Herdecke.

Die ersten Opfer der Nationalsozialisten, nachdem Hitler Kanzler geworden war, waren die Kommunisten. Unter den politischen Gegnern hatten sie die meisten Opfer zu beklagen. Das gilt für das gesamte Reich und Herdecke.

Noch Mitte Februar 1933 berichtete KPD-Tageszeitung „Freiheit“ aus Düsseldorf unter der Überschrift „Der Kommunismus marschiert“ über eine Wahlkampfveranstaltung der KPD Herdecke. Nur 14 Tage später, am Tag nach dem Reichstagsbrand, begann die Jagd auf alle Kommunisten. Und nur wenige Wochen später war jede Hoffnung der Kommunisten zerronnen, sie könnten die Nazis nach kurzer Zeit an der Macht „beerben“. Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 wurde zur letzten kommunistischen „Großdemonstration“ auch in Herdecke: Nach NSDAP (30%) und SPD (25%) wurde die KPD mit 20 Prozent der Stimmen auf dem Papier die drittstärkste politische Gruppierung in der Stadt. Tatsächlich war die Verfolgung schon in vollem Gang. Eine Anordnung des Innenministers vom 18. Februar 1933 forderte alle Polizeistellen auf, die Anschriften führender Kommunisten zu erfassen, zehn Tage später erfolgte die Aufforderung zu überraschenden Aktionen gegen Kommunisten.

Durch Denunziation eines Herdecker Kommunisten, der innerlich bereits zu den Nationalsozialisten gewechselt hatte, wurden am 26. und 27. März vier seiner Genossen beim Versuch, zwei Infanteriegewehre und dazugehörige Munition, Propagandaschriften und Organisationsunterlagen in ein sicheres Versteck zu schaffen, von der Polizei überrascht und festgenommen. Innerhalb weniger Wochen wurden 24 weitere Herdecker sowie acht Hagener und Schwerter Kommunisten festgenommen und im Gerichtsgefängnis Hagen inhaftiert. Es handelte sich dabei überwiegend um Mitglieder des „Rotfrontkämpferbundes“, der seit 1929 in Preußen verbotenen KPD-„Kampforganisation“.

Die Verhaftungswelle verbreitete unter den Herdecker Kommunisten Angst und Schrecken. „Versichere hiermit an Eides statt, dass ich mich von der kommunistischen Partei und ihren Nebenorganisationen losgesagt habe“, schreibt Heinrich H. am 15. April 1933 an Bürgermeister Bonnermann. Er, der bei der Kommunalwahl am 12. März 1933 noch auf dem Listenplatz drei der KPD Herdecke kandidiert hatte, konnte sich so vor der Verfolgung retten und zog sich in die politische Passivität zurück.

Haftstrafen in Konzentrationslagern

Ende Juni wurde in der regionalen Presse über die Wochen zurückliegenden Verhaftungen berichtet. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ermittlungen der Polizei so gut wie abgeschlossen, die Anklageschrift in Vorbereitung. Am 28. und 29. November 1933 fand vor dem Oberlandesgericht Hamm der Prozess gegen die Herdecker wegen Hochverrats statt. Der im doppelten Sinne „kurze Prozess“ endete mit Haftstrafen zwischen sechs Jahren Zuchthaus und einem Jahr Gefängnis. Insgesamt wurde über 65 Jahre Haft verhängt, vier Angeklagte, darunter die einzige Frau, wurden freigesprochen.

Alle Angeklagten mussten ihre Strafe bis zum letzten Tag absitzen. Eine Reihe von ihnen verbrachte ein Teil der Strafe in den Konzentrationslagern im Emsland. Der zu vier Jahren Zuchthaus verurteilte Fritz Wronna starb im Dezember 1934 im Gefängnis Berlin-Moabit, die Todesursache ist unbekannt.

Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde aus der Gruppe der verurteilten Herdecker Kommunisten lediglich August Deubel, der fünf Jahre Haft abgesessen hatte, wieder politisch aktiv. Er erwirkte die Aufhebung des Urteils und saß für die KPD im Entnazifizierungsausschuss, aber auch bis zum Verbot der KPD im Rat der Stadt Herdecke.