Volmarstein. .
Es war schon ein denkwürdiger Tag, der 5. Mai 1883. Erstmals floss damals, morgen vor genau 130 Jahren, Trinkwasser aus der Ruhr vom sogenannten Barmer Wasserwerk aus Volmarstein bis nach Wuppertal. Besser gesagt: Es wurde gepumpt. Dem Wetteraner Horst Helmut Fichtel, der gleich neben dem Wasserwerk in der Abgeschiedenheit der Ruhrauen aufgewachsen ist, liegt es am Herzen, die Erinnerung an das Wasserwerk und die Pionierarbeit dieser Generation lebendig zu halten. Nicht nur, weil ihn mit dem Werk viele Kindheits- und Jugenderinnerungen verbinden. Sondern weil sich darin ein spannendes Stück Heimatgeschichte widerspiegelt.
Talsperren gab es noch nicht
„Damals gab es die Talsperren noch nicht, die eine Stadt wie Wuppertal komplett versorgt hätten“, weiß Fichtel. „So wurde das Wasser durch Druckleitungen zunächst mal den Berg hinauf zum Wasserturm am Loh gepumpt und von dort weiter nach Barmen. Das muss man sich mal vorstellen“, berichtet Fichtel schmunzelnd.
Der Bau der neuen „Wasserpipeline“ brachte aber nicht nur den Barmer Bürgern Wasser, sondern sorgte auch dafür, dass die damalige Gemeinde Volmarstein früher als fast alle anderen benachbarten Orte ans Wassernetz angeschlossen wurde. Die alten Hauspumpen in Kellern, Gärten und Küchen hatten damit ausgdient. Alt-Wetter ging übrigens erst 1910 ans Netz des Barmer Wasserwerks.
1947, im Alter von drei Jahren, zog Horst Helmut Fichtel mit seinen Eltern zum Wasserwerk, wo sein Vater 40 Jahre als Maschinist arbeitete. Neun weitere Werksarbeiter wohnten mit ihren Familien in den beiden Mietshäusern „Am Kaltenborn“, von denen das letzte 1996 abgerissen wurde.
„Manchmal, wenn im Frühjahr das Hochwasser kam und die Auen unter Wasser standen, war auch der Weg zwischen Wasserwerk und Volmarsteiner Bahnhof nicht mehr begehbar“, erinnert sich Horst Helmut Fichtel. „Dann wurden wir Kinder vom Wasserwerk schon früher aus der Schule entlassen, damit wir noch sicher nach Hause kamen.“
Oftmals nutzten die Menschen zu der Zeit aber auch die Seilbahn zwischen Bahnhof Volmarstein und Wasserwerk, um sicher übers Wasser nach Volmarstein oder Wetter zum Einkaufen zu gelangen. Mit der Seilbahn wurden bis in die 1950er Jahre Kohlen transportiert, mit denen im Wasserwerk die Kessel der Dampfmaschinen befeuert wurden.
„Bei Hochwasser hatten wir natürlich auch zu Hause regelmäßig das Wasser im Keller stehen“, erzählt Fichtel. Weswegen die Kartoffelkiste der Familie nicht auf dem Boden stand, sondern in 1,50 Metern Höhe an der Wand hing. Ebenso wie die Regale für das Eingemachte.
Gut kann sich Helmut Fichtel auch noch an seine Lehrlingszeit erinnern: „Da bin ich morgens zu Fuß über die heute unter Denkmalschutz stehende Seilhängebrücke gegangen. Von dort weiter über die Insel gegenüber vom Bootshaus am Obergraben bis zur Friedrichstraße und dann zur Demag.“
Die Seilhängebrücke ist längst nicht mehr standsicher, und auch die Insel ist schon lange nicht mehr für jedermann zugänglich; denn am Fuß der Brücke auf Volmarsteiner Seite befinden sich die Brunnen zur Trinkwassergewinnung. Das Gemeinschaftswasserwerk Volmarstein fördert noch heute Wasser für Teile von Schwelm, Gevelsberg und für Wetter bzw. Volmarstein.