Herdecke. . Schöner Auftakt für 15 Leser im Rahmen unserer Sommertour: Thomas Brinkmann führte die neugierige Gruppe durch die ehrwürdige Wehranlage am Hengsteysee. Und erwähnte, dass der Ruhrverband hier bald saniere.

Vielversprechender Auftakt zu unserer stark nachgefragten Sommertour: „Wir gehen gleich über Wasser“, begrüßte Thomas Brinkmann vom Ruhrverband 15 Leser am Schiffswinkel in Herdecke. Der Stausee-Leiter im östlichen Ruhrgebiet führte die Gruppe zwei Stunden über die altehrwürdige Wehranlage am Hengsteysee.

Im Jahr des 100-jährigen Bestehens des Ruhrverbands, dessen ca. 1000 Mitarbeiter nach öffentlichem Recht organisiert sind und von Kommunen wie Unternehmen Beiträge erhalten, begann Brinkmann mit einem historischen Abriss. Über die Hauptaufgaben des Verbandes (Wassermenge und -qualität kontrollieren) gelangte er in seinem Vortrag leichten - und quasi trockenen - Fußes zum Hengsteysee.

Da in den 1920-er Jahren wegen der „roten Lenne“ und ihren Eisensalzen die Forderung nach einer Flusskläranlage laut wurde, entstand bis 1929 am Hengsteysee Europas damals größte Walzenwehranlage. Vier gleich große Wehrfelder stauen bis heute auf 120 Metern Flussbreite das Wasser, das per Unterströmung statistisch an 60 Tagen im Jahr abgelassen werde. Durch das Koepchenwerk, das RWE wie auch das angrenzende Laufwasserkraftwerk in Abstimmung betreibt, schwankt der Pegel um 70 Zentimeter, der Ruhrverband reguliert dies, damit der Hengsteysee nicht überläuft oder unterstaut.

Thomas Brinkmann vom Ruhrverband.
Thomas Brinkmann vom Ruhrverband. © WP

„Im Moment haben wir einen typischen Sommerniedrig-Abfluss von 20 Kubikmetern pro Sekunde“, erklärt Brinkmann den Lesern in der Schaltzentrale. Beim Blick auf alte Digitalanzeigen und Computer mit moderner Prozessleittechnik erwähnt er, dass in Rekordzeiten schon mal 900 Kubikmeter/Sekunde (maximal möglich wären 2450) durchgerauscht seien. „Dann ist es richtig spannend, durch die Gischt sieht man teilweise die Brücke nicht mehr.“ Wieviel es etwa bei der Möhnekatastrophe vor 70 Jahren waren, ist durch Aufzeichnungen nicht belegbar, vermutlich seien aber alle Walzen geöffnet gewesen.

Bei Hochwasser, etwa im Winter bei Regen und Schneeschmelze, sei die Schaltanlage sieben Tage in der Woche im Drei-Schicht-Betrieb besetzt. Durch hohe Sicherheitsvorgaben funktioniere die Anlage auch dann einwandfrei, wenn ein Wehrfeld mit den runden Walzen von je fünf Metern Durchmesser und 100 Tonen Gewicht ausfalle. Zwar gebe es eine Art Autopilot, doch müsse das per Fernfunk steuerbare Wehr stets von Menschen bedient werden. Und zwecks erhöhter Aufmerksamkeit tragen Mitarbeiter die Wasserstände weiter in Bücher ein.

Stiftsmühle und Harkortsee steuern

2014 soll auch die Harkortsee-Anlage (plus Stiftsmühle) von hier gesteuert werden. Bei der fast 85 Jahre alten „Dame“, wie Brinkmann das Wehr am Hengsteysee nennt, plant der Ruhrverband in den nächsten vier Jahren Betoninstandsetzungsarbeiten, Rissbeseitigungen, Dichtungserneuerungen, eine Überarbeitung des Korrosionsschutzes und einen neuen Anstrich. Kosten: etwa acht Millionen Euro. Vorbereitende Maßnahmen hätten schon begonnen, im Herbst sollen Taucher die Beschichtung der Walzen (Lebenszeit ca. 20 Jahre) überprüfen.