des Abends nicht mit leeren Händen nach Hause gehen lassen, insbesondere nicht die aus Wetter, mit Bürgermeister Frank Hasenberg an der Spitze. Vielleicht könne der Abend ja so etwas wie ein Startsignal für eine gemeinsames Management von der Schule in den Beruf in Herdecke und in Wetter sein.